Harsewinkel

So trotzen Fitnessstudios aus dem Kreis Gütersloh der Krise

Der Lockdown fährt der Neueröffnung von X-Sports-Fitness am Prozessionsweg in die Parade. Bei Jetschko in Marienfeld hält der Sektor Physiotherapie den Laden am Laufen. Und im Brown’s investiert der Betreiber in die Zukunft.

Die Brüder Waldemar und Eugen Jetscho fordern eine schnelle Öffnung ihres Gesundheitsforums in Marienfeld. | © Gabriele Grund

01.03.2021 | 01.03.2021, 14:32

Harsewinkel. Mit dem Neubau der Fitness- und Gesundheitssportarena X-Sports-Fitness wollte Fatima Mujkanovic im Januar mit einem hochwertigen Angebot in der Harsewinkeler Fitnessszene starten. Wegen der Coronaauflagen mussten die Studioleiterin und ihr Lebensgefährten Bülent Dalay die Eröffnung verschieben. Wann X-Sports-Fitness am Prozessionsweg 25 erstmals seine Türen öffnen darf, ist offen.

Bülent Dalay und Kai Jaeger fiebern der Eröffnung des Fitnesstempels X-Sport entgegen. - © Gabriele Grund
Bülent Dalay und Kai Jaeger fiebern der Eröffnung des Fitnesstempels X-Sport entgegen. | © Gabriele Grund

Für Fatima Mujkanovic ist das eine harte Geduldsprobe. Das Studio war noch keine Minute geöffnet. Schlingert der Fitnesstempel von der Neueröffnung direkt in die Krise? Stepper, Laufbänder, Fahrräder stehen dort wie unantastbare Kunstobjekte. Beweglichkeitszirkel und Hanteln sind unberührt, nur Chihuahua Rocky (11) wieselt durch die verwaiste Sportarena.

Die bietet 2.400 Quadratmeter Nutzfläche im edlen Industrie-Chic – und niemand trainiert. Die Szenerie steht sinnbildlich für die Lage der krisengebeutelten Fitnessbranche. X-Sports-Geschäftsführer Kai Jaeger, der Fitnessstudios in Schloss Holte-Stukenbrock, Halle und Oelde betreibt, hat sich wie seine Pächter auf die Eröffnung des vierten Studios der X-Sport-Kette gefreut. Stattdessen ruht der Betrieb.

Anlaufkosten sind dennoch jeden Monat fällig

Gründungs- und Anlaufkosten sind dennoch jeden Monat fällig. Ob er die versprochenen Finanzhilfen beantragen kann, ist derzeit nicht geregelt. „Die Regierung muss sich vorwerfen lassen, dass all das einfach schlecht vorbereitet ist. Dabei war so viel Zeit und es wurde nichts getan", kritisiert Jaeger. Unsicherheit herrscht bei den möglichen Überbrückungshilfen. „Da sind noch viele ungeklärte Fragen. Wir wissen aktuell nicht, ob wir Anspruch haben", macht Kai Jaeger seine Enttäuschung deutlich.

Mit jedem Monat spitzt sich die Lage zu. „Wir halten noch eine gewisse Zeit aus", sagt Kai Jaeger. Für Mujkanovic und ihre zwölf Mitarbeiter ist die Lage deprimierend. „Wir haben riesig Lust, mit den neuen Kunden zu trainieren und dürfen nicht".

Weil früh absehbar war, dass das mit der Eröffnung im Januar nichts wird, habe man sich mit der Einrichtung Zeit gelassen. Der im August begonnene Vorverkauf von Neuanmeldungen in den ehemaligen Räumen von Fahrraddesign Rahe in der Sienstraße habe alle Erwartungen übertroffen. Er habe an den Rückmeldungen gemerkt, dass es in Harsewinkel und Umgebung eine hohe Nachfrage nach einem Studio mit einem gesundheitsorientierten, ganzheitlichen Fitness- und Sportangebot gebe, sagt Dalay.

Kai Braun, Geschäftsführer des Brown’s Active Parks, staubt das neue Zirkelsystem ab. Er hat 190.000 Euro investiert. - © Gabriele Grund
Kai Braun, Geschäftsführer des Brown’s Active Parks, staubt das neue Zirkelsystem ab. Er hat 190.000 Euro investiert. | © Gabriele Grund

Weil die Aktion im November wieder eingestellt werden musste, habe man sich bei der Kundenakquise verstärkt auf den Online-Vertrieb konzentriert. Wie viele Studios stellen die Betreiber von X-Sports auf Online-Live-Fitnesskurse um und stellen sich in sozialen Netzwerken mit täglichen News und Trainingsvideos breitflächig auf. „Zudem bieten wir online Personal Training an, die die Kunden live per Videochat anleiten", so Bülent Dalay.

Lediglich ärztlich verordnete Krankengymnastik

Ebenfalls hart getroffen ist das Gesundheitsforum der Brüder Eugen und Waldemar Jetscho in Marienfeld. Die beiden Physiotherapeuten bauten 2018 auf dem Eckgrundstück an der Bielefelder Straße/Im Kreuzteich ihr zweigeschossiges Gesundheitsforum. Sie bieten Rehabilitation und Prävention, Physiotherapie, Massagetherapien, Krankengymnastik, Rehabilitationssport und ein öffentliches Fitnessstudio.

Seit dem neuerlichen Lockdown können die Gesundheitsdienstler nur noch eingeschränkt arbeiten. Das Fitnessstudio im Obergeschoss ist geschlossen, Rehasportgruppen verboten. Lediglich ärztlich verordnete Krankengymnastik in Einzelbetreuung ist erlaubt. „Auch wenn die Physiotherapie als Flaggschiff unser Gesundheitsforum trägt, so trifft uns die Schließung des Studios", sagt Eugen Jetscho.

Auch wenn noch rund 50 Prozent der 200 Mitglieder ihre Beiträge aus Solidarität weiter zahlten, plage ihn sein schlechtes Gewissen. „Sie zahlen für Leistungen, die wir nicht ermöglichen dürfen".

Jetscho geht davon aus, dass mit Anhalten des Lockdowns mehr Mitglieder ihre Zahlungen einstellen werden. Dennoch gehe es ihnen im Vergleich zu anderen Gewerbetreibenden dank der Physio-Leistungen noch gut. Furcht vor dem neuen Mitbewerber am Prozessionsweg haben sie nicht. „Damit vergleichen wir uns nicht. Wir punkten mit familiärer Atmosphäre." Zudem glaube er nicht, dass Ü-50-Mitglieder Lust auf ein Sportstudio mit Jugendlichen und Rap-Songs hätten. Einziger Wunsch der Brüder ist es, alle Mitglieder so schnell wie möglich wieder begrüßen zu dürfen.

Geschäftsführer Kai Braun bereitet sein 25 Mitarbeiter umfassendes Team bei „Browns Active Park" in der Franz Class-Straße mit der Hoffnung auf eine baldige Wiederöffnung auf den Tag X vor.

Kai Braun nutzt die Zeit zum Sanieren und Optimieren

„Wir nutzen den dritten Lockdown, um Mitarbeiter zu schulen und bauliche Verbesserungen durchzuführen", erklärt Braun. Neu sei eine Klimaanlage mit Luftdesinfektion per UV-Licht für kontinuierlich frische und virenfreie Raumluft. Zudem ließ er den Wellnessbereich mit Sauna und Massagen renovieren und schaffte neue Infrarot-Kabinen sowie ein neues Zirkelsystem für ein vollautomatisches Training an. Zudem hat Kai Braun eine App eingeführt, mit der Kunden künftig mit einem Klick Zeitfenster für Trainings buchen können. Insgesamt 20 Personen können sich zeitgleich im Trainingsbereich aufhalten, maximal zehn Personen nehmen pro Kurs online teil.

Auch das Kursangebot und die Reha-Maßnahmen hat er optimiert und erweitert und überarbeitete das Hygienekonzept noch einmal gründlich. „Als Gesundheitsanbieter haben wir einfach eine große Verantwortung", sagt Braun. Rund 190.000 Euro hat er seit dem ersten Lockdown investiert. Die Entwicklungskosten für die App sind dabei noch nicht mal berücksichtigt.

Auch Braun hat angesichts des neuen Mitbewerbers am überschaubaren Harsewinkeler Fitnessmarkt keine Sorge. „Wir sind kein Fitness-Discounter, sondern haben uns seit Jahren auf den Gesundheitsbereich, Abnehm- und Präventionskurse sowie betriebliche Gesundheitsprävention spezialisiert", sagt er selbstbewusst.

Mehr als 30 Firmen aus unterschiedlichen Bereichen und Größen arbeiten mit „Browns Active Park" zusammen. Neben der Wohlfühlatmosphäre und individuellen Betreuung ist es Kai Braun auch wichtig, alle Mitglieder zu persönlichen Wünschen und Zielen zu befragen, um effiziente Übungen und Trainings anbieten zu können.