
Gütersloh. Die neue Fußgänger- und Radfahrerbrücke über den Westring (B 61) hat einen Preis gewonnen. Beim 41. Deutschen Stahlbautag wurde sie mit dem Ingenieurspreis in der Kategorie Brücken ausgezeichnet. Gelobt wird das Bauwerk für die besondere Konstruktion und das Design.
Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen. Er bringt hohes Renommee mit sich. Ausgelobt wird er vom Verein Bauforumstahl, dem Spitzenverband für das Bauen mit Stahl in Deutschland, dem eigenen Angaben zufolge alle namhaften deutschen Stahlbauer angeschlossen sind.
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Die Jury zeigte sich beeindruckt von der Ingenieursleistung bei der Gütersloher Brücke. Technisch überzeuge sie durch den cleveren Einsatz von Materialien. „Die Haupttragelemente kommen ohne Verbindungsmittel wie Schrauben oder Schweißen aus, was zu einem minimalistischen, aufgeräumten und eleganten Ergebnis führt“, heißt es. Der Einsatz von wetterfestem Stahl und der Verzicht auf Korrosionsschutz unterstrichen diesen minimalistischen Ansatz.

Gütersloher Brücke mit hohem Wiedererkennungswert
Um das Tragwerk möglichst schlank zu halten, seien alle Elemente der Brücke tragend ausgebildet worden. Der Überbau, das Geländer, die Bauteile: Sie seien integraler Bestandteil des Primärtragwerks. Getreu dem Prinzip „Alles trägt, aber nichts trägt nur“ sei das Tragwerk zugleich funktional und gestalterisch prägend.
Für gewöhnlich dominierten Stegbleche mit angeschweißten, flachen Obergurten das Bild, heißt es. Bei diesem Bauwerk aber kämen 40 Millimeter starke Bleche zum Einsatz, aus denen das gesamte Geländer mitsamt der Gurte geschnitten wurde. Diese Materialstärke und die Krümmung der Geländerplatten sorgten für eine ausreichende Knickaussteifung, sodass die zusätzlichen Verstärkungen der Obergurte nicht notwendig seien.
„Dabei ist es bemerkenswert, dass die Stabilitätsnachweise mit dieser neuartigen Form entsprechend geführt wurden“, sagte der Laudator Bart Halaczek, Direktor Knight Architects aus London. „Architektonisch besticht die Brücke durch die konsequente Kombination von Tragwerk, Funktion und Ornament“, so Halaczek weiter. Dadurch sei ein attraktives und dauerhaftes Bauwerk mit hohem Wiedererkennungswert entstanden.
Preisverleihung findet am Bodensee statt
In der Beschreibung der Brücke wird ferner „das feine Muster aus vertikalen Streifen“ gelobt, das von „einem horizontalen Band an spielerisch ondulierenden Kurven überlagert“ werde. Dieses Band bilde den Verlauf des Kraftflusses im Bauwerk für die Nutzer anschaulich ab.

Verliehen wurde der Ingenieurpreis in Lindau am Bodensee, wo der Deutsche Stahlbautag tagte. Die Professoren Martin Speth und Helmut Drewes und Wiebke Vogelsang von „Drewes & Speth – Beratende Ingenieure im Bauwesen“ aus Hannover nahmen ihn mit den Landschaftsarchitekten Peter Carl und Ingrid Lohaus („Büro Lohaus Carl Köhlmoos“, ebenfalls Hannover) entgegen.
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Für den Stahlbau war das Unternehmen „Heinrich Rohlfing“ aus Stemwede zuständig, ein traditionsreicher Betrieb, der auch den Zuschlag für das Einheitsdenkmal (die Wippe) in Berlin bekommen hatte, aber im Sommer Insolvenz anmelden musste.
Kosten der Gütersloher Brücke werden nicht thematisiert
Nicht zur Sprache kamen bei der Preisverleihung die lange Bauzeit und die gestiegenen Kosten für die Westring-Brücke. Inklusive Planung, Statik und Abriss der alten Brücke beliefen sie sich am Ende auf knapp fünf Millionen Euro. Im Mai vergangenen Jahres wurde sie freigegeben.