Zu wenig bezahlbare Wohnungen - was passiert mit dieser Riesen-Immobilie?

Harsewinkel. Für den zwischen Käufer und Verkäufer ausgehandelten Eigentümerwechsel der Immobilie August-Claas-Straße 6 gibt es noch einen Vorbehalt. Die Stadt Harsewinkel prüft derzeit ihr mögliches Vorkaufsrecht, ehe der Deal zwischen beiden Investoren endgültig abgeschlossen ist. Für Juan Carlos Palmier, Vorsitzender des Sozial- und Gesundheitsausschusses, ist die Stadt hier besonders gefordert. &bdquo;Unabhängig, ob ein Vorkaufsrecht für die Kommune bestehen sollte, hat aus meiner Sicht eine Stadt wie Harsewinkel auch eine soziale Verantwortung”, fordert das Ratsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt zum Handeln auf. &bdquo;Vorausgesetzt, das Vorkaufsrecht ist begründet, sollten wir davon Gebrauch machen und Steuergeld in die Hand nehmen”, fordert er. Der Wohn- und Gewerbekomplex mit insgesamt 36 Wohneinheiten und 2.675 Quadratmetern Wohnfläche helfe, damit Familien, Alleinstehende und Senioren mit einem geringeren und mittleren Haushaltseinkommen weiter ein Dach über dem Kopf hätten. Alle im Blick, die es auf dem freien Wohnungsmarkt schwer haben Dabei hat Palmier alle im Blick, die es auf dem freien Wohnungsmarkt schwer haben, eine Bleibe zu finden. Und das unabhängig von der Hautfarbe und Herkunft. Für ihn wäre daher der vergleichsweise günstige Kaufpreis von 5,2 Millionen Euro, die als Mindestgebot für die Immobilie aufgerufen waren, eine &bdquo;attraktive Investition in Vermögenswerte der Stadt". Zudem könne der Gebäudekomplex auf dem 4.245 Quadratmeter großen Grundstück mit seinen 46 Tiefgaragenstellplätzen und ebenerdiger Parkfläche für die Stadtverwaltung selbst interessant sein. Der Ratsherr der Grünen hat den zusätzlichen Raumbedarf des Rathauses im Zuge der Übernahme neuer Pflichten und Aufgaben als mittlere kreisangehörige Stadt zum 1. Januar 2022 im Auge. Genau über die Auswirkungen des neuen Status wird die Verwaltung am Dienstag zunächst nicht-öffentlich die Stadträte informieren. Lesen Sie auch: Raus aus dem Obdachlosenheim - Gütersloher sucht seit sechs Jahren vergeblich eine Wohnung Es fehlen Sozialwohnen Auch ein sich ergebender zusätzlicher Raumbedarf zur Vergrößerung der Schulmensa aufgrund steigender Schülerzahlen ließe sich hier nach den Vorstellungen des Grünen unterbringen. Da seien die 1.974 Quadratmeter an Gewerbefläche auf dem zentralen Areal in unmittelbarer Nähe zum Schulzentrum und zur Stadtverwaltung überlegenswerte Optionen. &bdquo;Das Thema Wohnen ist die große soziale Frage unserer Zeit”, sagt der Grüne. Er überträgt diese Einschätzung auf den gesamten Wohnungsmarkt in Deutschland, wo Hunderttausende von Sozialwohnungen fehlen. Aber auch vor Ort sieht er große Defizite. &bdquo;Die Schwächen der vernachlässigten Wohnungspolitik über Jahrzehnte machen sich in einer ländlichen Kommune wie Harsewinkel spürbar bemerkbar”, erklärt er. "Wer wenig verdient, bleibt auf der Strecke" Die Anzahl an bezahlbaren Wohnungen und Sozialwohnungen sinke kontinuierlich, die Mietpreise gingen vielerorts durch die Decke. &bdquo;Wer wenig verdient, bleibt auf der Strecke”, befürchtet er. Das betreffe nicht nur Menschen, die von Arbeitslosigkeit oder anderen sozialen Lasten besonders betroffen seien. &bdquo;Das ist auch der Otto Normalverbraucher”, warnt Palmier, dass auch Menschen aus der Mittelschicht in diese Abwärtsspirale geraten können. &bdquo;In Zeiten niedriger Zinsen regelt der freie Markt eben nicht automatisch, dass bei bezahlbarem Wohnraum oder Sozialwohnungen ausreichend Kapazitäten geschaffen werden”, erklärt der Harsewinkleler die Mechanismen. Private Investoren seien eher an attraktiven Modellen mit höherpreisigen Mieten interessiert. "Wohnungspolitik sollten wir nicht nur privaten Investoren überlassen" Dafür gibt es in Harsewinkel reichlich Beispiele. Etwa am fast bezugsfertigen Objekt Gütersloher Straße/Theo-Claas-Damm, wo ein Investor aus Herzebrock-Clarholz in zweieinhalbgeschossiger Bauweise schicke Eigentumswohnungen baut, die für den durchschnittlichen Geldbeutel unerschwinglich wären. Auf der gegenüberliegenden Seite wachsen ähnliche Bauten eines Immobilienunternehmens aus Versmold aus dem Boden. Palmier appelliert an die ethische Verpflichtung der Stadt, im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge auch denjenigen, die nicht das große Einkommen haben, einen ordentlichen, vernünftigen und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. &bdquo;Wohnungspolitik sollten wir nicht nur privaten Investoren und Bauherren überlassen. Das ist eine gemeinschaftliche, kommunale Aufgabe”, erklärt er und bezieht den Stadtrat als Adressaten mit ein, der sich verantwortungsvoll dem Thema stellen müsse. Schleichender Verlust bezahlbaren Wohnraums Juan Carlos Palmier befürchtet den schleichenden Verlust bezahlbaren Wohnraums und sozialen Wohnungsbaus in allen drei Ortsteilen. &bdquo;Das kann nicht unser Anspruch sein”, sagt er. Auch im Interesse einer geordneten Stadtentwicklung sollten soziale Einflüsse auf das Stadtleben verantwortungsvolle Berücksichtigung finden. Die junge Stadt Harsewinkel und die Kommunalpolitik könne diese selbstbestimmt besser, weil gezielter, steuern und gestalten, als dies profitorientierte Investoren im Sinn hätten. Einer befürchteten Ghettoisierung, wie an anderen Stellen im Stadtgebiet in der Vergangenheit, und sozialen Ausgrenzung könne so begegnet werden, erklärt Palmier. Sein Credo ist, entsprechende Sozialwohnungen verteilt auf die Stadt zu bauen.

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