Angst vor Abschiebung aus Gütersloh – unsichere Perspektive belastet Familien

Gütersloh. Zurückweisungen an den Grenzen, deutlich erhöhte Kapazitäten für Abschiebehaft, Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten, &bdquo;Rückführungsoffensive“ – diese geplanten Maßnahmen sollen zu höheren Abschiebezahlen und der Begrenzung von Migration führen. In der aktuellen Migrationsdebatte steht vor allem das Thema Abschiebung im Vordergrund und ist daher auch wesentlicher Bestandteil der geplanten Migrationspolitik im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. Auch im Café Connect in Gütersloh verfolgt man die bundesweite Migrationsdebatte. Hier ist die Angst vor Abschiebung im Alltag spürbar – ein Blick auf die Seite der Betroffenen und derjenigen, die Tag für Tag mit ihnen arbeiten. Integration in das gesellschaftliche Leben in Gütersloh Das Café Connect ist ein Begegnungsort für Geflüchtete und Einheimische, der von der Diakonie Gütersloh getragen wird. Von Montag bis Donnerstag treffen sich hier Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte und tauschen sich bei Kaffee und Tee aus. Marvin Hemkendreis, einer der drei hauptamtlichen Mitarbeiter, beratet vorrangig zu Asylverfahren, Sozialleistungen, Job- und Wohnungssuche. &bdquo;Integration auf dem offiziellen Weg“ nennt er dies. Die Integration in das gesellschaftliche Leben könne die hauptamtliche Flüchtlingsberatung allein jedoch nicht leisten, merkt Hemkendreis an. Dafür brauche es die Ehrenamtlichen, die im Café Connect unterstützen. Diese würden beispielsweise Deutschkurse für diejenigen anbieten, die keinen Platz in einem Kurs von der Stadt bekommen haben, berichtet Katharina Stein, ebenfalls hauptamtliche Flüchtlingsberaterin. &bdquo;Die Ehrenamtlichen können die direkte Brücke in die Gesellschaft bauen“, veranschaulicht Marvin Hemkendreis. Lesen Sie auch: Ehemaliger Gütersloher Flugplatz – Einblicke in neue Wohncontainer für Geflüchtete Ukrainische Mutter: &bdquo;Froh, dass ich in Gütersloh bin“ Maryna Bochkareva und ihre Tochter Oksana sind regelmäßige Besucher des Café Connect: &bdquo;Ich muss keine Angst haben, hierher zu kommen“, sagt die Mutter, die aus der Ukraine geflüchtet ist. &bdquo;Es ist mir nicht peinlich, wenn ich mal eine Sache nicht weiß. Ich weiß, dass ich hier Hilfe bekomme“, so Bochkareva weiter. Die ukrainische Mutter betont: &bdquo;Ich bin froh, dass ich in Gütersloh bin, hier gibt es viel Unterstützung.“ Beraterin Katharina Stein ergänzt: &bdquo;Das gibt es nicht überall.“ Pakiza Tarmar und ihr Mann Saadun Almando gehören der jesidischen Community an und sind aus dem Irak geflohen. Auch sie sind froh, dass es das Café Connect gibt: &bdquo;Hier kann ich Fragen zur Wohnung stellen oder Sprachkurse besuchen“, so Pakiza Tarmar. Für ihr Kind Samuel sei das Café Connect ein wichtiger Ort, an dem er mit anderen Kindern spielen könne. &bdquo;Er hat keinen Kindergartenplatz bekommen und so kann er sich schon etwas eingewöhnen“, sagt seine Mutter. Familien in Gütersloh haben Angst vor Abschiebung Doch die Mitarbeiter und Helfer im Café Connect können nur begrenzt die Sorgen der Familie auffangen, schließlich wird hier nicht über den Status ihres Asylantrages entschieden. So prägt die Unsicherheit, ob sie bleiben dürfen oder nicht, den Alltag der Familie. Diese Fragen &bdquo;stellt man sich täglich“, berichtet Saadun Almando. &bdquo;Alle anderen Probleme sind dann zweitrangig“, fügt Flüchtlingsberater Marvin Hemkendreis hinzu. Auch Katharina Stein betont die Relevanz einer sicheren Aufenthaltsperspektive. Solange Menschen Angst haben, abgeschoben zu werden, könnten sie ihren Alltag laut Stein nicht normal bestreiten. &bdquo;Die Menschen leben Jahre in Angst“, berichtet die Flüchtlingsberaterin. &bdquo;Auf Social Media erzählen Jesiden über ihre Abschiebung. Das macht Angst“, sagt Pakiza Tarmar. Die Angst vor Abschiebung sei bei dem irakischen Paar deshalb so präsent, da immer wieder diskutiert werde, ob der Irak auf die Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgenommen werden sollte, erklärt Marvin Hemkendreis. Grund dafür ist laut dem Flüchtlingsberater der Sieg über die Terrorgruppe Islamischer Staat. Realitätsfernes Bild von Geflüchteten Doch die Region, in der die Jesiden zuvor gewohnt haben, sei zerstört und der irakische Staat gewährleiste keine Hilfe für den Wiederaufbau, berichtet das Paar und führt weiter aus: Abseits dieser Region seien die Jesiden immer noch eine diskriminierte Minderheit und würden oftmals in Zeltcamps wohnen. &bdquo;Außerhalb unserer Dörfer haben wir keine Freiheit, in unseren Dörfern haben wir keine Unterstützung“, fasst Saadun Almando zusammen. Marvin Hemkendreis betont in diesem Zuge, dass die Lage im Irak gerade für Gütersloh von Bedeutung sei, da hier viele Jesiden leben würden. Laut Katharina Stein produziert die Diskussion um Abschiebungen eine Angst, die nicht verhältnismäßig ist. &bdquo;Was wir hier haben, sind mutige, starke Personen. Die können wir doch brauchen“, betont die Flüchtlingsberaterin.&bdquo;Viele lernen Migranten gar nicht kennen und haben ein Schreckensbild, das mit der Realität nichts zu tun hat.“ Stein plädiert deshalb für mehr Begegnung zwischen einheimischen Güterslohern und den Geflüchteten. Darauf hofft auch Saadun Almando: &bdquo;Wir wünschen uns mehr Kontakt zu Leuten“.

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