Besondere Nachbarn im Kreis Gütersloh: Diese Dauercamper unterstützen sich gegenseitig

Schloß Holte-Stukenbrock. Wer nur ein paar Tage auf einem Campingplatz verbringt, im Grunde nur zum Schlafen ins Zelt krabbelt oder ins Wohnmobil steigt und tagsüber Ausflüge unternimmt, dem ist die kurzzeitige Nachbarschaft vielleicht gleichgültig. Wer aber einen Stellplatz bucht und es sich als Dauercamper darauf an den Wochenenden – für Jahre oder sogar Jahrzehnte – wohnlich macht, der will und muss auch mit seinen Nachbarn gut auskommen. Der Aufenthalt soll ja schließlich Urlaub und Erholung sein. Dauergäste des Campingplatzes &bdquo;Am Furlbach“ erzählen, was gute Nachbarschaft ausmacht und welche Camper-Typen gar nicht gehen. Bärbel Schaeg ist 81 Jahre alt und lebt in Hamm. Seit 1988 verbringt sie ihre Freizeit regelmäßig auf dem Campingplatz in Stukenbrock-Senne. Anfangs mit ihrem Mann. Doch 1999 ereignete ein folgenreicher Verkehrsunfall, bei dem ihr Mann tödlich verunglückte. Ausgerechnet auf der Fahrt zum Campingplatz. Bärbel Schaeg überlegte, ob sie wiederkommen sollte. Allein. Trotz aller Erinnerungen. Ihre Kinder hätten sie darin bestärkt, sagt sie. &bdquo;Die ersten Jahre war es schon manchmal schwierig“, sagt Bärbel Schaeg. Aber sie hat hier Freundschaften geschlossen, die sie trösteten und stärkten und bis heute halten. Vor allem mit ihrer (mittlerweile) direkten Nachbarin Birgit Bossdorf (70) pflegt sie ein sehr gutes Verhältnis. Fast den ganzen Sommer verbringt Bärbel Schaeg am Furlbach. Die Frauen sitzen mal hüben mal drüben vor dem Wohnwagen mit Vorzelt und gönnen sich ihr Fläschchen Piccolo. Und inzwischen hat Bärbel Schaegs Tochter den Stellplatz auf der anderen Seite in gemietet. Hier leben sie temporär wieder Seite an Seite. Wer vorbeikommt, kann einen mittrinken und schnacken Birgit Bossdorf lässt sich meist am Wochenende von ihrem Mann von Bielefeld-Stieghorst nach Stukenbrock-Senne bringen. Er selbst kann mit Camping nicht viel anfangen und fährt wieder nach Hause. Für seine Frau beginnt dann die Wohlfühlzeit. Füße hoch und ein Glas Sekt trinken. An ihrem Tisch stehen immer mehrere Stühle, sagt sie, wer gerade vorbeikommt kann sich setzen, einen mittrinken und schnacken. Elisabeth (83) und Werner (84) Biniok aus Bielefeld-Brackwede kommen schon seit 46 Jahren auf diesen Campingplatz. Sie kennen einige Gäste, die bereits als Kinder hierhin kamen und nun ihre eigenen Kinder mitbringen. Warum immer an den Furlbach? Schon nach einer kurzen Fahrt beginne der Urlaub. Sobald der Schlagbaum hochgeht, sei der Alltag vergessen, sagt Elisabeth Biniok. Angefangen hat es damit, dass die Familie keinen Garten hatte und schnell ins Grüne wollte. Jetzt kommen die Senioren meist an den Wochenenden. Sie haben den Wandel des Campingplatzes miterlebt und sagen knapp: &bdquo;Es ist immer netter geworden.“ Sich selbst bezeichnet das Ehepaar als eher zurückhaltend und deswegen lerne es gar nicht so viele Gäste besser kennen. Mit Familie Lofthus hat es beim Scheunenball 2015 aber sozusagen gefunkt. &bdquo;Das könnten unsere Kinder sein“, schwärmt Elisabeth Biniok. Wer neu dazukommt, sollte sich vorstellen, finden die Dauercamper Margreta (61) und Paul (62) Lofthus aus Lippetal haben vor etwa zehn Jahren zum ersten Mal mit ihren Enkeln hier gezeltet, weil die Kinder ins Safariland wollten. Da sie sich auf Anhieb hier wohlfühlten, mieteten sie später einen Wohnwagenstellplatz. Den kleinen Vorgarten haben sie sich schön gemacht. Unter anderem mit einem Strandkorb als Lese- und Kuschelecke. Doch was ist das besondere am Camping? &bdquo;Es gibt hier keinen Herrn Professor oder Herrn Doktor“, sagt Werner Biniok, &bdquo;man ist einfach Werner und Paul.“ Du ist die übliche Anrede. Wer neu hinzukommt, sollte sich den Nachbarn erst einmal ordentlich vorstellen, darin sind sich alle Dauercamper einig. Ob man dann tatsächlich Zeit miteinander verbringt, sich gegenseitig einlädt, das sei jedem selbst überlassen. Das Beste sei aber die überwiegende Freundlichkeit und die Hilfsbereitschaft der Gäste untereinander. &bdquo;Als wir eine neue Hecke gepflanzt haben, musste die ständig gegossen werden. Als wir nicht da waren, haben das selbstverständlich die Nachbarn übernommen“, sagt Elisabeth Biniok. Ihr Mann Werner ergänzt: &bdquo;Wenn man jemanden fragt, kriegt man auch eine Antwort. Man unterstützt sich gegenseitig.“ Sei es mit Werkzeug oder mit Hilfsdiensten wie Rasenmähen oder etwas aus dem Supermarkt mitbringen. Das kommt bei den Dauercampern gar nicht gut an Die meisten Camper lerne man beim Geschirrspülen kennen, sagt Paul Lofthus, der auf dem Campingplatz bekannt dafür ist, verschiedene Fahnen zu hissen. Meist von Ländern die er mit seiner Frau schon bereist hat. Zur Krönung von König Charles III. ließ der Brite natürlich den Union Jack wehen. Was in der Camping-Nachbarschaft gar nicht gut ankommt: Wer aus seinem riesigen Wohnmobil hochnäsig auf andere herabschaut, bei mehr als 30 Grad Celsius als erstes den Kohlegrill anfeuert, Pediküre auf dem Außenesstisch betreibt oder es mit dem Lärm übertreibt. Aber: Es sei erst sehr selten vorgekommen, dass Platzchefin Annette Auster-Müller einschreiten und einen Platzverweis aussprechen musste.

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