Streit um Acker als Bauland für Wohnhäuser im Kreis Gütersloh entbrannt

Rheda-Wiedenbrück. Rund 38.000 Quadratmeter misst die Fläche, die südlich an der A2 und entlang der Straße Dianalust liegt. Bislang wurde das Grundstück landwirtschaftlich genutzt. Nun beantragt ein Investor die Aufstellung eines Bebauungsplanes, um dort Wohnhäuser errichten zu können. Wie indes Baugrundstücke vergeben werden sollen, darüber herrschte im Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung Uneinigkeit. Grundsätzlich sei es die Aufgabe der Stadt, Flächen zu kaufen, "um aus Ackerland Bauland zu machen" und es zu Preisen, die normale Haushalte sich leisten könnten, zu veräußern, sagte Andreas Gernhold, Move. Die Stadt müsse den Markt regulieren, das hätten Experten, die im nicht-öffentlich tagenden "Arbeitskreis Wohnen" referiert hätten, unisono erklärt. Werde vormals landwirtschaftlich genutzte Fläche nicht an die Stadt verkauft, "dann bleibt es eben ein Acker", so Gernhold. Darum lehne seine Fraktion den Verwaltungsvorschlag ab. "Die Verwaltung arbeitet gerne mit dem Investor zusammen" Stephan Pfeffer, Technischer Beigeordneter, hatte den Parlamentariern empfohlen, für die Änderung des Flächennutzungsplanes - aus einer Fläche für Landwirtschaft wird Wohnbaufläche - sowie die Aufstellung des Bebauungsplanes ein externes Planungsbüro zu beauftragen. Der Antragsteller solle das bezahlen, "da es sich bei der Änderung um ein rein privates Interesse handelt". Der Investor plane einen Mix aus Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern sowie einen Bereich für Genossenschaftsbau. Realisiert werden sollten zudem eine Kita und ein öffentlicher Spielplatz. Pfeffer sagte: "Die Verwaltung kennt den Investor gut und arbeitet sehr gerne mit ihm zusammen." Ob die Stadt überhaupt noch eine Möglichkeit habe, das Land zu kaufen, fragte Klaus Zerbin, Grüne. Pfeffer wusste das nicht genau. Er betonte, dass die Stadt seit 2017 viele Grundstücke gekauft habe - auch an Varenseller Straße und Moorweg "für "jeweils mehr als 100 Wohneinheiten". Auch die 3,8 Hektar habe sie mehrfach zu kaufen versucht - doch sei der Preis inzwischen sehr hoch. "Der Investor kann das, das hat er uns signalisiert." "Wir können hier nicht auf stur stellen" Schade findet es Christina Coban, CDU, dass die Stadt die Fläche nicht kaufen konnte, "um Wohnraum für den Mittelstand zu schaffen". Aber der Investor wolle das Areal entwickeln und da "können wir hier nicht auf stur stellen, schließlich geht es um Wohnungen". Auch Uwe Henkenjohann, CDU, sprach sich dagegen aus, "privatrechtliche Ideen auszubremsen". Alleinverdiener mit einem Bruttoeinkommen von 3.000 Euro oder 6.0000 Euro bei Doppelverdienern täten sich schwer, eine Wohnung in Rheda-Wiedenbrück zu mieten. "90 Quadratmeter unter 800 Euro ist fast schon ein Witz." Wer aber einen Wohnberechtigungsschein habe, bekomme eine Wohnung, wer viel Geld hat, finde ein Haus. Die SPD begrüßt die Pläne an der Dianalust wegen des hohen Bedarfs an Wohnraum. Der sei seit 2017 bekannt: Gebraucht würden etwa 1.500 Einfamilienhäuser und 1.700 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern bis 2030. Das sei bei der Planung der Wohngebiete bislang nicht genug berücksichtigt worden. "Die einseitige Verschiebung zu Einfamilienhäusern kann durch Kramer-Höfe, Kolpingstraße und Fontainestraße nicht ausgeglichen werden". Der Investor verlasse sich nun also darauf, Baurecht zu bekommen, weil die Stadt selbst noch nicht weiter sei, sagte Marco Sänger. "Doch muss sich der Investor an den Notwendigkeiten in der Bevölkerung orientieren". Das seien 30 Prozent und nicht wie bislang 20 Prozent geförderter Wohnungsbau. "Wir haben hier das drittniedrigste Durchschnittseinkommen im Kreis." Nicht der Mittelstand, sondern Leute, "die den größten Teil des Geldes erwirtschaften, das wir hier ausgeben" würden am Wohnungsmarkt benachteiligt, so Sänger. Keine andere Möglichkeit, als an die Kommune zu verkaufen Nur über den Preis werde Wohnbauland mobilisiert, "sonst wird kein Acker je Bauland", sagte Patrick Büker, FDP. Das neue Gebiet sollte nach "unseren Interessen entwickelt werden". Dem Investor mit seinem Renditeinteresse müsse die Stadt eine klare Ansage machen. 25 Prozent sollten geförderter Wohnungsbau sein. Von den übrigen Grundstücken habe die Stadt bei der Hälfte ein Belegungsrecht, "um Sozialkriterien zu wahren". Mit der anderen Hälfte könne der Investor machen, was er wolle, "um seinen Gewinn zu holen". Dieser realistische Ansatz funktioniere in anderen Städten auch, so Büker. Harsewinkel, Verl und Münster dagegen würden vormachen, wie "Regulierung als Kern der Bodenvorratspolitik" funktioniere. Rheda-Wiedenbrück habe für Expertengutachten im Arbeitskreis "teures Geld ausgegeben", so Thomas Theilmeier-Aldehoff, Move. "Die Instrumentarien liegen jetzt auf dem Tisch, warum lassen wir sie ungenutzt?" Sein Fraktionskollege Martin Hünten ergänzte, dass sich ein regulierter Markt wende, wenn Grundstücksbesitzer keine andere Möglichkeit mehr hätten, als an die Kommune zu verkaufen. "Das sind veränderte Bedingungen für Verkäufer, die ihren Boden vergolden wollen." Unterstützt wurde Move von Peter Rentrup. Weil mit Flächen "geaast wird", brauche es eine Bodenvorratspolitik, so der Grüne. Weil sich der Bauausschuss nicht verständigen konnten, beantragte Rentrup, das Thema zurück in den Arbeitskreis Wohnen zu geben. Dort wollen die Politiker darüber noch mal offen besprechen. Das allerdings geschieht dann außerhalb der Öffentlichkeit.

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