Angst vorm Corona-Virus: "Die normale Grippe ist weitaus tödlicher"

Bünde/Kirchlengern/Rödinghausen. Täglich erreichen uns neue Horrormeldungen aus China und angesichts der Zahl von mehr als 60.000 Erkrankten weltweit gibt es auch hierzulande so manches Verhalten, das nicht nur in den Augen von Medizinern als Überreaktion gelten darf. So wurden schon Menschen allein aufgrund ihrer offensichtlich asiatischen Herkunft mit Argwohn beobachtet und auch hier im Bünder Land sollen überbesorgte Eltern ihr Kind mit Mundschutz ausgestattet zur Schule geschickt haben. Das Corona-Virus ist nicht ungefährlich, aber es ist nicht nur statistisch, sondern auch auf den Einzelfall bezogen ungefährlicher als das Virus der klassischen Influenza. Das sagen zwei leitende Mediziner Das sagen zwei leitende Mediziner des Lukas-Krankenhauses übereinstimmend. Dr. Steffen Krummbein, geschäftsführender Klinikdirektor und Chefarzt, sowie Dr. Christopher Lendzian, Chefarzt und Intensivmediziner, sagen, dass übertriebene Sorge fehl am Platz ist. "Das Corona-Virus begleitet uns im klinischen Alltag schon gewissermaßen. Auf jeden Fall sind wir dafür sensibilisiert", sagt Steffen Krummbein. Entsprechende Schilder, die in bestimmten Bereichen zum Tragen eines Mundschutzes anhalten, gehören beispielsweise dazu. Für den - aus heutiger Sicht - relativ unwahrscheinlichen Fall der Fälle ist man in Bünde allerdings gewappnet. Ein Patient mit dem Corona-Virus würde umgehend isoliert. Doch wie erkennt man einen an Covid-19 erkrankten Menschen überhaupt? Covid-19 ist seit einigen Tagen die offizielle Bezeichnung der Erkrankung. "Ohne eine Laboranalyse erst mal gar nicht", sagt Christopher Lendzian. Die Vorgeschichte des Patienten ist für seine Einstufung ausschlaggebend. Getestet werden nur besondere Verdachtsfälle "Wir überprüfen grundsätzlich niemanden auf dieses spezielle Virus, selbst bei starken Symptomen einer Grippe", so Lendzian. Dazu müssen weitere Faktoren einhergehen. Lendzian: "Es muss bekannt sein, dass sich der Patient in den vergangenen 14 Tagen seit Beginn seiner Erkrankung in einem Risikogebiet befunden hat oder Kontakt zu einem Erkrankten hatte." Was den Kontakt mit Erkrankten angeht, ist das Virus allerdings etwas tückisch. "Die Inkubationszeit, also die Zeit bis zum Auftreten erster Symptome, beträgt etwa 14 Tage", so Steffen Krummbein. "Das heißt, jemand kann ohne es zu wissen, das Virus zwei Wochen mit sich herumtragen und andere anstecken, bevor er selbst erkrankt." Angst, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, sei deshalb aber trotzdem nicht angebracht. Statistisch gesehen sterben an der normalen Grippe weltweit wesentlich mehr Menschen als am Corona-Virus, weil auch mehr Menschen daran erkranken. Christopher Lendzian, der im Lukas-Krankenhaus auch für die instensivmedizinische Behandlung von Patienten verantwortlich ist, betont in dem Zusammenhang aber nochmal: "Das normale Grippevirus hat eine höhere Mortalität, ist also tödlicher als das Corona-Virus. Und das nicht statistisch in der Gesamtzahl gesehen, sondern bezogen auf den einzelnen Fall", so Lendzian. Heißt konkret: Ist ein Mensch an der klassischen Grippe erkrankt und ein weiterer an Covid-19, besteht für den Menschen mit der klassischen Grippe eine größere Gefahr, daran zu versterben. Am Virus Erkrankte werden isoliert untergebracht Herunterspielen wollen die beiden Mediziner das Corona-Virus allerdings nicht, denn jeder Fall von Covid-19 ist den Gesundheitsbehörden zu melden, die Patienten sind zu isolieren und nur Personen in Schutzkleidung mit Schutzbrille dürfen mit ihnen in Kontakt treten. Bei einem Verdachtsfall müssen die Patienten zweimal in Folge auf das Virus untersucht werden, bevor sie als "bestätigter Fall" gelten. Das sind die Vorgaben, die das Robert-Koch-Institut (RKI) macht, damit eine Ausbreitung des Virus' verhindert wird. Krummbein und Lendzian sprechen in dem Zusammenhang ein Thema an, für das Menschen in Europa anders sozialisiert seien als die Menschen in China und das für alle ansteckenden Krankheiten gilt: die Handhygiene. Steffen Krummbein: "Wenn man sich schon daran hält, nicht in die Hände zu niesen und zu husten, sondern in die Armbeuge, und wenn man sich regelmäßig gründlich die Hände mit Seife wäscht, ist viel getan." Zudem sollte man vermeiden, sich mit ungewaschenen Händen ins Gesicht zu fassen. Ausschließlich symptomatisch behandelt Wie bei der klassischen Grippe würde ein an Covid-19 erkrankter Patient ausschließlich symptomatisch behandelt werden. "Wir behandeln Fieber und Schmerzen. Gegen das Virus selbst gibt es kein Medikament", sagt Chefarzt Christopher Lendzian. Das muss das Immunsystem selbst schaffen, das medizinisch nur unterstützt und gestärkt werden kann. Grundsätzlich sind beide Mediziner überzeugt, dass man auch in Bünde gut aufgestellt ist und alles getan wird, um einen vom Corona-Virus infizierten Menschen zu identifizieren und in dem Fall auch eine Ausbreitung des Erregers zu verhindern.

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