Hier stehen Frauen ihren Mann: "Wir sind in die Wehr hinein geboren"

Werther. Frauen in der Feuerwehr sind immer noch unterrepräsentiert. In den Berufsfeuerwehren sind lediglich 1,5 Prozent Frauen, bei den Freiwilligen Feuerwehren sind es immerhin um die neun Prozent. In Werther ist die Quote deutlich höher. Von den 119 Mitgliedern der Löschzüge Werther, Langenheide und Häger sind 17 weiblich. Das sind immerhin fast 14,5 Prozent. Als Grund dafür nennen die Damen das Feuerwehr-Gen, dass sie geerbt haben. &bdquo;Wir sind fast alle in die Wertheraner Wehr hineingeboren worden", sagt Sarah Heidemann. &bdquo;Fast alle haben Väter und Großväter, die in der Feuerwehr sind oder waren." Man habe von Kind auf mitbekommen, wenn Familienmitglieder zu einem Einsatz gerufen worden seien, fügt Nadine Peperkorn hinzu. Da sei es am Ende etwas ganz Normales, in der Feuerwehr zu sein. Birte Schöneborn war die erste Frau in der Wehr Simone Marquardt ist die dienstälteste Feuerwehrfrau in Werther. &bdquo;Ich bin seit 26 Jahren dabei", sagt sie. Als sie in die Jugendfeuerwehr eintrat, gab es nur eine Frau in der Wertheraner Wehr. &bdquo;Birte Schöneborn war damals die erste", erinnert sich Marquardt. Als etwas Besonderes habe sie sich nicht gefühlt. &bdquo;Ich wurde ganz selbstverständlich aufgenommen und durch Birte hatten die Männer ja schon ein Jahr lang Zeit gehabt, sich an eine Frau im Feuerwehranzug zu gewöhnen", sagt Simone Marquardt. Alexandra Hollmann ist seit 27 Jahren in der Feuerwehr, allerdings nicht in Werther. Sie hat die ersten Jahre im Löschzug Isselhorst gedient. &bdquo;Und da war sich tatsächlich die erste Frau", erzählt die Gattin des Wehrführers. Aber auch sie kann sich nicht an komische Blicke oder dumme Bemerkungen erinnern. Blick auf die Schlafanzüge vorm Einsatz Anfangs gab es für die Frauen noch keine Umkleideräume. &bdquo;Wir haben uns in der Damentoilette umgezogen", erzählt Simone Marquardt. Heute hat der Löschzug Werther eine Damenumkleide, die anderen beiden Löschzüge allerdings nicht. Das ist für die Frauen aber kein Problem. &bdquo;Wir ziehen uns mit den Männern in der Fahrzeughalle um", sagt Marlin Speckmann. &bdquo;Wenn es zum Einsatz geht, hat man ohnehin keine Zeit, nach links oder rechts zu schauen", so die Wertheranerin. Schließlich gehe es bei einem Einsatz oft um Sekunden. Vor allem bei Einsätzen in der Nacht kämen die Mitglieder der Löschzüge manchmal in ihren Schlafanzügen im Gerätehaus an. &bdquo;Das finde ich viel spannender als deren Unterwäsche", sagt Marlin Speckmann lachend. In der Wertheraner Wehr werden Frauen genauso behandelt wie Männer. &bdquo;Da machen wir keine Unterschiede", sagt Wehrführer Dirk Hollmann. Aus Sicht der Damen gibt es auch nichts, was Frauen nicht so gut könnten wie Männer. &bdquo;Es gibt ja auch bei den Herren nicht nur Muskelmänner, sondern auch schmale und schmächtige", so Simone Marquardt. Bei Einsätzen würden auch nicht immer die Größten und Stärksten gebraucht. &bdquo;Zum Beispiel musste ich mal in ein verunfalltes Auto klettern, das auf dem Dach lag. Durch das Fenster hätte nicht jeder durchgepasst", erzählt sie. Schließlich arbeite man auch nie alleine. Jeder werde seinen Stärken und Fähigkeiten entsprechend eingesetzt. Alle Feuerwehrleute sind einfach Menschen Und die richten sich nicht nach dem Körperbau, sondern oft auch nach der Lebenssituation, in der jemand gerade stecke, fährt Marquardt fort. Sie berichtet von einem Autounfall, bei dem auch Kinder betroffen waren. &bdquo;Ich hatte einen frisch gebackenen Papa bei mir. Und den hat das Ganze natürlich deutlich mehr belastet als jemanden, der keine Kinder hat." &bdquo;Man darf bei einem Einsatz immer sagen, wenn man momentan in einer nicht so guter Verfassung ist und etwas gerade nicht kann", fügt Alexandra Hollmann an. Das gelte für Frauen ebenso wie für Männer. Schließlich seien alle Feuerwehrleute Menschen mit einer persönlichen Geschichte. &bdquo;Und darum achten wir immer aufeinander", so Simone Marquardt. Wenn jemand zum Beispiel neu in der Feuerwehr sei, werde er bei extremen Unfällen nicht in die vorderste Reihe geschickt, berichtet Nadine Peperkorn. Auch das gelte für Frauen ebenso wie für Männer. Jede Frau kann sich individuell in der Feuerwehr mit ihren Talenten und Fähigkeiten einbringen. Dabei zählt die Kompetenz, die man in der Ausbildung erlernen kann. Kein Wunder also, das die Damen auch vor einem Kettensäge-Schein oder einem Lkw-Führerschein nicht zurückschrecken. Männer haben den Frauen nichts voraus Stefanie Göhner ist eine, die die großen Feuerwehrautos fahren kann und darf. &bdquo;Den Führerschein habe ich extra für die Feuerwehr gemacht", sagt sie. Die Fahrerlaubnis benötige sie in ihrem Alltagsleben nicht, dafür aber andere Dinge. &bdquo;Man lernt hier wirklich viel, was man immer wieder braucht", sagt sie. Als Beispiel nennt sie den Erste-Hilfe-Kurus, der immer wieder aufgefrischt wird und die Knoten (sich selbst zuziehend)und Stiche, die man bei der Feuerwehr lerne. &bdquo;Aber auch der Umgang mit Stresssituationen wird trainiert", sagt die Wertheranerin. Man lerne, auch in brenzligen Situationen ruhig zu bleiben. Die Frauen stellen fest, dass es nichts gibt, was Männer ihnen voraus haben. Frauen können ebenso gut Brände löschen, Leben retten und Keller auspumpen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Frauen das im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, als die Männer an der Front kämpften, bereits getan haben. Allerdings waren sie damals lediglich eine Art Notnagel. Erst 1985 ließ Hamburg als erstes Bundesland Frauen in der Berufsfeuerwehr überhaupt zu. In den vergangenen 50 Jahren haben sich die Rollenbilder von Frauen und Männern in vielen gesellschaftlichen Bereichen stark verändert. Männer bringen sich bei der Erziehung der Kinder und im Haushalt ein und Frauen sind ebenso berufstätig wie Männer – auch in vermeintlichen Männerberufen. Und so ist auch der Anblick von Frauen in der Feuerwehr nichts Besonderes mehr. Ohne das &bdquo;Feuerwehr-Gen" scheint es aber nicht wirklich zu gehen. Darüber landen weiter die meisten Frauen bei den Löschzügen.

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