Der verhinderte Fahrgast
Der Versmolder war am 26. November, einem Dienstag, Gast auf einer Geburtstagsfeier im Industriegelände. Das Ganze ging etwas länger. Derjenige, der ihn ursprünglich mitnehmen wollte, hatte etwas getrunken. Deshalb entschied man sich gegen Mitternacht, ein Taxi zu rufen. Ergebnislos. „Ich habe es bei zwei Anbietern versucht, bekam aber nur Bandansagen zu hören", sagt der Versmolder. Eineinhalb Stunden habe er niemanden erreicht.
Die anderen Gäste wollten sich schließlich am frühen Mittwochmorgen zu Fuß auf den Rückweg begeben. Der Versmolder aber ist gehbehindert und verzichtete daher auf den Marsch. Am Ende lieh er sich das Auto eines befreundeten Ehepaars, brachte zunächst dieses nach Hause und fuhr anschließend selbst heim.
Die Gesetzeslage
Taxis sind Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs, was in Paragraf 8 des Personenbeförderungsgesetzes geregelt ist. Es soll den Fahrgästen ermöglichen, jederzeit Ziele zu erreichen, die von Bussen und Bahnen nicht oder nicht immer bedient werden. Mit einer zu späten Uhrzeit oder personellen Engpässen könnten sich Taxiunternehmen also bei einer angefragten Fahrt rein rechtlich gesehen nicht herausreden. Darauf macht der Bundesverband Taxi und Mietwagen auf seiner Internetseite aufmerksam: Taxis müssen demnach rund um die Uhr fahren, damit jeder, der es möchte, 24 Stunden am Tag mobil sein kann.
Das sagt der Kreis
Aber ist das realistisch? Zumindest stellt sich die Praxis gelegentlich schwieriger dar als die Theorie auf geduldigem Papier. Der Kreis Gütersloh vergibt Konzessionen und koppelt sie an die Transportaufträge der Taxiunternehmen. „In der Praxis kommt es in Einzelfällen zu längeren Wartezeiten beziehungsweise Lücken in der Versorgung. Das ist überall im ländlichen Bereich ein Problem", sagt Kreis-Pressesprecher Jan Focken.
Eine Lösung zu finden, die echte Abhilfe schafft, scheine praktisch kaum möglich zu sein. Focken verweist in diesem Zusammenhang auf das Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Personalfindung bei den Taxiunternehmen auf der einen Seite und der Aufrechterhaltung eines ausreichenden 24-stündigen Angebotes an 365 Tagen im Jahr auf der anderen. „Zumal Gebührenerhöhungen nur selten und zudem nur begrenzt möglich sind", erklärt Focken.
Der Fall Kreis Höxter
Der Kreis Höxter hat angesichts des Dilemmas erst vor wenigen Tagen partiell die Reißleine gezogen. Seit dem 1. Dezember läuft im südlichen OWL ein einjähriges Pilotprojekt, bei dem Taxiunternehmen stundenweise von ihrer Betriebs- und Bereitstellungspflicht entbunden sind. Die Regelung gilt für die Zeit von sonntags bis donnerstags jeweils von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages. Vorbestellte Fahrten sind in dieser Zeit weiterhin möglich. Sieben Taxibetriebe sind im Kreis Höxter in den vergangenen Jahren geschlossen worden. Zudem sind 16 Taxikonzessionen zurückgegeben oder nach Ablauf der Gültigkeit nicht mehr wiederbeantragt worden.
„Als Gründe wurden von den Unternehmen unter anderem die Schließung von Gastronomiebetrieben, das veränderte Nutzungsverhalten potenzieller Fahrgäste und Personalmangel genannt", erläutert Matthias Kämpfer, Fachbereichsleiter Öffentliche Sicherheit und Straßenverkehr des Kreises Höxter, in einer Pressemitteilung.
Notdienst als Lösung?
Den Versmolder stellt das nicht zufrieden. Vorbestellte Fahrten beispielsweise hätten für ihn so ihre Tücken. „Ich weiß vorher ja nicht, ob eine Feier langweilig ist und ich früher wegwill oder so gut, dass ich noch länger bleiben möchte", gibt er zu bedenken. Gegenüber Mietwagen mit Fahrern hätten Taxiunternehmen mehr Rechte, dürften dann aber auch ihre Pflichten nicht vernachlässigen. Warum, so der Versmolder, wird für schwach nachgefragte Zeiten nicht ein Notdienst, ähnlich einem Apothekennotdienst, eingerichtet: „Das könnte eine Lösung sein."