Abschied nach 21 Jahren: Bürgermeisterin im Kreis Gütersloh hat bescheidenen Wunsch

Harsewinkel. Am 31. Oktober scheidet Sabine Amsbeck-Dopheide offiziell aus dem Amt aus. Die Abschiedstour der nach 21 Jahren in den Ruhestand gehenden Bürgermeisterin hat längst begonnen – und wird sich auch noch die letzten drei Wochen hinziehen. Am Mittwoch, 8. Oktober leitete sie letztmals die Ratssitzung. Es wird etwa die 950. Rats- oder Ausschusssitzung in ihrer Zeit auf dem Chefinnensessel der Verwaltung sein. Und auch diese wird von Abschied und sicherlich der einen oder anderen Überraschung geprägt sein. Viel zurückblicken möchte Sabine Amsbeck-Dopheide im NW-Gespräch nicht. Was sie persönlich für sich und ihr Leben mitnehme? &bdquo;Ich lebe nicht in der Vergangenheit“, sagt sie und lässt ihren von Witz und gesunder Selbstironie geprägten Humor aufblitzen: &bdquo;Die Einschätzung, was das Nachhaltigste meiner Amtszeit sein könnte, überlasse ich der Stadtgeschichtsschreibung. Wenn ich vergessen werde, ist es auch nicht schlimm.“ Ein bescheidener Wunsch, der angesichts von 21 Jahren intensiver Kommunalpolitik kaum in Erfüllung gehen wird. &bdquo;Harsewinkel war stets eine wachsende Stadt, seit 1919 sich Claas hier ansiedelte“, sagt sie. Diese Dynamik habe in ihren fünf Amtszeiten nicht nachgelassen und immer wieder für Herausforderungen gesorgt. Naturnah gestalteter Kuhteich bietet Erholung für Mensch und Natur Was gelungen sei? &bdquo;Ich freue mich darüber, dass seit dem Bau des Anton-Bessmann-Rings kaum noch Lkw durch Marienfeld fahren“, nennt sie einen der Punkte, der bei ihrer ersten Wahl 2004 auf der Bucket-List stand. Weil für die neue Straße ein Ausgleich geschaffen werden musste, sei der Kuhteich naturnah gestaltet worden. &bdquo;Erholung für Mensch und Natur“, sagt die leidenschaftliche Radfahrerin. &bdquo;Ich werde mich als Rentnerin bei der lokalen Agenda als Praktikantin bewerben, um Quecken aus den Blühflächen zu ziehen.“ In Greffen erhalte der schön gestaltete Kirchplatz als dörfliche Mitte durch den Kauf des Simprop-Geländes weitere Perspektiven. &bdquo;Die Hauptstraße dazwischen wird nach Sanierung hoffentlich nicht mehr als Schneise durch den Ort empfunden“, spricht sie ein weiteres Perspektivthema an. &bdquo;Vorbereitet ist alles. Wir warten auf den Landesbetrieb.“ Auch in Greffen hat sie den Naturschutz im Blick. Damit die Ems streckenweise wieder in Schwüngen fließen könne, habe die Stadt dem Kreis Flächen vermittelt. &bdquo;Wo de Irms gaiht alle Dage“, zitiert die begeisterte Sängerin aus der Greffener &bdquo;Nationalhymne“, die sie jüngst noch für den Ehrenringträger Berno Keuper mitgeschmettert hatte. &bdquo;Ich werde im evangelischen Kirchenchor singen, wenn ich das Vorsingen bestehe“, hat sie sich im Ruhestand vorgenommen. Wie auch Stricken, Lesen und vor allem – wenn gefordert – um die Familie kümmern. Bürgermeisterin von Besuch von Ronaldo beeindruckt Die Errungenschaften aus ihrer Zeit versteht sie immer als Teamleistung von Rathaus und Politik. Beispielhaft nennt sie den Kauf einer Hofstelle als Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung von Arvato. Die Gewerbefläche &bdquo;westlich der Steinhäger Straße“ sei ebenfalls ein Gewinn. Auch die Bauleitplanung für die Betriebserweiterungen für Claas nach Westen zum Waldhof und künftig wohl nach Süden entlang des &bdquo;Mühlenwinkel“ seien Grundlagen dafür, dass sich die Stadt in diesen 21 Jahren viel leisten konnte. &bdquo;Wir sind eine Stadt, in der immer gearbeitet wurde. Wer viel arbeitet, braucht auch Zerstreuung. Ich bin froh über die Sanierung unseres Freibads und hoffe auf die Sanierung des Hallenbades“, sagt Sabine Amsbeck-Dopheide. &bdquo;Dass wir den Wilhalm erhalten konnten, ist im Sinne des Erinnerns an das alte Harsewinkel richtig. Er ist Teil der Stadtgeschichte“, nennt sie ein weiteres Projekt, das sie &bdquo;zufrieden und froh“ gemacht habe. Welche Begebenheit ihr besonders in Erinnerung bleibt? &bdquo;Mich hat Cristiano Ronaldo beeindruckt“, erinnert sie spontan an den Aufenthalt der portugiesischen Fußball-Nationalmannschaft zur EM 2024. &bdquo;Ich kam mit dem Vorurteil Was für ein Schnösel und ging mit dem Gefühl, das ist ein zugewandter und einfühlsamer junger Mann.“ Die Familie Frie hatte ihr ermöglicht, ihre Enkeltochter Helene zum Empfang mitzubringen. &bdquo;Ronaldo sah den ganzen Trubel und lächelte Helene an. Da war es um die Großmutter geschehen.“ Dass sie den damals noch nicht ganz mit Superstar-Aura ausgestatteten Weltfußballer schon 2006 bei der legendären WM als Bürgermeisterin erlebt hatte, lässt sie sogar ganz aus. TWE-Strecke ein Herzensprojekt Doch es gibt auch diese andere Seite des Bürgermeisterinnen-Daseins. Was sie in diesen Jahren umgetrieben hat, viel Energie kostete – und dann nichts heraussprang? Auch da muss sie nicht lange überlegen: &bdquo;Die Reaktivierung des Personennahverkehrs auf der TWE-Strecke und der Radweg nach Gütersloh“, nennt sie ihre beiden Herzensprojekte. Ihr zum 60. Geburtstag in der NW geäußerter Wunsch, noch als Bürgermeisterin mit dem Zug nach Gütersloh zu fahren, bleibt unerfüllt. Mobil will sie mit der neu gewonnen Freiheit auch anders sein: &bdquo;Ich habe ein E-Bike angeschafft und kaufe mir ein Deutschlandticket. Dann fahre ich, wohin es mich treibt.“ Getrieben war sie genug. Dass bei der Entwicklung des interkommunalen Gewerbegebietes auf dem Flugplatz nichts erreicht ist, treibt sie um. &bdquo;Ob, wo und wie Industrieflächen künftig geplant werden können, müssen Nachfolgende bearbeiten“, mahnt sie. &bdquo;Unsere Küche ist nicht der Sitzungssaal“ Was das Amt mit ihr in 21 Jahren gemacht hat? Auch da blitzt der Schalk auf: &bdquo;Meine Familie sagt, dass ich zu laut spreche, unsere Küche sei nicht der Sitzungssaal.“ Als Verwaltungs-Chefin habe sie sich emanzipiert – auch gegenüber ihrer eigenen Fraktion: &bdquo;Ich habe von Anfang an deutlich gemacht, dass ich die Verwaltung nicht parteipolitisch führe.“ Dass ihr Standing und auch Autorität im Rathaus wie im Stadtrat mit zunehmendem Alter und Erfahrung gewachsen seien, sei nicht ungewöhnlich. &bdquo;Für gemeinsame Ergebnisse habe ich Verantwortung übernommen, auch wenn es mal weh tat.“ Kommunalwahl in Harsewinkel: Pamela Westmeyer wird neue Bürgermeisterin Sie verhehlt auch nicht, dass es Momente gegeben habe, in denen sie auch mal gedacht habe: &bdquo;Jetzt reicht es. Warum soll ich mir das noch weiter antun?“ Welche das waren? Darüber deckt sie milde den Mantel des Schweigens. Darüber, wie andere ihren Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Bürgerinnen und Bürgern am Ende ihrer Dienstzeit bewerten, will sie nicht spekulieren: &bdquo;Das sollen die Mitmenschen beantworten.“ Dass diese – ob politisch oder persönlich wohlgesonnen oder skeptisch gegenüberstehend – der Juristin ein &bdquo;preußisches Pflichtbewusstsein“ attestieren, nimmt sie ebenfalls mit Humor. Auf die Frage, was sie ihrer Nachfolgerin Pamela Westmeyer in Sachen Work-Life-Balance raten würde, hat sie ihren &bdquo;Signature-Spruch“ parat: &bdquo;Es kann nicht viel Schlimmes passieren. Hauptsache die Kinder sind gesund!“

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