Harter Sparkurs in Gütersloh: Wichtigem Café in der Innenstadt droht plötzlich das Aus

Gütersloh. In der Diakonie herrscht Grabesstimmung. Seitdem die Nachricht bekannt sei, kämen Besucher zum Kondolieren. Der Grund? &bdquo;Wenn die Planungen durchkommen, sind die Strukturen hier tot“, sagt Benjamin Varnholt, Geschäftsbereichsleiter der Flüchtlingsberatung mit deutlichem Ton. &bdquo;Ich bin immer noch stinksauer!“ Ohne Gespräch und ohne Vorwarnung seitens der Stadtverwaltung oder Politik habe die Diakonie in der vergangenen Woche durch eine Verwaltungsvorlage erfahren, dass die Flüchtlingsberatung im Café Connect im Zuge der Haushaltskonsolidierung von zwei auf eine Stelle gekürzt werden soll. Die Reduzierung umfasst insgesamt 90.600 Euro ab 2026. Die finanziellen Möglichkeiten halbierten sich somit, das Angebot aber käme damit quasi zum Erliegen. &bdquo;Bleibt die Stadt bei dieser Planung, müssen wir das Café Connect mit dem Angebot der Flüchtlingsberatung ab dem 1. Januar 2026 vom Netz nehmen“, erklärt Diakonievorstand Karsten Stüber. Auch er ist wütend über die Art und Weise, wie mit der Arbeit der Diakonie umgegangen wird. Lesen Sie auch: Harter Sparkurs: Gütersloher Café betroffen – Schulklos sollen seltener geputzt werden Beratungsstelle leistet in Gütersloh viel Integrationsarbeit &bdquo;Wir haben 4.000 geflüchtete Menschen in Gütersloh. Die Flüchtlingsberatung ist kreisweit mit keiner anderen zu vergleichen. Sie ist seit Jahren ein Stützpfeiler in der Gütersloher Integrationsarbeit.“ 60 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer seien hoch qualifiziert, um in sämtlichen Lebensbereichen Unterstützung zu leisten. Von der Beratung zu Asylverfahren, Vermittlung von Sprachlehrern bis hin zur Vermittlung von Praktikumsplätzen werde hier alles geleistet, erklärt Stüber. 400 Personen seien in den vergangenen Jahren auf den Arbeitsmarkt vermittelt worden – mehr als das Jobcenter vielleicht geschafft hätte. &bdquo;Die Stadt Gütersloh bekommt nicht nur die Flüchtlingsberatung, sondern auch das Café Connect gratis dazu. Hier wandert kein Cent der städtischen Gelder rein“, das Angebot leistet die evangelische Kirche mithilfe von Spenden. &bdquo;Wenn das alles wegfällt“, so Benjamin Varnholt, &bdquo;erzeugen wir mehr Arbeit beim Jugendamt, beim Jobcenter und vielen anderen Institutionen.“ Und man gefährde durch die Kürzung ganz klar den sozialen Frieden, denn mangelnde Integrationsarbeit mache sich nun mal gesellschaftlich bemerkbar. Dieser Meinung ist auch Volker Brüggenjürgen, Caritas-Vorstand Kreis Gütersloh. Er sitzt mit am Tisch, denn die beiden kirchlichen Verbände üben den Schulterschluss gegenüber Stadtverwaltung und Politik und äußern gemeinsam Kritik am Vorgehen der Sparmaßnahmen. Stadt Gütersloh will 50.000 Euro streichen &bdquo;Zusammen beraten wir zehn Prozent der Stadtgesellschaft. Da nützt es nichts, unsere Arbeit in Sonntagsreden zu loben, es braucht auch eine gesicherte Finanzierung!“ Zugesagt hatte die Stadt Gütersloh der Caritas, die auslaufende Landesfinanzierung von aktuell 0,8 Stellenanteil in der Beratung der südosteuropäischen Arbeitsmigranten mit dem Anteil einer halben Stelle (0,5 VzÄ) zu übernehmen. Diese 50.000 Euro sollen nun nach jüngsten Plänen der Stadt Gütersloh gestrichen werden. Die Beratungsarbeit der Caritas würde somit nur noch zu einem Bruchteil erhalten bleiben. &bdquo;Statt 306 Klienten könnten noch 117 betreut werden“, erklärt Fachbereichsleiter Frank Börgerding. &bdquo;Über 60 Prozent der Leistungen würden fehlen. &bdquo;Wir sind als Träger maßlos enttäuscht“, sagt Brüggenjürgen in deutlichen Worten. Lesen Sie auch: Gütersloh muss dringend sparen: Jetzt droht wichtigen Einrichtungen die Schließung &bdquo;Die Tönnies-Holding und andere Firmen benötigen weiterhin viele tausend Arbeitnehmer aus Südosteuropa, es wird weiter angeworben, damit die Menschen zu uns kommen und unseren Wohlstand sichern, aber wir reduzieren zugleich die Migrationsberatung um zwei Drittel.“ 6.300 Menschen aus Polen, Bulgarien und Rumänien (Stand 2023) leben in Gütersloh, &bdquo;das sind 6,2 Prozent der Stadtgesellschaft. Wir können nicht nachvollziehen, dass hier gespart werden soll.“ Donnerstag wird in Gütersloh über Einsparungen beraten Am Donnerstag, 30. Januar, tagt der Ausschuss für Soziales, Familien und Senioren um 17 Uhr, um unter anderem über die Einsparungen bei Caritas und Diakonie zu beraten. Das letzte Wort hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 7. Februar. &bdquo;Man kann bei einem Rettungswagen nicht einfach zwei Räder abmontieren. Ein halber Rettungswagen funktioniert nicht“, so Brüggenjürgen, der an die Politiker der Stadt appelliert: &bdquo;Sie müssen jetzt abwägen. Wir hoffen auf ein deutliches Zeichen, dass Gütersloh sozial bleibt.“ Diakoniechef Karsten Stüber wird deutlicher: &bdquo;Wir nehmen das nicht ohne Widerstand hin!“

Meistgelesen