Wie geht es an Weihnachten in der JVA-Außenstelle im Kreis Gütersloh zu?

Verl. An den letzten Tagen vor dem Fest ist die Anspannung besonders groß. &bdquo;Offener Vollzug im Lockdown fühlt sich an wie geschlossener Vollzug", sagt Oliver. Wird es den ersehnten Freigang über die Weihnachtsfeiertage geben? Für Oliver ist es das vierte Weihnachtsfest im Gefängnis, das dritte in der Außenstelle Verl der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne. Wegen Betrugs sitzt er seit 2017 in Haft. Weihnachten 2018 erlebte er in Brackwede, noch im geschlossenen Vollzug. &bdquo;Da kriegst du den Christstollen gereicht, dann geht die Tür wieder zu. Das war’s." 2019 waren für ihn die Haftbedingungen auch noch nicht gelockert. &bdquo;Aber irgendwie war die Weihnachtsfeier schön." Im großen Sportraum des Gefängnisses am Dalkeweg wurden an einem der beiden Feiertage die Tische zusammengerückt, die Küche hatte alles gegeben und ein großes Buffet aufgebaut. Alle, die über Weihnachten keinen Urlaub erhalten hatten, kamen hier zusammen. Vertreter des Kirchenkreises waren zu Besuch. Es wurde miteinander gespielt und gesprochen. Viel gesprochen. &bdquo;Für mich war das eine ganz neue Situation, wieder einen Weihnachtsbaum zu sehen." 2020 fiel die Weihnachtsfeier aus. Wegen Corona. Lesen Sie auch:Gerade aus dem Gefängnis entlassen - und schon übers Ohr gehauen "Da beginnt der 24. mit Kopfschmerzen" Wer überhaupt Hafturlaub erhielt, der erlebte ihn unter Corona-Bedingungen. Für Oliver gab es wieder ein Weihnachten mit der Lebensgefährtin und den Kindern. Aber auch dieses Fest fühlte sich einsam an. Wegen der Pandemie musste im ganz kleinen Kreis gefeiert werden, &bdquo;keine Freunde, keine Omas, kein gar nichts". Und ab dem 28., das stand da bereits fest, galt für das gesamte Gefängnis wieder der Lockdown. Und in diesem Jahr? Geplant sei es, dass 15 Langzeitausgänger zur Weihnachtszeit die derzeit mit 50 Häftlingen belegte Außenstelle der JVA Bielefeld-Senne über die Feiertage verlassen können, sagt Bereichsleiter Jörg Glang. &bdquo;Vorbehaltlich anderer politischer Entscheidungen." Die können noch ganz kurzfristig Heiligabend getroffen werden. Für die Häftlinge fühlt sich das &bdquo;echt Scheiße" an, sagt Ali, der im vergangenen Jahr in Verl sein erstes Weihnachten ohne Familie erlebte. &bdquo;Da beginnt der 24. mit Kopfschmerzen." Bleiben muss, wer nicht vollständig geimpft ist Bleiben muss in jedem Fall, wer nicht vollständig gegen das Corona-Virus geimpft ist. Und wer noch nicht die vier vollzugsöffnenden Prüfungsschritte hinter sich hat: erst der Ausgang mit Angehörigen, dann Abwesenheiten von 12 Stunden, später von 20 Stunden, dann Urlaub für mehr als einen Tag. Wie schon im vergangenen Jahr wird es für sie keine Weihnachtsfeier mit den Besuchern des Kirchenkreises im Sportraum geben. Mit der Weihnachtsstimmung ist es hier sowieso so eine Sache. In der Eingangshalle im Erdgeschoss steht ein von Häftlingen mit verspiegelten Glaskugeln geschmückter Tannenbaum. Links daneben hängt an der Wand der Zigarettenautomat, rechts überstrahlt mit kalt-weißem Licht der Schrank für Süßigkeiten und Snacks die vielen kleinen Lämpchen der Lichterkette – von heimeliger Stimmung wie im eigenen Wohnzimmer keine Spur. Die Geschenkpakete unter dem Baum sind Deko. Denn Geschenke gibt es in der Haftanstalt nicht. Für die Bedürftigen unter den Gefangenen hat Jörg Glang &bdquo;fünf Päckchen Tabak und mal ein bisschen Kaffee" zu verteilen. &bdquo;Kleinigkeiten bloß. Ist nur eine Aufmerksamkeit." "Heiligabend telefonierst du die Karte komplett leer" Der Bereichsleiter kennt diese Weihnachtstage im Gefängnis seit Jahren. &bdquo;2019 war’s erheblich entspannter als im vergangenen Jahr. Über Weihnachten kann anders miteinander gesprochen werden, als wenn jeder im Haus bleiben muss." Überhaupt herrsche an den Feiertagen ein ganz anderes Redebedürfnis. Die meisten hier sind noch keine 30 Jahre alt und sitzen für Straftaten bis zum Raub ein. Harte Kerle, im Gefängnis-Alltag zumindest nach außen hin. Doch zu Weihnachten ändert sich oft das Bild. &bdquo;Du denkst viel darüber nach, dass du Mist gebaut hast. Und Heiligabend stehst du in der Telefonzelle und telefonierst die Karte komplett leer", sagt Ali, der Weihnachten 2020 in der Haftanstalt immerhin Besuch bekommen konnte. Hinter einer Trennscheibe, mit Maske, ohne Berührung. Und nur für eine Stunde, damit alle an die Reihe kommen konnten. Am Telefon wird Schluss gemacht – oft an Heiligabend Zu Weihnachten fließen bei den vermeintlich harten Kerlen häufig Tränen. &bdquo;Oft wird an diesen Tagen am Telefon Schluss gemacht", sagt Glang. Dann fällt draußen im Umfeld der Familien auf, dass der Mann wirklich nicht auf Montage ist. Den Kindern ist nicht zu erklären, wieso überall der Papa nach Hause kommt, nur nicht der eigene. Häufig halten das die Familien gerade zu Weihnachten nicht länger aus. Die Beziehung zerbricht. Bei den Insassen versuchen das Sozialarbeiter und Psychologen aufzufangen oder einer der im Strafvollzug angestellten Gefängnispfarrer. In den Tagen vor dem zweiten Weihnachtsfest unter Corona-Bedingungen steigt die Nervosität unter den Gefangenen. &bdquo;Alle haben Angst, nicht nach Hause zu dürfen", sagt Ali, den seine Mithäftlinge zum Sprecher der Gefangenenmitverwaltung gewählt haben. Und alle haben Angst vor dem Virus, ergänzt Oliver. Ist das im Haus, ist es vorbei mit dem offenen Vollzug. Dann kann auch niemand, der sie hat, einer Arbeit außerhalb der Haftanstalt nachgehen. &bdquo;Arbeit ist hier relativ wichtig. Ich hatte schon wunde Hände vom ewigen Desinfizieren." Die Häftlinge geben sich deshalb sehr viel Mühe, sagt Jörg Glang. Sie lebten gemäß dem Motto: &bdquo;Sagt uns die Regeln, wir machen alles, dass wir hier wieder raus können." Eine Infektion hat es laut dem Bereichsleiter im Haus deshalb in 21 Monaten Pandemie nicht gegeben.

Meistgelesen