Schwere Vorwürfe nach Tod eines Flüchtlings in Gütersloh: Wurde ihm Hilfe verweigert?

Gütersloh. Wie starb Flüchtling &bdquo;Shino“ und hätte sein Tod verhindert werden können? Diese Fragen beschäftigen derzeit Polizei und Staatsanwaltschaft. Hintergrund ist eine anonyme Anzeige, die auch der Redaktion vorliegt. Darin werden einer leitenden Mitarbeiterin der vom Land NRW betriebenen Notunterkunft für Flüchtlinge auf dem ehemaligen Militärflughafen an der Marienfelder Straße in Gütersloh schwere Vorwürfe gemacht. Demnach soll sie einem erkrankten Bewohner die Einweisung in ein Krankenhaus verweigert haben. Wenige Stunden später verstarb der 46-Jährige. Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung in Gütersloh Auf Anfrage der &bdquo;NW“ bestätigte Staatsanwalt Christopher York den Eingang der anonymen Anzeige. Die Kreispolizeibehörde ermittele wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der unterlassenen Hilfeleistung – &bdquo;derzeit noch gegen Unbekannt“, wie York erklärte. Der Staatsanwalt gab zunächst keine weiteren Details zum Fall oder zur genauen Identität des Verstorbenen bekannt. Nach bisherigen Erkenntnissen soll der Mann 1979 in der Türkei geboren worden sein. Laut Anzeige suchte &bdquo;Shino“ am 17. März die Sanitätsstation der Notunterkunft auf und klagte über starke Bauchschmerzen. Eine Sanitäterin sprach sich demnach für eine sofortige Einlieferung ins Krankenhaus aus. Die leitende Mitarbeiterin soll dies jedoch mit den Worten &bdquo;Ich sehe keinen Grund dafür“ abgelehnt haben. Am Nachmittag wurde der Mann schließlich doch mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Dort verstarb er wenig später. Die Polizei erhofft sich Aufschluss über die genauen Todesumstände durch Einsicht in die Patientenakte und Zeugenbefragungen. Nach &bdquo;NW“-Informationen sind diese Woche bereits erste Mitarbeiter aus der Notunterkunft befragt worden. Lesen Sie auch: Ehemaliger Gütersloher Flugplatz – Einblicke in neue Wohncontainer für Geflüchtete Hinweisgeber kritisiert Handeln in Gütersloher Notunterkunft Der Hinweisgeber macht in der anonymen Anzeige die Beschäftigte des Landes NRW verantwortlich für den Tod des Mannes. Er kritisiert, dass &bdquo;Zeit und schnelles Handeln“ womöglich das Leben des Patienten hätten retten können. Zudem sei die Mitarbeiterin dem medizinischen Rat der Sanitäterin nicht gefolgt und habe sich verhalten, als sei sie &bdquo;eine Ärztin und die alleinige Entscheidungsbefugte“. Auch bei der Bezirksregierung Detmold, die gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) den Betrieb der Unterkunft organisiert, sind inzwischen anonyme Hinweise zu dem Fall eingegangen. Das bestätigte Sprecher Steffen Adams auf Nachfrage. Mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen machte auch er keine weiteren Angaben zu dem Sachverhalt. Adams erklärte, dass die Sanitätsstation in der Notunterkunft vom DRK eigenverantwortlich geführt wird. Bewohner können dort von Montag bis Freitag zwischen 10 und 12 Uhr sowie 14 und 16 Uhr medizinische Grund- und Erstversorgung in Anspruch nehmen und auch ärztliche Termine vereinbaren. Lesen Sie auch: Große Unterkunft für Geflüchtete im Kreis Gütersloh – jetzt entscheiden die Bürger Wer entscheidet, ob ein medizinischer Notfall vorliegt? Nach Angaben von Jana Biesenbach, Geschäftsführerin der DRK-Betreuungsdienste Westfalen-Lippe, entscheiden während der Öffnungszeiten die beiden eingesetzten Mitarbeiter der Sanitätsstation darüber, ob ein medizinischer Notfall vorliegt. Außerhalb der Öffnungszeiten übernehmen Mitarbeiter von Sicherheits- oder Betreuungsdiensten diese Entscheidung. Laut Steffen Adams gibt es keinen festgelegten Freigabeprozess für Notrufe, um im Ernstfall keine Verzögerungen zu riskieren. Biesenbach erklärt: &bdquo;Sofern kein medizinischer Notfall vorliegt, wird während der regulären Bürozeiten ein Behandlungsschein über die Sanitätsstation bei der Bezirksregierung angefordert und nach entsprechender Prüfung ausgestellt.“ Wer im Fall von &bdquo;Shino“ letztlich entschieden hat, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen. Aktuell sind in der Unterkunft an der Marienfelder Straße 258 Menschen aus 25 verschiedenen Nationen untergebracht. Die Kapazität der Einrichtung liegt bei 330 Plätzen.

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