Ärzte dringend gesucht: Wie sich eine Gemeinde im Kreis Gütersloh selbst helfen will

Herzebrock-Clarholz. Wer in Herzebrock-Clarholz einen Hausarzt braucht, der muss lange suchen. Die bestehenden Praxen sind gut ausgelastet, können keine neuen Patienten aufnehmen. &bdquo;Bitte beachten Sie: Aktuell haben wir keine Kapazitäten für Neupatienten. Bitte sehen Sie von Terminanfragen ab. Vielen Dank!“, heißt es beispielsweise auf der Homepage der Familienpraxis Malalla. Das Thema ärztliche Versorgung treibt die Menschen im Ort um. Das hat auch der &bdquo;Ortscheck“ der NW gezeigt. Auf einer Skala von eins bis zehn erreichte das Thema &bdquo;Gesundheitsversorgung“ mit einem Wert von 4,8 hier kreisweit die schlechteste Bewertung. Ein Kommentar der Umfrage bringt es auf den Punkt: &bdquo;Wir haben eine sehr dünne Hausarztdecke. Einige haben aus Altersgründen aufgehört und es sind keine neuen Ärzte nachgerückt“, schreibt da ein Bürger oder eine Bürgerin aus Herzebrock-Clarholz. Ein Blick in die Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bestätigt das. Allerdings ist die Gemeinde Herzebrock-Clarholz zu klein, um für sich alleine zu stehen - die KVWL als Selbstverwaltungs-Körperschaft betrachtet sie gemeinsam mit der Stadt Rheda-Wiedenbrück und der Gemeinde Langenberg. Und hier liege der Versorgungsgrad derzeit bei 70,1 Prozent, sagt Stefan Kutscher, Sprecher der KVWL, das würde 30,5 Vollzeitstellen an Hausärzten oder Hausärztinnen entsprechen. Gerechnet würde für die hausärztliche Versorgung ein Arzt für 1.633 Einwohner. Lesen Sie auch: Patienten wegen Praxis im Kreis Gütersloh verzweifelt: &bdquo;Mein Hausarzt ist verschwunden“ Statistik bestätigt die Unterversorgung an Ärzten &bdquo;Ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent bei der haus- und kinderärztliche Versorgung beziehungsweise 50 Prozent bei der weiteren fachärztliche Versorgung inklusive Psychotherapie wird geprüft, ob eine Unterversorgung droht“, informiert die KVWL. Ab 110 Prozent würden die Fachleute von einer Überversorgung sprechen und der Bereich würde für Neuzulassungen gesperrt. Doch davon ist Herzebrock-Clarholz derzeit weit entfernt. Gemeinsam mit Rheda-Wiedenbrück und Langenberg könnten sich hier noch 13 Ärztinnen oder Ärzte in Vollzeit ansiedeln, um einen Versorgungsgrad von 100 Prozent zu erreichen. Der Blick in die Zukunft sieht auch nicht gerade rosig aus: Bereits jetzt sind laut KVWL 39 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte in Herzebrock-Clarholz älter als 60 Jahre. Jede Praxisschließung aus Altersgründen würde das Problem weiter verschärfen. &bdquo;Seit 2022 fordern wir die Verwaltung auf, sich des Themas anzunehmen und auf den Worst Case gut vorbereitet zu sein“, sagt André Kunst, Fraktionsvorsitzender UWG in Herzebrock-Clarholz. Im Mai hatte der Ausschuss für Jugend, Familie, Senioren und Soziales 10.000 Euro bewilligt, damit die Gemeindeverwaltung mit Hilfe eines externen Beratungsbüros klären kann, wie es möglich sei, ein kommunales Medizinisches Versorgungszentrum zu gründen. &bdquo;Ich halte ein kommunales Medizinisches Versorgungszentrum für machbar. Wenn es denn politisch gewollt ist“, sagt Bürgermeister Marco Diethelm. Am 26. August steht das Thema auf der Tagesordnung im Haupt- und Finanzausschuss. Derzeit würden und wurden bereits etliche Gespräche mit unterschiedlichen Personen- und Interessengruppen geführt, so der Bürgermeister. Es seien auch schon mehrere Standorte für ein medizinisches Versorgungszentrum oder ein Ärztehaus im Gespräch. Diethelm sieht aber auch die Kassenärztliche Vereinigung in der Verantwortung. Dringender Bedarf im Kreis Gütersloh ist bekannt Die KVWL kennt den dringenden Bedarf in Herzebrock-Clarholz - seit Januar 2022 stehe die Gemeinde durchgänging im Förderverzeichnis für besondere Unterstützungsmaßnahmen. &bdquo;Das Förderverzeichnis ist eine Art Frühwarnsystem, mit dem die KVWL aufzeigen kann, in welchen Gemeinden sich in naher Zukunft Probleme bei der ärztlichen Versorgung entwickeln könnten. Wichtige Indikatoren dafür sind die Altersstruktur und der Versorgungsgrad der Mediziner vor Ort“, erläutert Stefan Kutscher. Zu den Maßnahmen zählen beispielsweise die Gewährung von Darlehen zum Praxisaufbau oder zur Praxisübernahme. &bdquo;Diese müssen nur zu einem geringen Teil zurückgezahlt werden, wenn die Förderempfänger mindestens drei Jahre in der ärztlichen Versorgung tätig sind.“ In Herzebrock-Clarholz habe es erst einmal eine Förderung in Form eines Praxisdarlehens über 50.000 Euro gegeben, so Kutscher, in Rheda-Wiedenbrück, das seit August 2016 durchgängig bis heute auf dem Förderverzeichnis stehe, seien schon 16 Praxisdarlehen im Wert von mehr als 870.000 Euro ausgezahlt worden. Die 50.000 Euro seien 2019 beim Übergang der Praxis von Douglas Mc Gibbon an die Medizinerin Carine Koutang in Clarholz gegangen, berichtet Bürgermeister Marco Diethelm. Lesen Sie auch: Bauprojekt um besondere Arztpraxis in Gütersloh gewinnt internationalen Preis Weitere 35.000 Euro hätte die Gemeinde als Anreiz ausgelobt. Mit einem Medizinischen Versorgungszentrum unter kommunaler Regie würde die Stadt Herzebrock-Clarholz Neuland betreten. &bdquo;Derzeit gibt es vier hausärztliche Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in kommunaler Trägerschaft in Westfalen-Lippe, keines davon liegt im Kreis Gütersloh“, teilt die Kassenärztliche Vereinigung mit. Man habe alle kommunalen MVZ intensiv beraten und mit Fördermaßnahmen begleitet und unterstützt.

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