Wie stehen seine Chancen?

Adenauer-Nachfolge im Kreis Gütersloh: Dieser Finanzexperte will neuer Landrat werden

Marco Mantovanelli setzt bei seiner Kandidatur im Kreis Gütersloh nicht nur auf grüne Themen. Welche Schwerpunkte fokussiert er? Wie tickt er privat? Der Überblick.

Marco Mantovanelli möchte am 14. September als Landrat gewählt werden. An Ideen mangelt es dem Finanzexperten der Grünen im Kreis Gütersloh nicht. | © Matthias Gans

Ludger Osterkamp
06.06.2025 | 06.06.2025, 17:16

Kreis Gütersloh. Marco Mantovanelli ist ein leiser Mensch. Kein machtpolitischer Strippenzieher, ein Polterer schon gar nicht. Aber beharrlich, wenn es um die Sache geht. Bei den Grünen, deren aktives Mitglied er seit 2004 ist, hat er sich vor allem in finanzpolitischen Fragen einen Namen gemacht, unter anderem als Vorsitzender des Finanzausschusses im Gütersloher Stadtrat und des Ausschusses für Wirtschaft, Digitalisierung, Finanzen und Rechnungsprüfung im Kreistag.

Klar, dass ihm die Verbesserung der Haushaltslagen der meisten Kommunen im Kreis ein Anliegen ist. „Wenn es so weitergeht, gibt es bis 2028 nur noch zwei Kommunen im Kreis, die einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen. So weit darf es nicht kommen.“

Sven-Georg Adenauer wird bei der nächsten Wahl nicht nochmal als Landrat für den Kreis Gütersloh kandidieren. - © Patrick Menzel
Sven-Georg Adenauer wird bei der nächsten Wahl nicht nochmal als Landrat für den Kreis Gütersloh kandidieren. | © Patrick Menzel

Damit es nicht so weit kommt, hat der 59-Jährige für das Landratsamt seinen Hut in den Ring geworfen. Im Pressegespräch erzählt der seit zwei Jahrzehnten aktive Kommunalpolitiker, mit welchen Ideen er den Kreis wieder wirtschaftlich beleben will, sollte er am 14. September gewählt werden.

Newsletter
Aus dem Kreis Gütersloh
Wöchentliche News direkt aus der Redaktion Gütersloh.

Innovationen auf Reisen durch den Kreis Gütersloh entdeckt

Mit neuen Ideen auf ganz verschiedenen Gebieten, oft mit typisch grünen Themen wie Natur- und Klimaschutz verbunden, will er Kapitalgeber in den Kreis locken, ein Innovationszentrum aufbauen, Start-ups unterstützen. Manche Innovationen hat er sogar bei seinen Reisen durch den Kreis Gütersloh entdeckt, die er im Rahmen seiner Kandidatur verstärkt unternimmt.

Etwa den Ausbau von Agri-PV, wie sie ihm Borgholzhausens Bürgermeister Dirk Speckmann vorgeführt hat. In der kleinsten Kreis-Kommune wird auf einer Fläche von 3,5 Hektar Nahrungsmittelanbau mit nachhaltiger Stromerzeugung verbunden – durch eine aufgeständerte Photovoltaik-Anlage auf einem Feld. „Das rechnet sich zwar nur sehr knapp, aber das Thema sollte unbedingt weiter erforscht werden“, sagt der studierte Physiker, der seit Jahren als freischaffender Software-Entwickler arbeitet.

In Verl ist Mantovanelli die junge Firma„42 Grad“ begegnet. „Das Start-up entwickelt KI-Lösungen, um die Bürokratie, mit denen Unternehmen etwa durch Dokumentationspflichten und Genehmigungsverfahren zu tun haben, automatisiert erledigen zu lassen. Die KI erleichtert die Büroarbeit. So etwas muss man fördern.“

Mehr dazu: Beckhoff-Job gekündigt – Mut dieses Gründers im Kreis Gütersloh wird belohnt

Mobilität im ländlichen Raum im Kreis Gütersloh

Auch die Mobilität im ländlichen Raum ist dem Vater von fünf Kindern aus zwei Ehen (zwischen 10 und 30 Jahre alt) ein Anliegen. „In Singapur habe ich erlebt, dass jeder dritte Bus autonom gefahren ist. Das kennen wir hier nur aus Projekten, etwa in Herford oder in Monheim.“ Zusammen mit der Reaktivierung der TWE-Strecke zwischen Harsewinkel, Gütersloh und Verl sieht er hier viel Potenzial.

Dem verbreiteten Fachkräftemangel will Mantovanelli auf unterschiedlichen Ebenen begegnen. Zum einen will er ein Anwerbeprogramm für junge Menschen aus Südeuropa installieren. „In Spanien oder Italien gibt es viele top ausgebildete Menschen, die dort aber keinen Job finden können. Denen müssen wir hier nicht nur Arbeit, sondern auch ein Zuhause geben.“ Außerdem müsse ein besonderer Schwerpunkt auf die Weiterbildung gelegt werden, um viele Menschen, die in Helferberufen tätig seien, zu qualifizieren.

Nicht zuletzt soll die Erwerbsquote von Frauen durch eine bessere Vereinbarkeit von Kindern und Beruf deutlich gesteigert werden, „da liegt der Kreis Gütersloh deutschlandweit weit im hinteren Bereich“. Das Kita-Angebot müsse dazu ausgebaut werden. „Das läuft bislang oft nicht verlässlich.“

Lesen Sie auch: Entscheidung in Gütersloh gefallen: CDU schickt Landratskandidatin ins Rennen

Gesundheitssystem: „Fachärztemangel ist ein großes Problem“

Auch das Gesundheitssystem treibt den mit seiner zweiten Frau und drei Kindern in Avenwedde wohnenden Kommunalpolitiker um. „Der Fachärztemangel ist ein großes Problem. Ich muss manchmal nach Bielefeld ausweichen, weil es vor Ort monatelange Wartezeiten für eine Behandlung etwa bei einem HNO-Arzt gibt.“ Zur gesundheitlichen Versorgungslandschaft gehörten auch die Krankenhäuser. Hier könnte sich, auf ein schon älteres grünes Anliegen zurückgreifend, Montavanelli eine Beteiligung des Kreises am Klinikum Gütersloh vorstellen.

Begegnungen mit Landwirten laufen für die Grünen im ländlich geprägten Raum des Kreises zuweilen nicht ganz reibungslos, wie Mantovanelli zugibt. „Doch wenn sich beide Seiten auf Gespräche einlassen, entsteht oft doch ein fruchtbarer Austausch.“ Ihm sei es ein Anliegen, die Biodiversität in Kooperation mit den Bauern zu erhalten, nicht gegen sie.

Für viele Probleme im Kreis Gütersloh liege der Schlüssel aber auch in Berlin, stellt Can Erdal, Sprecher des Kreisverbandes der Grünen, klar. „Wir hoffen, dass die beschlossenen Finanzpakete den heimischen Kommunen wieder etwas Luft zum Atmen geben. Die Entlastung des Bundes muss vor Ort ankommen.“

Was macht Marco Mantovanelli privat?

Und was macht Marco Mantovanelli, wenn er sich nicht auf politischer Rundreise befindet oder dem Finanzausschuss vorsitzt? „Ich wandere gerne, hier im Kreis, aber auch in Norwegen, wo es viel abenteuerlicher ist.“ Entspannung findet er aber auch im online ausgetragenen Fernschach, mit einem unbekannten Gegner irgendwo in der Welt. „30 Tage Zeit hat jede Seite für zehn Züge.“ Daher spielt er viele Matches parallel.

Besonders stolz ist er darauf, sich für das Halbfinale der Weltmeisterschaft qualifiziert zu haben. Mantovanelli ist sogar Kapitän von Team Germany A, am 15. Juni geht es los. „Beim Schach komme ich runter, dann kann ich Strategien entwickeln und die des Gegners analysieren.“

Und wie schätzt er die eigenen Chancen bei der Landratswahl ein? Er weiß natürlich, dass im konservativ geprägten ländlichen Bereich des Kreises die CDU schwer zu schlagen ist. „Mir kommt es aber darauf, etwas zu bewegen, neue Ideen voranzutreiben.“

Eine Entscheidung, sollte er die Wahl gewinnen, hat er jetzt schon getroffen. Mantovanelli will den Audi A8 seines Vorgängers als Dienstwagen nicht übernehmen. Es soll ein E-Fahrzeug werden, den er auch privat fährt. „Aber keinen Tesla“, stellt er lachend klar.