Anwohner verklagen Stadt wegen zu lautem Schützenfest

Rietberg. Im Sommer 2011 sind die Neuenkirchener Grünröcke mit ihrem Schützenfest von dem etwas abgelegenen Festplatz an der Markenstraße auf den zentralen Marktplatz umgezogen. Der Wechsel in die Dorfmitte ließ die zuletzt mageren Besucherzahlen wieder steigen. Die Nachbarn aber litten unter der mit dem Fest verbundenen Lärmbelästigung. Seit Januar 2018 liefern sich vier Anwohner mit der Stadt als Genehmigungsbehörde einen Rechtsstreit, der im August vergangenen Jahres aus formalen Gründen erstinstanzlich abgewiesen wurde und nun, am 21. Oktober, vor dem Verwaltungsgericht Minden verhandelt werden soll. Schutzbedürfnis der Nachbarn? Im August hatte das Gericht darauf hingewiesen, dass bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung im Einzelfall das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung des Festes und das Schutzbedürfnis der Nachbarn gegeneinander abgewogen werden müssen. es hatte der Stadt empfohlen, künftig genau zu prüfen, ob Anwohnern eine Immissionsbelastung von 65 Dezibel bis 5 Uhr morgens – so die bisherige Regelung – zugemutet werden könne. Ralf Bergmeier, Brudermeister der Neuenkirchener St.-Hubertusschützen, möchte zu dem schwebenden Gerichtsverfahren und auch auf Nachfrage der NW, ob er sich für die Verhandlung gut gewappnet sieht und welche Konsequenzen eine Niederlage vor Gericht für den Verein hätte, keine Stellungnahme abgeben. Erhöhte Zahl der seltenen Veranstaltungen Die 2016 vorgenommene Novellierung des NRW-Freizeitlärmerlasses gestattet den Kommunen bei der Genehmigung von Veranstaltungen mehr Flexibilität und lässt für Feste der Brauchtumspflege Ausnahmen zu; gegebenenfalls mit entsprechenden Auflagen zum Schutz der Anwohner. Zentraler Punkt der Novelle ist die erhöhte Zahl der so genannten seltenen Veranstaltungen, bei denen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte zugelassen ist: von zehn auf achtzehn Tage im Jahr, an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden. An diesen 18 Tagen dürfen die gültigen Grenzwerte – nachts 45 Dezibel, tagsüber innerhalb der Ruhezeiten 55 Dezibel, außerhalb der Ruhezeiten 60 Dezibel – tagsüber um maximal 20 und nachts um nicht mehr als zehn Dezibel überschritten werden. Deutliche Reduzierung der Lärmbelastung nach 22 Uhr &bdquo;Die Immissionsrichtwerte sind jedoch nicht abschließend”, heißt es in einer Ausnahmeregelung für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen. Ausnahmen sind aber nur dann genehmigungsfähig, wenn zumutbare technische und organisatorische Maßnahmen zum Lärmschutz der Anwohner getroffen werden. Dabei sind gegebenenfalls auch alternative Standorte zu prüfen. Und: &bdquo;Bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung soll in der Regel eine deutliche Reduzierung der Lärmbelastung nach 22 Uhr gefordert werden, soweit dies technisch und organisatorisch möglich ist, ohne den Charakter der Veranstaltung zu verändern. Des Weiteren soll die Ausnahme bei einer mehrtägigen Veranstaltung im Durchschnitt nicht über 24 Uhr hinaus erteilt werden", ist in der Ausnahmeregelung nachzulesen. "Das historische Schützenwesen gehört zu dem immateriellen Weltkulturerbe" Bei der Abwägung des Interesses der Allgemeinheit mit dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft können im Zuge der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auch historische, kulturelle oder sonst sozialgewichtige Grundlagen eine Rolle spielen. Hermann-Josef Pierenkemper, Justiziar des Bundesverbands der historischen deutschen Schützenbruderschaften, fordert deshalb, der Begründung des Feierantrags mehr Aufmerksamkeit zu schenken. &bdquo;Das historische Schützenwesen gehört zu dem immateriellen Weltkulturerbe. Ich habe noch keinen Antrag gesehen, in dem das aufgegriffen worden ist", sagte der Rheda-Wiedenbrücker, und selbst Mitglied des St. Sebastian Bürgerschützevereins, gegenüber Vertretern der Schützenvereine und Ordnungsämter Anfang des Jahres im Kreishaus Gütersloh. Aber gerade die gemeinschaftsfördernde Tradition unterscheide ein Schützenfest von einer normalen Party.

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