Leiche in Kühltruhe im Kreis Gütersloh: Dolmetscher überraschend gefeuert

Verl/Bielefeld. Eigentlich will sich der Angeklagte Jerzy D. am Mittwoch, 26. März, zum ersten Mal zum Tatgeschehen im Prozess um die zerstückelte Leiche in seiner Tiefkühltruhe einlassen. Weil aber das psychiatrische Gutachten über den 40-Jährigen, der in Verl an der Humboldtstraße gewohnt hat, erst am Dienstag seinen Strafverteidiger Martin Rother erreicht hat, ist seine Aussage erneut verschoben worden. &bdquo;Ich konnte noch nicht mit meinem Mandanten darüber sprechen“, sagt sein Anwalt. Vier Stunden später kommt es überraschend zum vorläufigen Abbruch des Prozesstages. Das Gericht feuert den polnischen Dolmetscher des Beschuldigten. Der Vorwurf: Dieser habe falsch übersetzt. Einem beisitzenden Richter, der offenbar der polnischen Sprache mächtig ist, fällt auf, dass der vereidigte Dolmetscher den gesprochenen Text während der Verhandlung von der Ausgangssprache in die Zielsprache nicht korrekt überträgt. Das bemerkt auch Jerzy D., der umgehend die Absetzung des Sprachmittlers fordert. Dem kommt das Gericht nach. Lesen Sie auch: Leiche in Kühltruhe im Kreis Gütersloh: Überraschendes Papier sorgt für Verwirrung Jetzt muss ein neuer Dolmetscher gefunden werden. Für Martin Rother eine Katastrophe für seine Verteidigungsstrategie: &bdquo;Ich muss mich fragen, was er alles am ersten Prozesstag falsch übersetzt hat. Vielleicht müssen wir neu anfangen.“ Nachbarn berichten von seltsamen Geräuschen Zuvor hatte sich das Schwurgericht in Bielefeld am Mittwoch unter dem Vorsitzenden Richter Christoph Meiring mit mehreren Zeugen beschäftigt, die sich zur Person und zu den Lebensumständen des Beschuldigten geäußert haben. Ein 35-jähriger Mann, der mit Frau und Kindern im gleichen Mehrfamilienhaus wie D. an der Humboldtstraße gewohnt hat, berichtet, dass es kaum Probleme mit seinem Nachbarn, der in der Dachgeschosswohnung lebte, gegeben habe. &bdquo;Das Zusammenleben mit der Hausgemeinschaft war okay“, erklärt er den Richtern. Auch mit dem Angeklagten habe er sich gut verstanden. &bdquo;Er war immer hilfsbereit.“ Aggressiv habe er ihn nie erlebt. &bdquo;Er hat zwar viel getrunken, aber handgreiflich ist er nicht geworden.“ Doch dann erzählt der Zeuge, dass es einmal mitten in der Nacht zu einem ohrenbetäubenden Knall gekommen sei. &bdquo;Meine Frau und ich sind davon aufgewacht.“ Das sei so gewesen, als ob jemand mit seinem Kopf auf den Fußboden gekracht sei. &bdquo;Die Wände im Haus sind hellhörig, so dass wir den Tumult mitbekommen haben.“ In den nächsten Tagen hätten er und seine Frau eine Art &bdquo;Hackgeräusche“ von oben wahrgenommen. Danach habe es im Hausflur seltsam gerochen. Der Geruch habe sich gut 14 Tage lang gehalten. Angeklagter soll Probleme mit Familie haben &bdquo;Haben sie Jerzy D. nicht darauf angesprochen?“, will Richter Meiring wissen. &bdquo;Nein, weil ich ihm nicht zu nahetreten wollte. Ich habe mir auch nichts dabei gedacht.“ An den Zeitpunkt des Vorfalls könne er sich allerdings nicht mehr erinnern. Ein ehemaliger Arbeitskollege (45) beschreibt Jerzy D. als fleißigen Mann, der zuletzt aber zu viel getrunken habe. &bdquo;Das fing so vor drei Jahren richtig an. Da kam er auch angetrunken zur Arbeit.“ Seine Alkoholexzesse seien dann immer mehr geworden, so dass man sich getrennt habe. &bdquo;Er wollte sich mit Trockenbau- und Gartenarbeiten selbstständig machen. Das hat aber nicht geklappt.“ Mehr dazu: Leichenteile in Kühltruhe im Kreis Gütersloh: Kurioses Detail vor Prozessbeginn Auch das freundschaftliche Verhältnis zum Angeklagten habe darunter gelitten. &bdquo;Er hat mir oft erzählt, dass er Probleme mit seiner in Polen lebenden Familie hat.“ Irgendwann habe D. ihn nachts angerufen und ihn gebeten, von zuhause abgeholt zu werden: &bdquo;Mit mir wird etwas Schlimmes passieren. Hol mich ab.“ Das habe der Zeuge abgelehnt und den Zustand seines Kollegen als Folge von Alkohol- und Drogenkonsum abgetan. Opfer aus Spenge sei manchmal ausgeflippt Was war der getötete Ralf L. (61) für ein Mensch? Dazu hat sich ein Diplom-Sozialarbeiter geäußert, in dessen betreute Einrichtung das Opfer längere Zeit gelebt hat, bevor eine Mitarbeiterin des Hauses die Vermisstenanzeige gestellt hat. &bdquo;Wir wissen, dass er vorher auf einem Bauernhof in Spenge mit seiner Mutter gewohnt hat. Dort soll es auch zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sein.“ Verbal sei er manchmal aufgrund von Alkoholgenuss ausgeflippt, jedoch von Gewalt im Wohnheim könne keine Rede sein. Er sei eigentlich ein umgänglicher Mensch gewesen. &bdquo;Manchmal war er tagelang nicht da und hat sich als Quartalstrinker geoutet.“ Lesen Sie auch: Leichenteile in Kühltruhe im Kreis Gütersloh gefunden: Ergebnis der Obduktion liegt vor Das alles deckt sich wohl auch mit den Ergebnissen der Obduktion. Die Gerichtsmediziner, so Richter Meiring, haben einen Blutalkoholgehalt in der gefrorenen Leiche von 2,04 Promille festgestellt. Jerzy D. wird Totschlag vorgeworfen. Er soll Ralf L. in seiner Wohnung erschlagen und zerstückelt haben. Nach einem rechtlichen Hinweis des Gerichtes steht nun aber auch der Mordvorwurf (Verdeckung) im Raum. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe. Der Prozess wird am Dienstag, 1. April, fortgesetzt. Das Urteil soll am 4. April, um 13 Uhr gesprochen werden.

Meistgelesen