Computer sagt voraus: Passiert nichts, drohen in Verl verstopfte Straßen

Verl. Wer zu Stoßzeiten mit dem Auto auf der Gütersloher, der Paderborner oder der Sürenheider Straße unterwegs ist, kann ein Lied davon singen: Es geht nur langsam voran. Zahlen zweier Verkehrsmessungen aus den Jahren 2020 und 2021 untermauern das. Zwischen 8.000 und mehr als 20.000 motorisierte Fahrzeuge sind auf den Achsen im Stadtgebiet täglich unterwegs.Am stärksten belastet ist die Ortsdurchfahrt mitten in der Stadt, wo 19.430 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden an einem durchschnittlichen Werktag gezählt wurden, außerorts die Gütersloher Straße in Höhe der Einmündung der Wiedenbrücker Straße mit sogar 20.340 Fahrzeugen. Die Stadt hat jetzt eine Computersimulation über das gesamte Verkehrsnetz in Verl für das Jahr 2035 erstellen lassen. Das Ergebnis: Besser wird’s nicht, trotz des beabsichtigten Ausbaus des ÖPNV mit der Schnellbuslinie nach Bielefeld und der Reaktivierung der TWE-Strecke. "Wenn wir nichts tun, wird es schlimmer" Wird beides umgesetzt, lässt sich wenigstens der heutige Verkehrsfluss annähernd erhalten. Oder, wie es Marius Wittke (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Mobilität und Verkehr, bei der Vorstellung der Simulation im Fachausschuss zusammenfasste: &bdquo;Wenn wir nichts tun, wird es schlimmer; wenn wir was tun, bleibt es so, wie es heute ist.“ Der Grund dafür ist einfach: Der Verkehr ist überwiegend hausgemacht. Denn die Stadt Verl wächst. Dagegen spielt der Durchgangsverkehr nur eine untergeordnete Rolle. Grob gesagt ist nur jedes zehnte bis jedes fünfte Fahrzeug, das zwischen der Stadtgrenze Gütersloh und Kaunitz in Verl unterwegs ist, dem überörtlichen Verkehr ohne Ziel in Verl zuzurechnen. In das Rechenmodell hat Lennart Bruhn vom Büro Stadtverkehr in Hilden die Annahme einfließen lassen, dass alle im Regionalplan vorgesehenen neuen Wohn- und Gewerbegebiete bis zum Jahr 2035 erschlossen werden. Berücksichtigt hat er außerdem die Demografieberichte von Stadt und Kreis sowie auch die Bevölkerungsprognose des Landes Nordrhein-Westfalen. Sein Rechenmodell kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass die Verler Bevölkerung bis 2035 die Grenze von 30.000 überschreiten wird. Die Zahl aller Beschäftigten im Stadtgebiet würde gegenüber 2020 um 57 Prozent zunehmen.Probleme mit Berg- und Fürstenstraße verschärfen sich Dieses Wachstum bei der eigenen Bevölkerung und den Berufspendlern hätte für eine unveränderte Verkehrsinfrastruktur Folgen. Abgesehen von einigen Straße in den Wohngebieten sieht Bruhn im Jahr 2035 allerorten eine Zunahme des motorisierten Verkehrs. Auf der Paderborner Straße zwischen Kaunitz und Verl nimmt die Belastung danach im Schnitt um rund 1.800 Fahrzeuge pro Tag zu, hinter der Einmündung der Bornholter Bergstraße in Fahrtrichtung Verl sogar um 3.570. Fast 2.100 Fahrzeuge zusätzlich befahren die Gütersloher Straße zwischen der Wiedenbrücker Straße und der Stadtgrenze mit Gütersloh. Rund 3.000 Fahrzeuge rollen auf den Knotenpunkt zusätzlich zu, weil das auf Varenseller Gebiet geplante interkommunale Gewerbegebiet über Verler Straßen erschlossen werden soll. Und auch zwischen der Bielefelder Straße in Verl und Sürenheide sind dann täglich 1.850 Autos mehr unterwegs als heute. Übrigens werden dann auch wieder die Einmündungen der Bergstraße und in Kaunitz der Fürstenstraße in die Paderborner Straße ein Thema. Bereits heute kommt es hier mitunter zu langen Rückstaus – bis 2035 steigt die Verkehrsbelastung um weitere 1.420 bis 1.570 Fahrzeuge täglich an. 133 Prozent Anstieg beim Liefer- und Güterverkehr Ohne die Reaktivierung der TWE-Trasse zwischen Verl und Harsewinkel käme es allerdings noch dicker. Fast 2.600 Fahrgäste nutzen nach dem Rechenmodell 2035 täglich die Bahn allein auf Verler Stadtgebiet, entlasten so also die parallel verlaufende Gütersloher Straße. Heute gibt es hier, je nach Teilabschnitt, täglich zwischen 30 und 100 Bus-Fahrgäste. Fast im gleichen Ausmaß wie der motorisierte Individualverkehr steigt auch die Zahl der ÖPNV-Nutzer zwischen Verl und den beiden größten Ortsteilen Sürenheide und Kaunitz. Auch wenn das ein Erfolg wäre, weil sich dadurch der Anteil des motorisierten Individualverkehrs am Gesamtaufkommen in Verl bis zum Jahr 2035 leicht verringert: Die absolute Zahl an Autofahrten im Stadtgebiet steigt nach dem Verkehrsmodell um 8.000 Pro Tag an, weil neue Siedlungs- und Gewerbeflächen eben auch für mehr Verkehr sorgen. Und an der Zunahme beim Liefer- und Güterverkehr ändern Bahn, Bus und Fahrrad sowieso nichts: Der steigt um satte 133 Prozent.Das Fazit von Lennart Bruhn: &bdquo;Wenn Sie heute sagen, es knirscht an einigen Knotenpunkten und Sie ersticken am Verkehr, dann wird sich das automatisch verschlechtern. Denn noch haben wir keine neuen Straßen oder Maßnahmen entwickelt, die vielleicht dieses Problem lösen können, indem sie den Verkehr besser verteilen oder den Umstieg auf andere Verkehrsmittel erleichtern.“

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