„Sehen da nicht gut aus“: Gütersloher CDU mit extrem niedrigen Frauenanteil

Gütersloh. Ischo Can macht sich gar nicht erst die Mühe, die Angelegenheit schön zu reden. &bdquo;Auch ich bin enttäuscht. Wir sehen da nicht besonders gut aus. Aber es ist uns einfach nicht gelungen, mehr Frauen zu überzeugen.“ Was dem CDU-Stadtverband und dessen Vorsitzenden zu schaffen macht, ist der extrem geringe Frauenanteil der Partei bei der bevorstehenden Kommunalwahl. Für die derzeit stärkste Fraktion im Stadtrat treten im September in den 24 Gütersloher Wahlbezirken lediglich drei Frauen an. Selbst bei der traditionell männerlastigen AfD ist der Anteil höher. Von der angestrebten und vielfach beschworenen Parität ist die Gütersloher CDU meilenweit entfernt. &bdquo;Ja, das tut weh“, sagt Can. Natürlich sei es das Ziel, verstärkt Frauen nach vorne zu bringen. Dafür habe er in den vergangenen Monaten viele Gespräche geführt, viele Anläufe unternommen. Heraus gekommen sei leider wenig. &bdquo;Am Ende haben wir uns eine Absage nach der anderen eingefangen.“ Die Gründe, so Can, seien vielfältig. Gütersloher Ratsfrau zieht sich nach 26 Jahren zurück Einer davon: Der enorme Umbruch, vor dem die Ratsfraktion steht. Viele langjährige Mitglieder scheiden aus, darunter etliche Frauen. Die stellvertretende Bürgermeisterin Ingrid Hollenhorst etwa, eine der Erfahrensten, zieht sich nach 26 Jahren als Ratsfrau zurück, ebenso Marita Fiekas, die seit 21 Jahren dabei ist. Ina Laukötter, vor elf Jahren in den Stadtrat eingezogen und früh als Kandidatin für höhere Weihen gehandelt, wechselt auf die Kreisebene und bewirbt sich um die Adenauer-Nachfolge als Landrätin. Katrin Friesicke, seit fünf Jahren dabei, zieht diesmal ebenfalls die Kreisebene vor, und Alexandra Klofat, seit fünf Jahren Ratsfrau, zieht sich gänzlich zurück. Und die junge Lara Farwick, in die die CDU einige Hoffnung gesetzt hatte, kehrt nur nach wenigen Monaten der Ratsarbeit den Rücken: Als selbstständige Unternehmerin setzt sie ihre Prioritäten vorerst anders. Lesen Sie auch: Sie ist Güterslohs Bürgermeisterin der Herzen – besondere Auszeichnung für Maria Unger In anderen Kommunen sieht es besser aus So lichten sich die Reihen. Und Nachrückerinnen gibt es kaum. Vielleicht habe man sich bei der Kandidatensuche zu sehr auf den Aspekt Nachwuchsförderung als auf die Geschlechterfrage fokussiert, sagt Can. Nur drei neue Frauen-Namen hat die CDU nun auf ihrem Zettel: die Diplom-Ingenieurin Anke Dröge (Jahrgang 1973), die Wirtschaftsstudentin Lara Trautmann (Jahrgang 2000) und die Zahnärztin Georga Weiß (Jahrgang 1961). &bdquo;Sehr dünn und sehr bedauerlich“ sei das, sagt auch Anja Toppmöller, Vorsitzende der Frauen-Union auf Kreis- und Bezirksebene. In anderen Kommunen sei der Frauenanteil höher, liege bei 20 bis 30 Prozent. Das sei zwar immer noch nicht super, aber immerhin. Lesen Sie auch: Gütersloherinnen behaupten sich in männerdominierter Politik: Das sind ihre Tricks &bdquo;Grundsätzlich hapert es bei uns nicht an der Frauenförderung“, sagt Toppmöller. &bdquo;Uns stehen alle Türen offen.“ Es seien wohl eher die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Umstände, die Frauen von stärkerem politischem Engagement abhielten. &bdquo;Möglicherweise ist es uns Frauen auch eigen, dass wir uns weniger nach vorne drängen.“ Eine falsch verstandene Zurückhaltung sei das. Toppmöller: &bdquo;Möglicherweise müssen wir in der Frauen-Union noch aktiver werden, stärker die Werbetrommel rühren. Ich hoffe jedenfalls, dass es in Gütersloh in fünf Jahren wieder besser aussieht.“ Paragraf ist keine Mussvorschrift Tatsächlich genügt der arg niedrige Frauenanteil weder den eigenen Parteiansprüchen noch dem Kommunalwahlgesetz NRW. Dort heißt es in Paragraf 15, Absatz 5: &bdquo;Frauen und Männer sollen gleichmäßig in Vertretungskörperschaften repräsentiert sein (Geschlechterparität). Bei der Aufstellung der Wahlvorschläge sind die Parteien und Wählergruppen aufgefordert, Geschlechterparität anzustreben.“ Allerdings: Dieser Paragraf ist eine Soll-, keine Mussvorschrift. Der CDU – und all den anderen Parteien, die dagegen verstoßen – droht keine Strafe. Gäbe es dergleichen, wären in Gütersloh alle betroffen. Selbst die Grünen, die laut ihrem Frauenstatut verpflichtet sind, ihre Wahllisten (Reserveliste) grundsätzlich mindestens alternierend zu besetzen – und das in Gütersloh auch umsetzen - , haben es in den Wahlbezirken nicht geschafft, auf eine Pari-Quote zu kommen: Von den 24 Bezirken sind nur zehn mit Frauen besetzt. Gütersloh droht ein stark männerdominierter Stadtrat Auf dieselbe Quote kommt die BfGT: Auch bei ihr treten in den 24 Bezirken zehn Frauen an. Bei allen anderen Parteien ist der Anteil geringer. Die SPD kommt auf acht Frauen, die Linke und die FDP kommen auf sieben, und die AfD auf fünf - wobei die FDP nur in 23 und die AfD nur in 22 Bezirken antritt: Ihnen ist es nicht gelungen, überall Kandidatinnen (oder Kandidaten) zu finden. Somit ist schon jetzt klar: Liegt aktuell die Frauenquote im Gütersloher Kommunalparlament bei 39 Prozent, wird sie im kommenden Stadtrat niedriger sein. Es wird ein Gremium, das stark männerdominiert ist. Hinzu kommt: Im Verwaltungsvorstand der Stadt Gütersloh sitzt inzwischen keine einzige Frau mehr. Nachdem Kämmerin Christine Lang und Stadtbaurätin Nina Herrling im Laufe der Wahlperiode ausschieden, besteht die Riege der Beigeordneten und Dezernenten nur noch aus Männern.

Meistgelesen