Dieser Gütersloher bietet außergewöhnliche Kochkurse an

Wie kamen Sie auf die Idee spezieller Kochkurse für blinde und sehbehinderte Menschen? Eugen-Peter Krause: Ich biete bereits seit 2008 in ostwestfälischen Volkshochschulen ganz normale Kochkurse an. Zehn Jahre später wollte ich die Zielgruppe der Teilnehmenden erweitern, weil es mein Bestreben ist, nicht nur über Inklusion zu reden, sondern diese auch ganz alltäglich zu leben. Durch Corona mussten viele Angebote dann leider pausieren, aber eine Anfrage des Blindenvereins Gütersloh brachte den Stein wieder ins Rollen. In enger Zusammenarbeit mit Irmhild Plauschinn von der Volkshochschule Gütersloh und Angelika Böning vom Blindenverein konnte der Kurs wieder aufgenommen werden – mit ziemlich großem Erfolg. Was müssen Sie bei der Vorbereitung eines solchen Kurses anders machen als bei klassischen Kochkursen? Die Vorbereitung ist deutlich intensiver. Ich muss nicht nur passende Rezepte finden, sondern auch darauf achten, dass sie leicht verständlich, gut umzusetzen, und in der vorgesehenen Zeit machbar sind. Bevor ich mit dem Kurs erstmals anfing, habe ich in unserer Küche zu Hause trainiert; das heißt, ich habe mit geschlossenen Augen Gemüse geschnitten, um zu erkennen, wie ich den Teilnehmenden den Vorgang am besten erklären kann. Danach ging ich dazu über, Fleisch zu schneiden und mein Verständnis dadurch zu trainieren. Aus diesen Erfahrungen habe ich ein eigenes Konzept entwickelt und zunächst mit ganz einfachen Rezepten begonnen. Viele Teilnehmende bringen sicherlich Unsicherheiten mit. Wovor haben die meisten am Anfang Respekt, und wie gelingt es Ihnen, diese Ängste abzubauen? Die größte Sorge haben viele vor dem Umgang mit scharfen Kochmessern. Zu Hause wird oft nur mit kleinen Schälmessern gearbeitet – dabei ist das Verletzungsrisiko damit eigentlich höher. Bei mir bekommt jede und jeder ein richtiges Kochmesser. Da ich ja schon mit einem Kochkurs für Hörgeschädigte an der VHS Herford tätig war, habe ich keine Berührungsängste, um mit eingeschränkten Teilnehmenden zu kochen. Also beginne ich ganz behutsam. Zuerst erkläre ich den Umgang mit dem Messer, dann üben wir das Halten und Schneiden ohne Lebensmittel – nur Trockenübungen. Ich frage immer, ob ich die Hände der Teilnehmenden führen darf, und zeige dann genau, was wir machen. Es entsteht Vertrauen – und mit der Übung kommt die Sicherheit. So bauen wir Ängste gemeinsam Schritt für Schritt ab. Gibt es eine Aufgabenteilung? Ja. An die Herde lasse ich immer nur Teilnehmende, die noch etwas Restsehvermögen haben. Mit dem Kochmesser schneiden jedoch alle. Abgeschmeckt wird auch von allen Teilnehmenden, egal ob ganz erblindet oder noch Restsehvermögen vorhanden ist. Gibt es einfache Regeln oder Kniffe, mit denen man sich in einer unbekannten Küche gut zurechtfindet – besonders rund um Herd, Pfanne und Messer? Jede Küche ist anders: Herd, Öfen, Arbeitsflächen. Wichtig ist, mit Respekt an die Sache heranzugehen. Ich erkläre die Abläufe peu à peu, ohne dass man etwas sehen oder in den Händen halten muss. Lesen Sie auch: Unternehmen Miele aus Gütersloh in Brüssel: So könnte das Kochen der Zukunft aussehen Dabei bekommen die Teilnehmenden die nötige Sicherheit, um sich auch in ungewohnter Umgebung zurechtzufinden. Haben Sie einen grundsätzlichen Tipp zum Thema Sicherheit in der Küche, den eigentlich jeder beherzigen sollte; ob mit oder ohne Seheinschränkung? Respekt ist das A und O – und zwar immer. Auch ich habe schon erlebt, wie schnell man sich wehtun kann. Manchmal reicht ein Moment der Unachtsamkeit – und es tut dann nicht nur einmal weh. In Bielefeld haben Sie mit &bdquo;Pro Retina“ kürzlich einen besonderen Kurs veranstaltet, bei dem ein Vier-Gänge-Menü auf dem Tisch stand: komplett selbst gekocht. Wie kam es zu dem Kontakt, und braucht man für so ein ambitioniertes Menü zwingend sehende Unterstützung? &bdquo;Pro Retina“ war durch einen Film in der WDR-Lokalzeit auf mich aufmerksam geworden. Der Verein hat mich kontaktiert. Wir haben uns getroffen, einige Details besprochen und schließlich eine geeignete Küche in der Hedwig-Dornbusch-Schule in Schildesche gefunden. Bei dem Kurs hatten wir tolle Unterstützung durch Angehörige der Teilnehmenden. Einige meiner blinden Teilnehmenden – auch aus Gütersloh – haben aber auch zu Hause schon so viel Übung, dass sie völlig selbstständig kochen. Es geht tatsächlich – wenn man Geduld hat und regelmäßig übt. Was wäre ein gutes Einsteiger-Rezept für Menschen mit wenig Kocherfahrung und vielleicht nur geringem Sehrest? Eine einfache Gemüsesuppe eignet sich wunderbar zum Einstieg. Dabei lernt man nicht nur das Schneiden, sondern auch, wie Schnittgröße und Garzeit zusammenhängen. Große Würfel brauchen länger, kleine sind schneller gar. So entwickelt man ein Gefühl fürs Kochen ganz unabhängig vom Sehen. Und jetzt im Sommer – Grillen auf der Terrasse: Das dürfte doch auch gut funktionieren, oder? Grillen geht, aber ich wäre vorsichtig. Offenes Feuer birgt Risiken, besonders ohne Sehvermögen. Ich empfehle, erst indirekt zu grillen und die Röstung mit Unterstützung von Sehenden zu machen. So bleibt es sicher und das Essen trotzdem lecker. Sie sagten mir vorhin, dass in Ihren Kursen viel gelacht wird. Warum ist Humor für Sie gerade in diesem Kontext so wichtig? Weil Kochen Freude machen soll. Wenn in der Küche gelacht wird, schmeckt das Essen oft gleich doppelt so gut. Der Geschmackssinn verändert sich, wenn die Stimmung stimmt. Lesen Sie auch: Ex-Koch von Oetker-Restaurant kann im Kreis Gütersloh für Zuhause gemietet werden Und an einem schlechten Tag? Dann sollte man vielleicht lieber jemand anderen abschmecken lassen. Das habe ich sogar schon in Restaurants erlebt. Kochen und Essen gelten oft auch als sinnliches Erlebnis: Gerüche, Geräusche, Haptik, Geschmack. Ist es genauso erfüllend, wenn der Sehsinn wegfällt? Auf jeden Fall. Wenn der Sehsinn wegfällt, schärfen sich die anderen Sinne. Der Tastsinn wird feiner, der Geruchssinn intensiver, selbst Geräusche nimmt man ganz anders wahr. Und das Schönste: Alle helfen einander, auch wenn sie selbst wenig oder gar nichts sehen. Gemeinsam kochen, lachen und genießen – das macht diesen Kurs so besonders.

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