Freibad-Sprungturm im Kreis Gütersloh vor dem Aus – sogar TV-Teams bei Rettungsaktion

Rheda-Wiedenbrück. Schlag auf Schlag sprangen Badegäste vom Dreimeierturm im Freibad Wiedenbrück. Um 11 Uhr machte Tiefbauamtsleiter Michael Duhme den Anfang mit einem Köpper, um 13.08 Uhr waren es bereits 600 Sprünge, da war Free Style angesagt. Um 13.27 Uhr wurden 700 Sprünge gezählt und um 14.28 Uhr war die 1.000 voll. Zu dem Praxistest &bdquo;Wir retten den Turm“ hatte Bürgermeister Theo Mettenborg eingeladen. Gutachter der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) hatten befunden, dass die Sprunggrube nach aktueller DIN-Norm acht Zentimeter zu flach ist und der Dreier darum geschlossen werden muss - obwohl dort in den vergangenen 20 Jahren nichts passiert war. Um die Sicherheit zu beweisen, gab es zum Start in die Wiedenbrücker Badesaison die Tauglichkeitsprüfung. Die Besucher waren durchweg positiv gestimmt. Einige kamen, um zu schwimmen. Viele andere freuten sich auf das Sprung-Spekatel - als Aktive oder als Zuschauer. Die applaudierten, wenn ein besonderer Sprung dabei war oder eine &bdquo;Arschbombe“ das Wasser meterhoch spritzen ließ. 1.000 Gäste verkündete Andreas Rommel um 13.55 Uhr über die Lautsprecheranlage des Freibades. Der Vorsitzende des Fördervereins Freibad Wiedenbrück informierte launig den ganzen Tag über Publikum und die Sportler. Leistungssportler treten an Die Anzahl der Springer erfasste am Fuß des Dreimeter-Turms Matthias Goerke, Leiter der hauptamtlichen Wache. Auf einer Bank und mit vielen Listen auf dem Schoß machten sich Christoph Pierenkemper von der DLRG und Christoph Krahn Notizen zu jedem Sprung. &bdquo;Hier wird alles dokumentiert“, sagte der erste Beigeordnete. Auch sie bekamen eine Abkühlung, als ein Springer für hohe Wasserfontänen sorgte. Unter Wasser schauten und filmten Taucher der DLRG, wie tief die Springer an den Boden kommen, besonders als vier Leistungssportler des Stützpunktes Münster den Dreier bestiegen. Dabei waren Kilian Hildmann, amtierender NRW-Meister im Wasserspringen, sowie der 14-jährige Luca Braun. Sie zeigten tolle Figuren, etwa einen Auerbachsalto. Stützungspunktleiter Stefan Nitsche erklärte die Sprünge übers Mikro. Er betonte, dass die Wasserspringer im Training ebenfalls nur eine Wassertiefe von 3,70 Meter haben. Nähmen sie vorher Schwung nehmen und federten stark, könnten sie den Boden schon mal berühren, aber eben &bdquo;nur berühren“. Spannend nannte die Aktion Markus Braun. Er ist seit den 70er Jahren Wasserspringer und war Mitglied der deutschen Nationalmannschaft. Er sprach von einer zweifelhaften Normierung und sieht in der Wiedenbrücker Anlage &bdquo;keine reale Gefahr“. Für das &bdquo;sehr attraktive Freibad“ sei es wichtig, den Turm zu erhalten. Der biete andere sportliche Möglichkeiten als Schwimmen. Braun sprach von &bdquo;zu kleinlichen Vorschriften“ und dass andernorts &bdquo;schon genug Bäder schließen“. Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Vorschrift Lukas Huneke ist als Kind schon vom Dreier gesprungen und machte auch Sonntag eine gute Figur auf dem Brett. &bdquo;Die Aktion ist eine richtig gute Idee und deshalb bin ich der Einladung des Bürgermeisters gefolgt. Nicht alles, was Vorschrift ist, ist auch sinnvoll“, meinte er. Darüber, dass sie so viele Menschen für den Sprungturm engagierten, freute sich Theo Mettenborg außerordentlich. Benedikt Helmdach sprang als 1.000ter vom Dreier und fand das megacool. Der Zwölfjährige aus Wiedenbrücker ist gerne im Freibad und war glücklich, dass er zu denjenigen gehörte, die den Sprungturm möglicherweise retten. Ob das gelungen ist, ist offen. Erst einmal bleibt der Dreier geschlossen. Am Mittwoch hatte der Bürgermeister ein Schreiben von der DGfdB bekommen, in dem die ihre Empfehlung für die Sperrung des Turms begründet. Sie verweist auf haftungs- und strafrechtliche Aspekte. Geschehe ein Unfall, müsse die Stadt als Betreiberin der Einrichtung nachweisen, dass nicht die fehlenden acht Zentimeter in der Sprunggrube dafür ursächlich waren, informierte Mettenborg. Gleichzeitig werde auch deutlich, dass die DIN Gefährdungsbeurteilungen vorsieht. Sprungbrett ist bereits versteift worden Das alles werde nun juristisch bewertet. Zudem werden Filme, Fotos und Dokumentationen ausgewertet. Stadtsprecher Martin Pollklas weist auch darauf hin, dass das Sprungbrett bereits so versteift wurde, dass nur noch eine geringe Sprunghöhe erreichbar sei. Auch das fließe in die Bewertung ein. Eine sechsköpfige Kommission beurteilt, ob der Praxistest gelungen ist. &bdquo;Ende der Woche werden wir wohl eine erste Einschätzung vornehmen können“, so Pollklas. Geprüft wird auch, ob durch organisatorische Maßnehmen der Sprungturm in dieser Badesaison geöffnet werden kann. Das könnte etwa eine Aufsichtsperson ein, die an der Sprunggrube die Badegäste informiert, welche Sprungtechniken zugelassen sind. Und nach der Badesaison im September werde geschaut, ob der Dreier doch umgebaut wird oder die Sprunggrube um acht Zentimeter vertieft wird, sagte der Bürgermeister.

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