Gütersloher Sparkurs wird schmerzhaft: Einblicke in nicht öffentliche Empfehlungen

Gütersloh. Vorab ein wichtiger Hinweis: Nichts von alledem ist bislang beschlossen. Es handelt sich um Empfehlungen, nicht um Beschlüsse. Der Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung leistet lediglich Vorarbeit. Doch das, was die Spitzen der Ratsfraktionen in vielen anstrengenden Klausuren schon erarbeiteten, wird Gewicht haben. Und es zeigt, wie schmerzhaft der städtische Sparkurs für die Bürger zu werden droht. Allein im September hat der Arbeitskreis viermal getagt. Die Mitglieder riefen dazu auf ihren Laptops eine Datei von 23 Seiten auf. Jede dieser Seiten enthält Vorschläge, wie der städtische Etat wieder ins Lot kommen könnte. Zu lesen ist dort, welche Einnahme eine höhere Hundesteuer verspricht oder wie viel man sparen könnte, wenn man weniger Geld für Schulmöbel oder fürs Förderprogramm Klimaschutz ausgibt. Kann man so der drohenden Gefahr entgehen? Die Liste ist nicht öffentlich, liegt der &bdquo;NW“ aber vor. Sie enthält 287 Vorschläge. Manchmal, etwa bei Software-Lizenzen, geht es nur um ein paar hundert Euro, manchmal, etwa bei höheren Elternbeiträgen für den Offenen Ganztag, um sechsstellige Beträge. Die Stadtverwaltung, namentlich Kämmerer Thomas Könnecker schreibt dazu Folgendes: &bdquo;Die Maßnahmen könnten im Falle der Umsetzung zum Teil wesentlichen Einfluss auf die Aufgabenerledigung beziehungsweise Leistungserbringung der Stadt in ihren diversen Aufgabenfeldern haben.“ Über viele der 287 Positionen hat der Arbeitskreis noch gar nicht beraten. Bei anderen steht unter der Rubrik &bdquo;Votum“ nicht Ja oder Nein, sondern Später, mit anderen Worten: Man hat es sich angeguckt, aber die Entscheidung vertagt. Gleichwohl hat der Arbeitskreis unterm Strich inzwischen derart viele Voten abgegeben, dass für das kommende Haushaltsjahr eine Verbesserung von 10,9 Millionen Euro heraus springen könnte und für das übernächste von 14,6. Das reicht zwar bei weitem nicht, um das Haushaltsloch zu schließen (das 2025 immer noch 45 Millionen Euro tief wäre), aber es reicht, um der gesetzlichen Haushaltssicherung und somit der Gefahr zu entgehen, überhaupt keine freiwilligen, eigenen Entscheidungen mehr treffen zu können. Kommentar: Gütersloh verliert in Finanzkrise seinen Kämmerer: Plötzlicher Abgang wirft Fragen auf So könnte man bei den Kulturräumen und der Bibliothek sparen Erstellt haben die Liste die städtischen Geschäfts- und Fachbereiche. Sie haben, diesen Eindruck gewinnt man, nahezu alles hinein geworfen, was Konsolidierungspotenzial hat. Auch die städtischen Töchter wie Stadtbibliothek, Kulturräume, Gütersloh Marketing oder Klinikum stehen darauf. Was diese Töchter an Konsolidierungspotenzial beizusteuern hätten, ist teilweise erheblich. Bei den Kulturräumen beispielsweise könnte man 942.000 Euro sparen, indem man den Spielplan &bdquo;anpasst“, die Eintrittspreise erhöht, den Vereinsrabatt streicht, die Mietpreise für den Saal und die Konferenzräume erhöht, den gedruckten Monatsspielplan weglässt und den Betrieb insgesamt in eine neue Rechtsform überführt, samt aller Auswirkungen auf Entgelte und Tariflöhne. Auch bei der Stadtbibliothek wäre das Sparpotenzial erheblich: Man könnte nächstes Jahr 156.000 Euro und bald schon 450.000 Euro sparen, indem man die Öffnungszeiten kürzt, weniger Medien kauft, auf Veranstaltungen verzichtet, die Nutzergebühren erhöht, beim Personal kürzt oder die Bertelsmann-Stiftung (als Mitgesellschafterin) dazu bewegt, sich stärker an den Investitions- und Betriebskosten zu beteiligen. Wie gesagt: Man könnte. Gerade zu den Stadt-Töchtern hat der Arbeitskreis jedoch bislang kaum Voten abgegeben, immer wieder steht dort &bdquo;Später“, Votum vertagt. Weitere mögliche Maßnahmen in Gütersloh Steuern/Gebühren: Ein zustimmendes &bdquo;Ja“ gaben die Ratsfraktionen - unter anderem - zu folgenden Vorschlägen ab: Höhere Hundesteuer (spült zusätzliche 372.000 Euro in die Stadtkasse), Anheben der Vergnügungssteuer von fünf auf sechs Prozent (ergibt ein Plus von 184.000 Euro), höhere Standesamtsgebühren (macht 110.000 Euro), höhere Kursgebühren bei der Volkshochschule (erst 15.000 Euro, ab 2025 dann 40.000 Euro), Ausbau der Geschwindigkeitsmessung (&bdquo;Blitzen“, 53.000 Euro). Schulen/Kitas: Ein zustimmendes &bdquo;Ja“ – unter anderem - zu folgenden Positionen: Kürzen der Einrichtungskosten für alle städtischen Schulen (293.000 Euro), weniger Kita-Stellen durch flexibleren Personaleinsatz (248.000 Euro), bessere Steuerung bei der Vergabe der Kita-Plätze hinsichtlich des gebuchten Stundenumfangs (364.000 Euro), Aufgabe des Jugendtreffs Kattenstroth (54.000 Euro), Kürzen der Mittel für das &bdquo;Bündnis für Erziehung“ (mittelfristig 57.000 Euro), Streichen der Wartungs- und Reinigungskosten für die Luftfilter in den Schulen (mittelfristig 52.000 Euro), komplettes Abschalten dieser Luftfilter (50.000 Euro ab 2026). Klimaschutz/Grünanlagen: &bdquo;Ja“ zu unter anderem folgenden Positionen: Weniger Pflege von öffentlichen Grünanlagen (175.000 Euro, ab 2026 wären es 350.000 Euro), Sandaustausch auf den Spielplätzen nur noch halb so oft (45.000 Euro ab 2026), Abschalten der Wasserspiele und Brunnen in der Innenstadt (15.000 Euro ab 2026), weniger Ersatzpflanzungen in Parks (50.000 Euro ab 2026), Kürzen der Fördermittel für Gebäudesanierung und Photovoltaik (30.000 Euro) und für Dach- und Fassadenbegrünung (25.000 Euro), Bekämpfen des Eichenprozessionsspinners nur noch an Kitas, Spielplätzen und Schulen (30.000 Euro). Kultur: &bdquo;Ja“ unter anderem hierzu: Streichen der Mittel für das &bdquo;Jazz-Wochenende“ (Nachfolger des früheren Festivals/Jazzpreises, 21.000 Euro), Streichen der Mittel fürs Aufarbeiten der Stadtgeschichte (29.000 Euro ab 2026), Streichen der Mittel für den Kulturaustausch &bdquo;C-City“ mit den Partnerstädten (10.000 Euro), Kürzen der Mittel für die Weberei (13.000 Euro nächstes Jahr, mittelfristig 27.000 Euro), Streichen der Kulturförderung an mehreren Positionen, unter anderem für die Ortsteile (10.000 Euro ab 2027) oder für Projekte freier Anbieter in Theater und Stadthalle (2.500 Euro, mittelfristig 6.000 Euro). Parken: Ein einstimmiges &bdquo;Ja“ vom Arbeitskreis zu höheren Gebühren für die Anwohnerausweise (75.000 Euro) und für eine &bdquo;Verdoppelung der Parktarife“ (1,5 Millionen Euro). Das passt inhaltlich – aber rein zufällig - zu der Post, die die Inhaber von Dauerparkkarten für die städtischen Parkhäuser in diesen Tagen erhalten haben. Darin kündigt die Bauverwaltung der Stadt an, dass die Tarife zum 1. Januar steigen. Die Monatsmiete für eine Tages- und Nachtkarte werde von 42 auf 80 Euro inklusive Mehrwertsteuer steigen, heißt es darin. Ausblick: Bis die Stadt Gütersloh wieder in der Lage ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, vergeht noch viel Zeit. Die Verwaltung hat sich mit den Fraktionen auf das Ziel verständigt, die &bdquo;schwarze Null“ spätestens 2034 zu erreichen. Für den Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung, der sich das nächste Mal Mitte November trifft, bedeutet das, er wird wohl noch eine Weile damit beschäftigt sein, die eigentlichen Beschlussorgane von langen, quälenden Debatten zu entlasten. Das Nahziel - einen beschlussfähigen Haushalt für 2025 vorlegen zu können - ist indes in Reichweite.

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