
Gütersloh. Der Fall klingt wie in ein schlechter Film: Zwei russischsprachige Frauen haben in der Innenstadt von Gütersloh eine 66-Jährige ausgetrickst, indem sie sich als angebliche Wunderheilerinnen ausgaben. Sie überzeugten die Gütersloherin davon, dass ein Fluch auf ihr lasten würde, den sie gegen Bezahlung mit einem speziellen Ritual vertreiben könnten. Auf diese hinterhältige Art erbeutete das Duo Ende Oktober, eine niedrige sechsstellige Bargeldsumme und Goldschmuck.
„Die Masche ist hier bisher nicht vorgekommen. Es ist der erste und einzige Fall dieser Art im Kreis Gütersloh“, erklärt Polizeisprecher Mark Kohnert. Spuren ähnlicher Delikte, die sich ebenfalls erst vor Kurzem ereignet haben, führen auch nach Osnabrück und Dortmund. In Gütersloh sucht die Polizei jetzt nach Zeugen und über eine Öffentlichkeitsfahndung mit Phantombildern nach den Betrügerinnen.

Tatort ist die Innenstadt von Gütersloh: Hier, in der Königstraße, im Bereiche zwischen dem Modehaus Finke und der Pizzeria Gusto, wird die ältere Frau in den Vormittagsstunden des Mittwochs, 30. Oktober, von einer der beiden Tatverdächtigen auf Russisch angesprochen und zunächst nach dem Weg gefragt. Kurz darauf kommt die zweite Person dazu. Die arglose 66-Jährige wird in ein Gespräch verwickelt.
Beute am Berliner Platz in Gütersloh übergeben
„Die beiden Frauen redeten ihr ein, dass ein Fluch auf ihr läge“, schildert der Polizeisprecher. Das kriminelle Duo überzeugt die Gütersloherin davon, den bösen Bann gegen eine Bezahlung vertreiben zu können. Dazu müsse sie allerdings ihr Erspartes abgeben, das dann gereinigt werden könnte, sollen die beiden Trickbetrügerinnen erklärt haben. Daraufhin hat sich die 66-Jährige auf den Weg gemacht, um das Geld und den Schmuck zu besorgen.
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Die Übergabe soll einige Zeit später im Bereich des zentralen Berliner Platzes erfolgt sein. „Die Geschädigte hat den beiden Tatverdächtigen eine niedrige sechsstellige Summe Bargeld sowie Schmuck ausgehändigt“, schildert Kriminalhauptkommissar Kohnert. Anschließend entfernten sich die russischsprachigen Frauen in unbekannte Richtung.

Mehr als 100.000 Euro und Goldschmuck soll die Beute der Trickbetrügerinnen betragen haben. „Erst als die beiden Frauen verschwunden waren, fiel der Gütersloherin der Betrug auf“, sagt der Polizeisprecher. Noch am selben Tag hat die 66-Jährige bei der Polizei eine Anzeige erstattet. Aktuell läuft ein Ermittlungsverfahren wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.
Fall nach demselben Muster in Osnabrück
Nicht nur Gütersloh ist zum Schauplatz der bizarren Betrugsmasche mit dem Fluch und den russischen Heilerinnen geworden. Einen Tag zuvor, am Dienstag, 29. Oktober, war in Osnabrück eine 67-Jährige zwei Frauen auf den Leim gegangen, die ihr unter dem Vorwand einer spirituellen Reinigung einen vierstelligen Geldbetrag und Schmuck entlockten.
„Sie hatten die Wertgegenstände in ein Tuch gewickelt und der Geschädigten versichert, dass dies zur Aufhebung eines angeblichen Fluchs notwendig sei“, erläutert die Osnabrücker Polizeisprecherin Kim Junker-Mogalle den vom Opfer geschilderten Tatablauf.
Anfang Oktober ereigneten sich zwei ähnliche Taten in Dortmund: Am 8. Oktober verwickelte eine Täterin eine 74-Jährige in ein Gespräch und folgte ihr in ihre Wohnung. Dort wickelte sie ein rohes Ei in ein Tuch, legte es der Seniorin unter den Rock und sprach ein russisches Gebet. Das Ei verfärbte sich. Die Betrügerin behauptete, dass es sich um einen Fluch Satans handeln würde, von dem sie die Seniorin durch ein Ritual für 8.000 Euro befreien könnte.
Wie die Täterinnen in Gütersloh aussahen
25.000 Euro betrug der Schaden am 9. Oktober in Dortmund-Hörde. Dort hatten wiederum zwei Frauen ihr Opfer vor einem russischen Supermarkt angesprochen und in akzentfreiem Russisch behauptet, sie würden einen Zaubertrick beherrschen, mit dem sie der Frau alle Schmerzen nehmen könnten. „In beiden Fällen dauern die Ermittlungen an“, so der Dortmunder Polizeisprecher Felix Groß.
Zusammenhänge zwischen den Taten werden derzeit von den Polizeibehörden geprüft. „Die Kollegen stehen im Austausch“, so Mark Kohnert. Der Gütersloher Polizeisprecher warnt eindringlich vor der Masche, bei der die Täterinnen äußerst perfide vorgehen. „Die Trickbetrügerinnen sind gut geschult und ausgebufft. Sie wirken massiv und dauerhaft auf ihre Opfer ein.“
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Die „Wunderheilerinnen“ in Gütersloh sind in unterschiedlichen Rollen vorgegangen. Eine Frau sorgte für den Erstkontakt, die andere trat als Heilerin auf. Bei der einen Tatverdächtigen handelt es sich um eine etwa 45 Jahre alte, rund 1,50 Meter große, blonde Frau mit kräftiger Figur und dunkler Jacke. Die andere Person soll etwa 65 Jahre alt, 1,65 Meter groß und Trägerin eines Kopftuchs gewesen sind.
Phantombilder im landesweiten Fahndungsportal
Die Ermittlungen der Kriminalbeamten der Polizei Gütersloh haben dazu geführt, dass von den beiden Trickbetrügerinnen jeweils ein Phantombild angefertigt werden konnte. Die Zeichnungen werden zur Öffentlichkeitsfahndung im landesweiten Fahndungsportal gezeigt. Zudem sucht die Polizei Gütersloh nach Zeugen, Hinweise und Angaben werden unter 05241 8690 entgegengenommen.