Aufgewachsen in Dorfmühle im Kreis Gütersloh: Erinnerungen an besondere Kindheit

Verl. &bdquo;Dort oben“, sagt Klaus Latzel und deutet mit dem Finger auf ein kleines Fenster in der Alten Dorfmühle, &bdquo;haben wir früher gewohnt.“ 1960 ist Latzel in der Mühle, deren Zukunft schon lange und derweil wieder intensiv diskutiert wird, geboren, wie noch zwei seiner insgesamt sieben Geschwister. &bdquo;Meine Oma Martha kam als Flüchtling her. Ihr wurde die Mühle zugewiesen.“ Dort zu leben, das sei etwas Besonderes gewesen, sagt Latzel, &bdquo;und es war nicht selten ziemlich gefährlich“. Klaus Latzel war ein Kind, das kein Abenteuer ausließ. &bdquo;Früher gab es neben dem Ölbach einen kleinen Löschteich“, erinnert er sich an Zeiten, in denen es noch ganz anders aussah rund um die Mühle. Entdeckungslustig wie er war, wollte der damals Vierjährige die Gegend um den Teich erkunden, kam ins Rutschen, landete im Wasser und versuchte vergeblich, raus zu krabbeln. &bdquo;Ich bin immer wieder abgerutscht.“ Eine Ausflugsgruppe, deren Maigang nahe der Stelle vorbeiführte, nahm die gefährliche Situation wahr und zog den Steppke aus dem Wasser. Es sollte nicht das einzige Mal sein, dass Klaus Latzel eine gefährliche Situation überstand. Eisblumen an den Fensterscheiben &bdquo;Meine Mutter war ein Findelkind“, erzählt der Verler von anderen Zeiten. &bdquo;Sie ist bei einer Familie in Harsewinkel aufgewachsen. Mein Vater Horst wohnte bei seiner Mutter in Sende – in einer Baracke auf einem Hof.“ Als die Mühle frei war, zogen Oma und Vater von Klaus Latzel dort ein und mit ihnen ein Halbbruder des Vaters. &bdquo;Mein Opa ist früh verstorben.“ Auch der zweite Mann der Oma kam, ebenso wie der erste, bei einem Motorradunfall ums Leben. Manch eine Erinnerung ist nach so langer Zeit zwar verblasst, einige Ereignisse aber hat Klaus Latzel noch klar vor Augen. Als er kürzlich unter den vielen Besuchern im Heimathaus war, Jung-Architektin Lena Beckervordersandforth dort ihre Pläne für den neuen Verler Ortseingang und die Alte Dorfmühle präsentierte, &bdquo;da sind viele Bilder zurückgekommen“, erzählt der gelernte Technische Zeichner, der seit 42 Jahren bei der Firma Alulux arbeitet, von Situationen, an die er sich plötzlich wieder erinnern konnte. &bdquo;Im Winter war es im Schlafzimmer so kalt, dass sich Eisblumen an den Fensterscheiben gebildet haben.“ Am Bügeleisen die Hände gewärmt Klaus Latzel weiß noch, dass alle in einem Bett geschlafen haben, kann sich an Petroleumlampen und Kerzen erinnern und daran, wie er sich eines Tages das Bügeleisen auf die Hand stellte – womöglich, um Wärme abzubekommen. Noch schlimmer verletzte er sich, als er die Leiter zum Ölbach hinunterkletterte, um zu einer Feuerstelle zu gelangen. &bdquo;Dort wurde alles verbrannt. Auch zerborstene Flaschen lagen dort“, erzählt Latzel. Er geriet ins Stolpern und mit der Hand in die Scherben. Die Sehnen wurden durchtrennt. Mit einem Handtuch um die stark blutende Wunde ging es mit dem Taxi zur Doktor Büdding (heute Eiscafé La Luna). Im Krankenhaus (heute St.-Anna-Haus) wurde er operiert. Beinahe zum zweiten Mal im Ölbach ertrunken Schon als Dreijähriger war er nur knapp dem Tod entgangen. Klaus Latzel deutet von der Brücke, &bdquo;die es damals noch nicht gab“, hinunter. &bdquo;Dort ist damals das Wasser gestaut worden. Das Mühlenrad war noch da.“ Noch bevor er auf den hölzernen Steg, der heute verrottet ist, gelangte, fiel er ins etwa zwei Meter tiefe Wasser. Seine Mutter wusch Wäsche im Ölbach, sprang sofort hinterher und holte ihren Sohn wieder an die Oberfläche. &bdquo;Man wohnte schon gefährlich“, sagt Latzel aus heutiger Sicht mit einem Augenzwinkern. Aber natürlich gibt es auch schöne Erinnerungen an die Zeit in der Alten Dorfmühle. Etwa die, dass freitags Badetag war und er als Ältester zuerst in die Zinkwanne steigen durfte, &bdquo;dass ich in der Bäckerei Reineke oft frisches Brot bekommen habe“ oder der kleine Klaus &bdquo;mit Schüppe und Eimer bis zum Amt gelaufen“, ist und öfter mal hörte: &bdquo;Das ist doch das Mühlenkind.“ Heimfahrt im Polizei-VW Einmal, erzählt Klaus Latzel sei er, als er wieder einmal unbemerkt auf Erkundungstour gegangen war, mit dem Polizei-VW nach Hause gebracht worden. Dort hatte die Oma auf dem alten gusseisernen Ofen, der &bdquo;Hexe“, Blut- oder Brotsuppe gekocht. Als das Gebäude für die wachsende Familie zu eng wurde, zog sie in ein Haus an der Lindenstraße. &bdquo;Von dort bin ich immer wieder zur Mühle gelaufen“, erzählt Klaus Latzel. Oft habe er sich dann unter den Wasserfall gestellt, wenn das Wasser gestaut wurde. Die Pläne von Lena Beckervordersandforth findet Latzel &bdquo;unwahrscheinlich gut“ und hofft, &bdquo;dass sie umgesetzt werden können“.

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