Zukunft der TWE-Strecke in Gütersloh: Ist das Ende des Millionen-Projekts nah?

Gütersloh. Die Reaktivierungspläne der TWE-Strecke zwischen Harsewinkel und Verl haben einen schweren Schuss vor den Bug bekommen. Es ist nämlich alles andere als sicher, dass die Strecke über den Hauptbahnhof führen kann. Die Deutsche Bahn benötigt die Gleise für eigene Züge sowie für Fremdanbieter. Für die TWE ist da kaum noch Platz. Schon gibt es erste Stimmen wie die des Bundestagsabgeordneten Ralph Brinkhaus (CDU), der die weiteren Planungen skeptisch sieht und erst einmal eine Denkpause fordert. Die Denkpause sollte kurz ausfallen. Und zwar nicht deshalb, weil Ende 2027 die ersten Züge fahren sollen. Sondern weil die derzeitige Sachlage eigentlich kaum etwas anderes zulässt, als das Millionen-Projekt endlich für immer zu begraben. Kann die Schienenverbindung eine Alternative zum Autofahren schaffen? Sicherlich gibt es in Deutschland erfolgreiche Wiederbelebungen alter Schienenstrecken. Und nichts ist verkehrs- und klimapolitisch sinnvoller, als alte Infrastruktur wieder aufzubauen, um eine Alternative zum Autofahren zu schaffen. Es ist aber fraglich, ob die Schienenverbindung Harsewinkel–Verl wirklich dafür geeignet ist. Manchmal lohnt der Blick aufs Detail. Nehmen wir das zehn Kilometer lange Teilstück Gütersloh–Verl, das zurzeit von der Buslinie 73 auf der Gütersloher/Verler Straße parallel zum Schienenstrang bedient wird. Alle 15 Haltestellen liegen deutlich unter einen Kilometer voneinander entfernt. Zustieg ist also unkompliziert möglich. Viele Haltestellen liegen vor großen Unternehmen. Arvato an der A2 oder in Verl haben den Halt quasi vor der Haustür. Auch Mitarbeiter von Beckhoff Automation, die an verschiedenen Standorten am Hülshorstweg arbeiten, haben von der Haltestelle nur 50 bis 300 Meter zu gehen. Dass direkt gegenüber dieser Haltestelle ein großer Parkplatz angelegt ist, zeigt indes, dass dieser Vorteil – aus welchen Gründen auch immer – nicht von allen Mitarbeitern genutzt wird. Prognostizierte Zahl der täglichen Fahrgäste ist wenig überzeugend Wieso sollte dieser mangelhafte Zuspruch mit einer Bahnverbindung, die auf 25 Kilometern nur neun Haltepunkte, im Teilstück Gütersloh–Verl sogar nur sechs Haltepunkte hat, besser ausfallen? Zumal an den Haltepunkten aus Platzgründen kein ausreichendes Park-and-Ride möglich ist, auch Fahrradstellplätze sind dort Mangelware. Lesen Sie auch: Deutliche Kritik an Kostenexplosion bei TWE-Reaktivierung im Kreis Gütersloh Eine Reaktivierung der Strecke wäre nur sinnvoll, würde sie über Harsewinkel hinaus bis Versmold reichen (was die Politik aus Kostengründen ablehnt) und vor allem über Verl hinaus bis Hövelhof – mit Anschluss nach Paderborn. Doch von diesen Plänen hört man nichts mehr. Es gibt zu viele Unbekannte: Die Zahl der prognostizierten Fahrgäste von täglich 3.100 ist ebenso wenig überzeugend wie die gesamte Kostenrechnung, die derzeit von Investitionen von 110 (statt ursprünglich 34,5) Millionen Euro ausgeht – ohne die zu erwartenden Millionen für Mobilstationen und Züge. TWE-Strecke stattdessen als Radschnellweg? Die TWE-Strecke soll eine attraktive und umweltfreundliche Nahverkehrsalternative zum überhandnehmenden motorisierten Individualverkehr sein. Das Potenzial dazu hätte sie – allerdings als Radschnellweg. Die Idee ist nicht neu, aber attraktiver denn je. Die Einwände dazu sind altbekannt: Man sei schon seit Jahren in der Planung. Außerdem sei die Strecke in regionalen und kommunalen Plänen als Schienenweg dargestellt, heißt es. Lesen Sie auch: Gütersloher Unternehmen wird verkauft - möglicher Käufer auch auf beliebter Insel aktiv Doch lässt sich so etwas bei gutem politischem Willen nicht auch rückgängig machen? Klar, das ist langwierig. Aber das ist die Reaktivierung der TWE-Strecke doch auch. Wäre es nicht toll, wenn es endlich eine zumutbare Radverbindung zwischen Verl und Gütersloh gäbe? Das wäre doch eine ernsthafte Prüfung wert. Der Bund würde sich bei einem Radschnellweg sogar zu 75 Prozent an den Kosten für die Planung und den Bau beteiligen. Also reißt die Schienen raus, packt den Schnellradweg drauf. Alles andere ist vorsätzliche Steuerverschwendung.

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