Traum vom Eigenheim wird zum Albtraum - junge Familie zieht vor Gericht

Rheda-Wiedenbrück. Denkt Daniel Pohlmann an seinen Traum vom Eigenheim, dann hat er Magenschmerzen. Seit fast zwei Jahren verhandeln er und seine Frau über den Bau eines Einfamilienhauses am Burgweg. Inzwischen ist nicht nur viel Zeit vergangen. "Wir haben auch Geld verloren und Nerven", sagt Pia Breimann. Dabei klang alles so einfach: Die Eltern der 30-Jährigen haben ein fast 1.000 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem ihr Haus steht. Im großen Garten, so die Idee, könnte die junge Familie in zweiter Reihe bauen. "Bei den aktuellen Grundstückspreisen sparen wir rund 200.000 Euro", sagt Daniel Pohlmann. Er weiß, dass nur 30 Prozent der Fläche versiegelt werden dürfen. Dieser Wert würde bei einer Teilung des Grundstücks auch eingehalten - sowohl für das Bestandsgebäude als auch für den Neubau. Also stellte der Elektrotechnikmeister, der bei Beckhoff in Verl arbeitet, in Eigenregie eine Bauvoranfrage bei der Stadt Rheda-Wiedenbrück. Die wurde abgelehnt, "weil sie zeichnerisch nicht alles beinhaltete, was wichtig gewesen wäre". Dafür hatte das Paar Verständnis. "Wir wollten der Stadt die Arbeit erleichtern" Es wandte sich an einen ortsansässigen Architekten, der das Haus plante und die Bauvoranfrage im Dezember 2020 im Rathaus einreichte. Auf seinen Rat hin hatte das Paar zuvor von den direkten Nachbarn Unterschriften gesammelt, die bezeugen, dass sie nichts gegen das Bauvorhaben haben. "Das war zwar nicht nötig, aber wir wollten der Stadt die Arbeit erleichtern", sagt Breimann. Doch im März gab es von der Fachverwaltung erneut eine Ablehnung, mit der Begründung, "dass der Neubau optisch nicht in das Gesamtbild passen würde", erzählt Pohlmann. Auch da ließ er sich nicht entmutigen, signalisierte mit seinem Architekten in einem Gespräch am 1. Juni 2021 der Stadt Kompromissbereitschaft. Erneut erfolglos, wie das Paar im Juli 2021 erfuhr. Die Stadt argumentierte, dass es für das Grundstück keinen Bebauungsplan gebe. Der bestehende umfasse nur das Wohnhaus der Schwiegereltern. Das sei damals so geregelt worden, damit die Häuser in einer Reihe errichtet werden. Damit gelte jetzt Paragraf 34 Baugesetzbuch, eine Genehmigung wäre Ermessenssache, hat Pohlmann recherchiert. Er zitiert weitere Ablehnungsgründe der Stadt: Erneut gehe es um die Optik und dass es in der Nachbarschaft am Burgweg kein Vorbild für ein Bauen in zweiter Reihe gebe. Was nicht stimmt, wie Pohlmann auf einem Plan des Katasteramtes der Stadt Rheda-Wiedenbrück zeigt. "Der ist der Verwaltung offenbar nicht bekannt." Vis-à-vis seiner Schwiegereltern wurde 2019 sichtbar ein Einfamilienhaus in zweiter Reihe errichtet. "Ab da bekamen wir freundliche Anrufe" Mit der Ablehnung kam aus dem Rathaus der Bescheid, dass keine Widersprüche mehr möglich seien. Das Paar könne nur noch den Klageweg beschreiten. "Da haben wir uns verschaukelt gefühlt", sagt Pohlmann. Die Zuständigkeiten im Rathaus hätten ständig gewechselt "und wir haben immer wieder andere Argumente gehört und gelesen", verweist das Paar auf unzählige Telefonate und E-Mails. Es konsultierte einen Fachanwalt. Der beurteilte ihre Lage und übernahm ihren Fall, weil er siegessicher sei. Fristwahrend reichte der Jurist Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Minden ein. "Ab da bekamen wir immer wieder freundliche Anrufe von der Sekretärin des Bürgermeisters", berichtet Pohlmann. Die junge Familie folgte, begleitet von ihrem Anwalt, erneut einer Einladung ins Rathaus, zu Theo Mettenborg. Bei dem Gespräch, an dem auch die Stadtplanung teilnahm, "gab es nur noch ein Argument gegen unser Bauvorhaben, nämlich, dass die andere Seite des Burgwegs nicht prägend wäre für das, was hier passiert", spricht der 30-Jährige von einer "trennenden Wirkung der Straße". Als solche würden beispielsweise Autobahnen bezeichnet, aber nicht der Burgweg. Der Anwalt der Familie indes meint, dass der Burgweg das Gebiet nicht trennt. Auch für das Paar sei erlaubt, was auf der anderen Straßenseite genehmigt wurde. Für die Familie war es eine "Überraschung", als Mettenborg informiert habe, durch externe Juristen prüfen zu lassen, ob der Burgweg nun prägend sei oder nicht. "Der Bürgermeister sagte, dass, wenn unsere Chancen vor Gericht höher wären, wir eine Bauzusage bekämen, sonst nicht." Der Anwalt des Paares bat daraufhin um eine Fristverlängerung beim VG. Die Klage reichte er dann am 27. Dezember 2021 ein, nachdem die Stadt am 2. Dezember erneut eine Ablehnung geschickt hatte. Dauern könne es ein Jahr, bis es zur Verhandlung komme. "Jetzt schon bei rund 100.000 Euro plus" "Ab da bekamen wir immer wieder freundliche Anrufe von der Sekretärin des Bürgermeisters", berichtet Pohlman. "Wir wurden gebeten, einen Antrag auf Einleitung eines Bauleitplanverfahrens zu stellen." Dem Paar wurde mitgeteilt, dass der Bürgermeister alles tun wolle, um den Eigenheimbau zu ermöglichen. Einfluss aber habe er nicht, die Politik entscheide, wurde auf die Sitzung des Ausschusses für Bauen und Stadtentwicklung am 5. Mai verwiesen. Dort wurde der "Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplanes im Bereich des Burgwegs" wegen des laufenden Gerichtsverfahrens von der Tagesordnung genommen. Am 25. Mai kam ein weiterer Anruf aus dem Bürgermeister-Sekretariat: Das Thema soll am 13. Juni im Stadtrat behandelt werden. Zwischendurch fragte zudem die Stadtplanung, "ob wir unsere Pläne wirklich weiterverfolgen wollen". Das Paar hat darauf eine klare Antwort: Ja. Dabei wird der Traum vom Eigenheim immer teurer. Es sind nicht nur die steigenden Kosten für Baumaterial und Benzin, die auf sie zukommen, sondern auch das Anwaltshonorar, eventuelle Ausgaben für die Gerichtsverhandlung, weiterlaufende Mietzahlungen, der Wegfall einer KfW-40-Förderung und steigende Kreditzinsen. "Wir sind jetzt schon bei rund 100.000 Euro plus", sagen die 30-Jährigen. Gefürchtet hätten sie eigentlich die Finanzierungsfrage, als sie über den Hausbau nachdachten. Da lief alles glatt, "da waren wir echt happy". Unglücklich macht das Paar nun die Stadt. Das spricht auch von Auswirkungen der Hängepartie auf seinen Alltag: Soll der 14 Monate alte Luis in einer Kita in Rheda-Wiedenbrück oder in Verl, wo die Familie wohnt, angemeldet werden? Wie sollen Pohlmann und Breimann ihre Arbeitswege nach Verl und Bielefeld, wo Breimann als Sozialversicherungsfachangestellte tätig ist, planen? "Wir fühlen uns willkürlich behandelt", sagt Breimann. Von der Stadt heiße es immer wieder, dass gerade jungen Familien das Bauen erleichtert werden soll, auch auf Nachverdichtung werde gesetzt. In ihrem Fall aber trifft das offenbar nicht zu.

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