
Halle. Ohnehin war geplant, dass die zweite Mannschaft der SG Hesseln am Sonntagmittag (27. Oktober) beim Duell gegen Türkgücü-Sennestadt mit Trauerflor aufläuft - in Gedenken an Vereins-Ikone Manni Berger, der in der vergangenen Woche gestorben ist. Jetzt kommt dem Spiel noch mal eine ganze andere Bedeutung zu.
Bevor die Partie auf dem Hesselner Sportplatz angepfiffen wird, stellen sich die Mannschaftskameraden von Musa Aydin um 12 Uhr zum Foto auf. Sie werden Spendendosen in der Hand halten. Und obendrein T-Shirts tragen, auf die ein Bild von Musas Mutter Rukiye und dem kleinen Bruder Devut Kerim gedruckt ist.
Hinter der Aktion verbirgt sich ein schlimmer Schicksalsschlag: Die Mutter des 21-jährigen Musa ist am 18. Oktober bei dem schrecklichen Busunglück in Aksaray (Türkei) ums Leben gekommen. Der kleine Bruder, den sie auf der Reise bei sich hatte, wurde schwerst verletzt. Ob er überlebt, kann zurzeit niemand verlässlich sagen.
Wie die türkische Zeitung Hürriyet schreibt, war der Reisebus auf dem Weg von Balıkesir nach Kappadokien verunglückt. Der Unfall ereignete sich gegen 7 Uhr Ortszeit auf der Aksaray-Ankara-Autobahn, etwa 25 Kilometer von Aksaray entfernt. Sieben Menschen verloren ihr Leben, weitere 33 Personen wurden verletzt, einige davon schwer.
Reisebus krachte in die Leitplanken und kippte um
Nach ersten Ermittlungen geriet der Reisebus ins Schleudern, prallte gegen die Leitplanken und wurde danach über 90 Meter weit geschleudert, bevor er auf die Seite kippte, heißt es weiter. An Bord befanden sich 44 Personen, darunter Touristen, zwei Fahrer und ein Reiseführer. Ein anderer Fahrer, der den Unfall aus nächster Nähe beobachtete, berichtete, der Bus habe ihn überholt und sei ins Schlingern geraten. Es habe ausgesehen, als sei der Fahrer eingeschlafen. Er habe gehupt, aber ihn nicht einholen können. Dann sei der Unfall passiert.

Zurzeit hält sich Musa Aydin in der Türkei auf. In erster Linie, um seinem kleinen Bruder im Krankenhaus beizustehen. Aber auch, um seinen Vater zu treffen, der in der Türkei lebt.
Sein Bruder musste schon vor dem Unglück mit Beeinträchtigungen leben: er wurde mit dem Down-Syndrom geboren. „Unser Gedanke war einfach, dass wir mit unserer Spendenaktion dazu beitragen können, dass zu Trauer und Sorgen nicht noch die wirtschaftliche Not kommt“, sagt Hesselns Obmann Tobias Barella.
Finanzamt ist über die Spendenaktion informiert
Die Idee, innerhalb der SG Hesseln, bei befreundeten Vereinen und ebenso über WhatsApp-Kontakte oder Soziale Medien Spenden für ihren Freund und dessen Familie zu sammeln, entstand direkt am vergangenen Wochenende. „Für uns war es keine Frage, dass wir Musa jetzt beistehen“, sagt Tobias Barella. „Hier hat dann Gino Carotta das Heft in die Hand genommen und wertvolle Unterstützung geleistet“, lobt er den Trainer der Mannschaft. „Er hat beispielsweise erst mal mit dem Finanzamt geklärt, wie wir vorgehen müssen, ehe wir über PayPal um private Spenden für Musa und seine Familie bitten.“ Aber die Behörde habe schnell reagiert und es sei alles geklärt. „Jetzt können wir sicher sein, dass das Geld vollumfänglich bei Musa landet.“
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Und tatsächlich, die Hilfsaktion schlug gleich hohe Wellen. „Die ersten 8.000 Euro sind bereits zusammengekommen, aber natürlich soll die Summe noch deutlich erhöht werden“, sagt Barella und setzt darauf, dass die Aktion noch weitere Kreise zieht. „Unsere Gegner am Sonntag wissen beispielsweise davon und haben uns bereits zugesichert, uns zu unterstützen, der TuS Solbad hat sich schon gemeldet und auch noch weitere Vereine aus der Region.“ Auch der Arbeitgeber von Musa, die August Storck KG, unterstützt ihren Auszubildenden in diesen schweren Zeiten vollumfänglich und nimmt auf die besonderen Umstände maximale Rücksicht. Doch die Hilfe beschränkt sich nicht nur aufs Materielle.
Beistand geht über materielle Hilfe hinaus
So versammelten sich die Hesselner Fußballfreunde vergangenen Sonntag in und vor der türkischen Moschee in Halle, als hier eine Trauerfeier für Rukiye Aydin stattfand. „Manche von uns waren in der Moschee. Und alle, die nicht muslimisch sind, haben draußen gestanden und dort gebetet“, erzählt Antonio „Toni“ Zaza. „Letztlich war die Geste wichtig, dass wir Musa in einem solchen Moment nicht alleine gelassen haben.“ Toni Zaza war es auch, der die T-Shirts hat drucken lassen. „Freitag Abend kommen sie an, dann werden sie verteilt. Und Sonntag tragen wir sie. Für Musa.“
Wer Familie Aydin unterstützen möchte, kann unter dieser PayPal-Adresse spenden: http://www.paypal.com/pools/c/992uvUD1u9 - oder am Sonntag zum Sportplatz nach Hesseln kommen und dort Geld in die Spendenboxen werfen.