Anwohner im Kreis Gütersloh kämpfen gegen großen Neubau mit 21 Wohnungen: „Unzumutbar“

Verl. Die Dimension sprengt alles, was es in diesem Baugebiet bislang gibt: Am Ende eines Wendehammers im Verler Hermannsweg plant ein Investor ein großes Gebäude mit 21 Wohneinheiten. Die Verwaltung möchte das, obwohl die Planung den Festsetzungen des Bebauungsplans in mehreren Punkten widerspricht, mit Verweis auf den angespannten Wohnungsmarkt genehmigen, die Nachbarn laufen dagegen Sturm und drohen inzwischen mit einer Klage. Für Mittwoch, 2. Juli, haben sie mit Bürgermeister Robin Rieksneuwöhner einen Ortstermin vereinbart, um ihm persönlich ihre Befürchtungen und Bedenken vorzutragen. Die gibt es auch in Teilen der Politik. Als das Projekt vor zwei Wochen auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen stand, erbaten sich die Fraktionen Bedenkzeit. Zumindest CDU und Grüne haben inzwischen direkt mit den betroffenen Anliegern gesprochen. Am Dienstag, 2. Juli, steht das Thema erneut auf der Tagesordnung des Fachausschusses. Projekt hält im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze nicht ein Wie berichtet plant der Eigentümer des etwa 2.000 Quadratmeter großen Grundstücks den Bau eines Mehrfamilienhauses mit 13 Zwei-Zimmer-Wohnungen und acht Drei-Zimmer-Wohnungen. Sie sollen untergebracht werden in zwei miteinander verbundenen Gebäuden. Vorgesehen sind zwei Vollgeschosse plus Staffelgeschoss; dieses entweder mit Flachdach oder plankonform mit geneigtem Dach. Die Pläne sehen den Bau einer Tiefgarage vor. Acht Auto-Stellplätze sollen zusätzlich oberirdisch angelegt werden. Allerdings hält das Projekt die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze nicht ein. Zudem wird ein größerer Teil des Grundstücks überbaut, als heute zulässig ist, und die maximale Traufhöhe überschritten. Für den nördlichen Grundstücksbereich, auf dem ein Teil des Hauptbaukörpers vorgesehen ist, lässt der Bebauungsplan &bdquo;Ammerstraße“ aktuell nur die Errichtung von maximal zwei Wohneinheiten zu. Stadt Verl will von einer Ausnahmevorschrift Gebrauch machen In der Konsequenz müsste die Stadt das Vorhaben ablehnen. Oder den Bebauungsplan ändern, was der Zustimmung der Politik bedarf. Die Stadtverwaltung argumentiert, dies sei angesichts des Aufwandes für ein einzelnes Baugrundstück nicht begründbar, und will von einer Ausnahmevorschrift im Baugesetzbuch Gebrauch machen, nach der in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt – als solches ist die Stadt Verl eingestuft – im Einzelfall und unter bestimmten Voraussetzungen Befreiungen von den Festsetzungen erteilt werden können. Lesen Sie auch: Großes Bauprojekt von Unternehmen Hagedorn in Gütersloh - nächste Klage gegen Pläne Der Erste Beigeordnete Thorsten Herbst hat bereits deutlich gemacht, dass in einem solchen Fall &bdquo;allein die Verwaltung über den Bauantrag entscheidet“ – die Zustimmung der Politik oder der Anlieger ist dann nicht erforderlich. Dass die Stadt Ausnahme machen will, habe einen Beigeschmack &bdquo;Als ich hier gebaut habe, hätte ich auch gerne von einer solchen Ausnahme profitiert“, sagt Oguz Koçak, der dem heute noch unbebauten Grundstück gegenüber wohnt. &bdquo;Ich durfte damals keine zweite Wohneinheit bauen.“ Ähnliches gilt für das Ehepaar Tenzler, unmittelbare Nachbarn des Bauprojekts. &bdquo;Wir hätten hier vor 20 Jahren gerne zweigeschossig gebaut, weil das mit vier Kindern einfacher gewesen wäre“, sagt Thomas Tenzler. Ein entsprechender Antrag des Architekten sei jedoch abgelehnt worden. Dass die Stadt jetzt bereit ist, für den Investor diese Ausnahmen zu machen, hat aus Sicht der Nachbarn einen Beigeschmack. Ihnen sei zu Ohren gekommen, dass die Wohnungen einem örtlichen Unternehmen bei der Anwerbung von Fachkräften helfen sollen. Verkehrsbelastung werde erheblich steigen, warnen die Anwohner Das Objekt diene also weniger der Entlastung des Wohnungsmarktes, als dass es &bdquo;eine betriebswirtschaftlich lukrative Geldanlage“ sei, befürchtet Koçak. &bdquo;Es gibt einen Menschen, der daran ein großes Interesse hat, und dem wird ein Gefallen getan.“ Zulasten der Allgemeinheit, wie die Anwohner kritisieren. Dafür werde geltendes Baurecht verletzt und eine unverträgliche Nachverdichtung genehmigt. 21 Wohneinheiten, sagt Thomas Tenzler, seien &bdquo;nicht gebietstypisch“; die umliegende Bebauung besteht aus Einzel- und Doppelhäusern. Das belaste das Wohnumfeld unverhältnismäßig. Auf dem als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Hermannsweg werde die Verkehrsbelastung erheblich steigen, was das Risiko für Kinder in der Spielstraße deutlich erhöhe. 21 Wohneinheiten bedeuteten viele zusätzliche Mülltonnen, die Gehwege blockieren, den Verkehrsfluss stören und das Straßenbild verschlechtern. &bdquo;Wir werden alles versuchen, das jetzt Geplante zu verhindern“ Die Anlieger kritisieren zudem die Umweltfolgen durch den hohen Grad der Bodenversiegelung, eine unzumutbare Verschattung der angrenzenden Grundstücke durch die mehrgeschossige Bauweise und damit eine Beeinträchtigung der Wohnqualität sowie eine Wertminderung ihrer Grundstücke. Lesen Sie auch: Neue Immobilien für Gütersloh: Bekommt der Investor grünes Licht für Wohnungen? Von der Stadt wie vom Investor fühlen sie sich schlecht informiert. Obwohl der Bewuchs auf dem unbebauten Grundstück im Januar gerodet worden sei, habe es auf der Anliegerversammlung zum Endausbau des Hermannsweg Ende Februar noch seitens der Verwaltung geheißen, von einer Planung sei im Rathaus nichts bekannt, sagt Koçak. Und Thomas Tenzler beklagt, noch im April auf eine Anfrage beim Investor keine Antwort erhalten zu haben. &bdquo;Wir werden alles versuchen, das jetzt Geplante zu verhindern“, sagt Sylvia Ottofrickenstein. &bdquo;Wir sind bereit, Alarm zu schlagen – wir sind aber auch offen für Gespräche.“ Einfach hinnehmen will die massive Bebauung auch Oguz Koçak nicht und kündigt an, notfalls gegen die Ausnahmegenehmigung mit der Begründung &bdquo;angespannter Wohnungsmarkt“ juristisch vorgehen zu wollen.

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