
Bielefeld. „Die Milser Straße unterscheidet sich in keiner Weise von Hunderten anderer Straßen in Bielefeld. Trotzdem wurde dort eine aufwendige und kostspielige Untersuchung durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass eine Reduzierung der Geschwindigkeit angeordnet wurde“, sagt Gerhard Meyer. Die Anordnung mit dem Zusatzschild „Lärmschutz“ gilt für eine 300 Meter lange Strecke. Unweit der Kirche befinden sich dort rund zehn Doppelhäuser sowie ein Dutzend Ein- und Zweifamilienhäuser.
„Wir waren vollkommen überrascht, dass es an der Stelle eine Gesetzesänderung gegeben hat“, sagt Bezirksbürgermeister Holm Sternbacher (SPD). Die Politikerinnen und Politiker hätten eine neue Regelung an der Stelle nicht für notwendig gehalten. „Da gibt es andere Straßen, wo es nötiger wäre, wie beispielsweise an der Elverdisser Straße“, sagt Sternbacher.
Auf Nachfrage beim Amt für Verkehr habe sich herausgestellt, dass es Beschwerden von Anwohnern gegeben habe. Daraufhin habe die Behörde im Februar mitgeteilt, dass ein „Anspruch auf straßenbehördliches Einschreiten“ nicht die „Überschreitung bestimmter Grenzwerte“ voraussetze.
Grenzwerte für Lärmbelastung nicht überschritten
Es komme darauf an, ob der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringe, die jenseits dessen liegen würden, was als ortsüblich hingenommen werden müsse und zumutbar sei. Zwischen Herforder Straße und Sandbrink habe eine Lärmprüfung stattgefunden, an der Milser Straße 1-25. Dafür seien exemplarisch vier Häuser ausgewählt worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass durch die Geschwindigkeitsreduzierung je nach Tageszeit eine Senkung des Lärmpegels von 1,8 bis 2,7 Dezibel erzielt werden könne.
Der untersuchte Abschnitt liegt in einem allgemeinen Wohngebiet. Nach den Lärmschutz-Richtlinien kommen laut Amt für Verkehr „straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen in allgemeinen Wohngebieten insbesondere in Betracht, wenn die Beurteilungspegel die Richtwerte“ von 70 Dezibel (tagsüber) und 60 Dezibel (nachts) überschreiten. Diese Grenzwertrichtlinien werden an der untersuchten Strecke jedoch nicht überschritten, räumt die Behörde ein.

Trotzdem könne Tempo 30 angeordnet werden, wenn der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringe, „die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden muss und zumutbar ist.“ Dabei müsse immer der Einzelfall untersucht werden.
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Anordnung ist für Bielefelder „unlogisch“
Für Gerhard Meyer ist die Anordnung „unlogisch“, obwohl er betont, dass er jedem Menschen „seine Ruhe“ gönne. Dass der Kindergarten nicht in die Regelung mit einbezogen ist, verblüfft ihn jedoch: „Der ist etwa 100 Meter vom Schild entfernt.“ Allerdings befinde sich der Eingang der Einrichtung nicht an der Milser Straße. Inzwischen gebe es im Ort „keine Straße mehr, die nicht geschwindigkeitsreduziert ist“, berichtet der frühere Geschäftsführer einer Stiftung, dessen Geburtshaus in Milse steht.
Der Rentner versteht nicht, warum trotz der Messergebnisse, die keinen Handlungszwang ergeben hätten, trotzdem Maßnahmen eingeleitet worden seien: „Was wäre, wenn jetzt alle Anlieger an Durchgangsstraßen im Rahmen der Gleichbehandlung eine Messung und entsprechende Maßnahmen verlangen würden?“

Laut Amt für Verkehr wird die Milser Straße im untersuchten Teilabschnitt täglich von 10.130 Fahrzeugen genutzt, der Schwerlastverkehr liegt bei 4,34 Prozent (über 3,5 Tonnen). Holm Sternbacher geht davon aus, dass die Belastung zurückgeht, wenn die L712n kommt. Über den Bau wurde in den vergangenen Jahren heftig diskutiert. Ziel ist, dass der Verkehr aus Lippe und Herford nicht mehr über die Altenhagener- und Milser Straße in Richtung Bielefeld führen soll.
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