Mordfall Marion S. im Kreis Gütersloh: Kinder des Beschuldigten plötzlich Nebenkläger

Halle/Steinhagen. Im Mordfall Marion S. aus Steinhagen gibt es neue Spuren, die den in Untersuchungshaft sitzenden Ehemann (73) erneut belasten. Er soll laut Anklage die 68-jährige Frau am 5. Juli abgefangen, getötet und in einem Waldstück in Halle-Kölkebeck vergraben haben. Das Motiv: Habgier. Jetzt wollen die Kinder des Beschuldigten im Prozess gegen ihren Vater ab dem 1. Februar vor dem Schwurgericht in Bielefeld als Nebenkläger auftreten. Glauben diese plötzlich nicht mehr an die Unschuld des Landwirtes? Neue DNA-Spuren auf Fußmatten im Auto gefunden Dass es neue, belastende DNA-Spuren vom Opfer gibt, bestätigt der Strafverteidiger Sascha Haring aus Halle auf Anfrage. Er vertritt den Inhaftierten. &bdquo;Ja, es stimmt. Diese neuen DNA-Spuren sind auf Fußmatten in seinem Auto gefunden worden. Aber sie sind teilweise zehn Jahre alt und ebenso erklärbar wie die aus dem Kofferraum." Auch die Nebenklage der Kinder bestätigt der Jurist, wiegelt jedoch ab. Und sagt: &bdquo;Diese Tatsache ist völlig unspektakulär." Näher wolle er sich nicht dazu äußern. Eine Stellunnahme der Angehörigen selbst war bislang auch nicht erhältlich. Im Rahmen der langen Ermittlungen der Polizei ist bekanntgeworden, dass die Kinder des 73-jährigen Angeklagten fest an seine Unschuld glauben und an seiner Seite stehen. Es soll kein gutes Verhältnis zur Mutter, also zu Marion S., gegeben haben. Familiäre Streitereien um Geschenke, so die Recherchen dieser Zeitung, sollen zu einem Bruch mit dem späteren Opfer auch innerhalb der Familie geführt haben. Lesen Sie auch: Bewegende Trauerfeier für Mordopfer Marion S. im Kreis Gütersloh Warum plötzlich die Kehrtwende der Angehörigen als Nebenkläger? Nach Informationen dieser Zeitung soll das geschehen sein, um Einsicht in die Ermittlungsakten zu bekommen. Das ist jedoch fragwürdig, denn bei einem Tötungsdelikt besteht für die Angehörigen des Opfers laut Gesetz ohnehin ein Recht auf Akteneinsicht. Steckt vielleicht eine Taktik dahinter? Ein Gütersloher Strafverteidiger, der nicht mit Namen genannt werden möchte, klärt auf: &bdquo;Die Rechte des Nebenklägers umfassen das Beweisantragsrecht. Will heißen: Es ist das Recht des Nebenklägers, auf die Beweisaufnahme Einfluss zu nehmen und insbesondere auf eine sachgerechte Ausübung der Aufklärungspflicht des Gerichts hinzuwirken." Nebenklägerinnen und Nebenkläger wirkten wie eine zweite Staatsanwaltschaft auf eine Verurteilung der Angeklagten beziehungsweise des Angeklagten hin und verfolgten dabei ihre persönlichen &bdquo;Genugtuungsinteressen". Das sei der Regelfall. Aber muss es denn immer so sein? Was ist, wenn die Nebenklage gleichsam die Seite wechselt, einen Freispruch verfolgt und in letzter Konsequenz wie eine zweite Verteidigung wirkt? Ermittler und Staatsanwaltschaft sind sich sicher, den richtigen Täter angeklagt zu haben &bdquo;Es ist diese herausragende Position der Nebenklage, die äußerst kritisch gesehen wird und die Gefahr beinhaltet, die Verfahrensbalance zu verzerren", erklärt der Jurist. Dazu gäbe es aber eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH). Sie stelle klar, dass die Nebenklage nicht in einem strafenden Zwangskorsett stecke, sondern auch einen Freispruch verfolgen könne. Der BGH sagt: &bdquo;Entgegen der an der Nebenklage geübten und durchaus berechtigten Kritik hat sie somit auch das Potenzial, die Verfahrensbalance zu wahren, wenn nicht sogar erst herzustellen." Das allerdings wird sich wohl nur auf Fälle beschränken, in denen zwischen Nebenklage einerseits und Angeklagtem andererseits eine besondere Nähebeziehung besteht. Der ermittelnde Staatsanwalt Christoph Mackel scheint &bdquo;das Spielchen" durchschaut zu haben. So soll er jüngst für den Prozess im Februar beim Vorsitzenden Richter beantragt haben, im Gerichtssaal nicht neben der Nebenklage zu sitzen. Übrigens: Die Ermittlerinnen und Ermittler der Mordkommission und die Staatsanwaltschaft sind sich sicher, den richtigen Täter angeklagt zu haben.

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