Diese Standpunkte vertreten die Direktkandidaten aus Paderborn zur Migrationsdebatte

Paderborn. Am 23. Februar wird ein neuer Bundestag gewählt. Die &bdquo;NW“ hat einer Direktkandidatin und fünf Direktkandidaten, die im Wahlkreis 136 Paderborn antreten, jeweils drei Fragen zu verschiedenen Themen gestellt. Im ersten Teil geht es um Migration. Die Fragen wurden vor der Abstimmung im Bundestag gestellt. Carsten Linnemann, CDU Braucht es eine Verschärfung in der Migrationspolitik? Ja. Ich kann dem ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck nur recht geben: &bdquo;Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Die Aufnahmefähigkeit Deutschlands ist überschritten. Landräte und Bürgermeister bestätigen mir das wöchentlich. Die illegale Migration muss gestoppt werden. Denn diese geht zu Lasten jener, die wirklich schutzbedürftig sind. Deshalb muss in Zukunft, solange die Kontrolle an der europäischen Außengrenze nicht funktioniert, an unseren Grenzen zurückgewiesen werden. Viele Abschiebungen scheitern: Wie können diese konsequenter erfolgen? Natürlich müssen wir bei den Abschiebungen besser werden. Wir wollen etwa Bundesausreisezentren schaffen, um Rückführungen zu erleichtern. Übrigens auch nach Afghanistan und Syrien, vor allem für Straftäter und Gefährder. Für sie muss die Ausreisehaft zeitlich unbegrenzt bleiben. Zudem müssen wir verstärkt Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern schließen. Ein großes Problem aber ist, dass es in vielen Fällen keine Ausweispapiere gibt und die Herkunft ungeklärt bleibt. Deshalb ist es wichtig, dass in Zukunft nur noch Menschen zu uns kommen dürfen, die bereits einen positiven Asylbescheid haben. Wann ist jemand nach Ihrer Meinung integriert? Wenn sich jemand in unsere Gesellschaft einbringt, unsere freiheitlichen Werte teilt und unseren Rechtsstaat respektiert. Burkhard Blienert, SPD Braucht es eine Verschärfung in der Migrationspolitik? Wir brauchen keine Rolle rückwärts. Vielmehr müssen wir unsere moderne Einwanderungsgesellschaft weiter so gestalten, dass sie für alle lebenswert ist und funktioniert. Unser Land braucht ein neues deutsches Wir, das Zugehörigkeit stiftet. Die befristeten Grenzkontrollen müssen in einem vereinten Europa die Ausnahme bleiben. Dafür braucht es sichere EU-Außengrenzen, Familienzusammenführung und Rückführungen, keine Kriminalisierung der Seenotrettung, Migrationsabkommen und eine Bekämpfung der Fluchtursachen. Die Augen vor der nötigen Verantwortung zu verschließen, hilft nicht. Viele Abschiebungen scheitern: Wie können diese konsequenter erfolgen? Das Gesetz für verschärfte Abschieberegelungen ist im Bundestag beschlossen worden. Damit haben wir alles für effektivere Verfahren und eine konsequentere Durchsetzung der Ausreisepflicht. Wann ist jemand nach Ihrer Meinung integriert? Zuletzt haben wir allzu oft und viel gestritten, die Polarisierung hat zugenommen, der Ton ist unter- und miteinander rauer geworden. Oft zu rau. Das haben viele Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte besonders zu spüren bekommen. Menschen, die sich Tag für Tag anstrengen, viel für Deutschland tun und trotzdem für einige nicht dazugehören sollen. 21 Millionen Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte kennen das, in der jungen Generation sind es fast 40 Prozent – bald jeder und jede zweite von uns. Unser Ziel ist deshalb eine Gesellschaft, in der alle Menschen gleich an Würde, gleich an Chancen und frei von Diskriminierung und Rassismus sicher leben können. Peter Altenbernd, Grüne Braucht es eine Verschärfung in der Migrationspolitik? Wir brauchen Klarheit und Unterscheidung: Das Grundrecht auf Asyl für verfolgte Menschen darf nicht angetastet werden. Es braucht mehr legale Zuwanderungsmöglichkeiten für die, die bei uns arbeiten wollen, denn wir brauchen Fachkräfte für unsere Industrie, Handwerk und Gesundheitssystem. Wir brauchen auch Zufluchtsregelungen und Hilfen für Geflüchtete z. B. aus Katastrophengebieten oder Kriegen wie der Ukraine. Darüber hinaus müssen wir Fluchtursachen konsequent bekämpfen. Asylverfahren müssen fair und schnell durchgeführt werden. Die Anerkennung von Qualifikationen muss entbürokratisiert werden und es sollte einen schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt geben. Viele Abschiebungen scheitern: Wie können diese konsequenter erfolgen? Es geht um Rechtsstaatlichkeit und Humanität. Menschen, die keinen Anspruch auf Asyl oder ein Aufenthaltsrecht haben, müssen Deutschland wieder verlassen. Eine freiwillige Rückkehr wird unterstützt. Es muss individuell geprüft werden, ob tatsächlich keine Bleibeperspektive besteht bzw. ob keine Abschiebehindernisse vorliegen. Das betrifft gesundheitliche Beeinträchtigung oder auch Frauen und Kinder, die nicht in Gewaltsituationen zurückgeschickt werden dürfen (Istanbulkonvention). Ausreisepflichtige, die schwere Straftaten begangen haben, müssen nach Verbüßung ihrer Straftaten prioritär zurückgeführt werden. Wann ist jemand nach Ihrer Meinung integriert? Wenn man die deutsche Sprache kann, einer Arbeit nachgeht, die Grundwerte unserer Gesellschaft teilt, sich aktiv in die Gemeinschaft einbringt. Alexander Senn, FDP Braucht es eine Verschärfung in der Migrationspolitik? Wir brauchen eine geordnete Migration nach klaren Regeln, die auch durchgesetzt werden. Es ist unbestritten, dass Deutschland Einwanderung in den Arbeitsmarkt dringend benötigt. Dies muss einfacher und nicht schwieriger werden. Was wir jedoch nicht brauchen, ist eine unkontrollierte Einwanderung von Menschen, die erkennbar kein Anrecht auf humanitären Schutz haben und keinen Willen zur Integration in unsere Gesellschaft zeigen. Viele Abschiebungen scheitern: Wie können diese konsequenter erfolgen? Es ist viel zu leicht, sich einer Abschiebung zu entziehen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Behörden nutzen oftmals nicht die volle Bandbreite der rechtlichen Möglichkeiten aus. Die Landesregierung lässt unsere Kommunen nahezu vollständig im Regen stehen. Wir brauchen daher dringend mehr Rückführungsplätze, eine bessere Koordination und vor allem einen klaren politischen Willen. Asylbewerber sollten bis zur Klärung ihres Aufenthaltsstatus in den Landesunterkünften verbleiben. So entlasten wir unsere Kommunen. Gleichzeitig müssen wir die Ausländerbehörden stärken. Sei es durch eine bessere Koordinierung, der Zentralisierung von Rückführungen, die Beschleunigung von Asylverfahren oder die verstärkte Anwendung bereits geltender Gesetze. Wie so oft in Deutschland hapert es hier nicht an der Rechtslage, sondern an deren Umsetzung. Wann ist jemand nach Ihrer Meinung integriert? Aus meiner Sicht ist ein Mensch integriert, wenn er sich als Teil der Gesellschaft versteht, in der er lebt. Charlotte Neuhäuser, Die Linke Braucht es eine Verschärfung in der Migrationspolitik? Es braucht erstmal eine Verschärfung der Sozialpolitik. Die Migrationsdebatte von rechts macht Migrant*innen und Geflüchtete zu Sündenböcken für die verfehlte Politik im Interesse der Reichen. Menschen mit Migrationsgeschichte sind in allen gesellschaftlichen Bereichen vertreten und leisten wertvolle Arbeit. Statt einer Debatte zwischen einem &bdquo;Wir“ und &bdquo;die anderen“ orientieren wir uns am Leitbild einer demokratischen und sozialen Einwanderungsgesellschaft. Wir brauchen zusammengelegte Strukturen, Ehrenamt und Staat müssen Hand in Hand arbeiten. Es gibt genügend Orte in Deutschland, in denen das funktioniert, nur werden sie nie in der Debatte erwähnt. Viele Abschiebungen scheitern: Wie können diese konsequenter erfolgen? Auf diese Frage antworte ich nicht. Sie ist pietäts- und geschmacklos. Mittlerweile geben menschenfeindliche und rassistische Positionen der AfD, CDU und FDP den Ton an. Auch SPD und Grüne sind nach Rechts gerückt. Ob &bdquo;Remigration“, &bdquo;Abschiebeoffensive“, &bdquo;im großen Stil abschieben“, oder &bdquo;abschieben mit Bauchschmerzen“ – alle übernehmen rechte Politik und machen sich damit zu einem Steigbügelhalter der extrem Rechten, indem sie deren Forderungen gesellschaftsfähig machen. Wir stehen dagegen. Wann ist jemand nach Ihrer Meinung integriert? Wir müssen uns trauen, unterschiedlich zu sein. Wir dürfen nicht in neo-völkische Denkweisen zurückfallen, in der wir anderen Leitkultur und &bdquo;deutsch sein“ aufzwingen wollen. Stattdessen sollten wir Pluralität fördern und uns von dem Bild des &bdquo;perfekten integrierten Migranten“ verabschieden. Alexander Lex, AfD Braucht es eine Verschärfung in der Migrationspolitik? Nur mit der Regierungsbeteiligung der AfD auf Bundesebene wird es eine vernunftorientierte Migrationspolitik geben können. Über die Notwendigkeit der 180-Grad-Wende der deutschen Politik im Umgang mit illegal Eingereisten besteht in weiten Teil des Deutschen Volkes kein ernsthafter Zweifel. Zweifel an dieser Einsicht in die realen Notwendigkeiten werden durch linke Desinformation bewusst unredlich geschürt. Viele Abschiebungen scheitern: Wie können diese konsequenter erfolgen? Weitreichende Rücknahmeabkommen mit renitenten Herkunftsstaaten fallen nicht vom Himmel in den Schoß einer deutschen Bundesregierung, sondern müssen durch interessengeleitete Außen- und Wirtschaftspolitik mit diplomatisch harten Bandagen wie z. B. dem Visa-Hebel, der Aussetzung von Entwicklungshilfe oder der Stilllegung akademisch-technologischer Zusammenarbeit dort erstritten werden, wo die Samthandschuhe auf dem internationalen Parkett nicht zu zeitigem Erfolg führen. Wann ist jemand nach Ihrer Meinung integriert? Integration ist nicht das Ziel einer aktiven Fachkräfteanwerbungsstrategie, sondern lediglich eine Wegmarke auf dem Weg zur Assimilation in die aufnehmende Gesellschaft. Als &bdquo;nützlich, mithin positiv integriert“ mag wirken, wer als Fremdstaatler über einen längeren Zeitraum auf dem Gebiet der Bundesrepublik straffrei geblieben ist, einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zugunsten der eigenen finanziellen Selbstständigkeit nachgeht, ernsthaft die deutsche Sprache erlernt sowie die Sitten und Gebräuche des Deutschen Volkes respektiert und würdigt.

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