Feuer zerstört Zuhause von Gütersloher Familie: So geht es jetzt weiter

Gütersloh. In der Decke vom Kinderzimmer klafft ein Loch. Dort, wo Micha noch vor wenigen Wochen mit Lego und seinem Trecker gespielt hat, ist der Teppichboden verkohlt. Gleich neben CDs und Spielsachen liegen verrußte Dachziegel. Der Geruch von Rauch und verkohltem Holz ist immer noch nicht verflogen. Ein Monat ist vergangen, seit ein verheerendes Feuer die Heimat des Siebenjährigen und seiner Familie auf dem historischen Bauernhof in Gütersloh vernichtet und ihr Leben schlagartig verändert hat. &bdquo;Momentan ist alles ein bisschen auf den Kopf gestellt“, sagt Michas Vater, Hof-Eigentümer Marc Schmäling (44), beim Gang durch das zerstörte und mit Planen abgedeckte Gebäude: &bdquo;Aber es gibt Lichtblicke.“ Der Großbrand auf einer der ältesten Hofstätten der Region, 1532 erstmalig urkundlich erwähnt, war in den Morgenstunden des Dienstags, 27. August, auf dem Dachboden der Deele ausgebrochen. 100 Feuerwehrleute waren am Stellbrink im Ortsteil Blankenhagen im Einsatz. Sie konnten jedoch nicht verhindern, dass das Anwesen mit Deele und Wohnhaus zum Raub der Flammen wurde. Viel vom Hab und Gut haben sie verloren, auch persönliche Erinnerungsstücke nahm ihnen das Feuer. &bdquo;Aber in so einer Situation merkt man, wie unwichtig materielle Dinge sind. Wir haben Glück gehabt“, sagt Kristin Schmäling: &bdquo;Wer weiß, was passiert wäre, wenn das Feuer nachts ausgebrochen wäre.“ Die 45-Jährige, ihr Mann und die beiden Söhne Marlon (15) und Micha (7) bewohnten das Obergeschoss des in weiten Teilen vernichteten 238 Quadratmeter großen Wohnhauses. Ihre Schwiegermutter Margarethe (71) lebte im Erdgeschoss. Dort bahnt sich nun großflächig der Schimmel seinen Weg durch die von Löschwasser und Schaum durchnässten Zimmer. Technischer Defekt könnte Auslöser gewesen sein Oben haben die Wände Risse, auf dem Flur türmt sich Schutt. Es zieht. Vom einstigen Dachstuhl der Deele, die mit dem Wohnhaus verbunden ist, sind nur noch ein paar schwarze Balken geblieben, die in den Himmel ragen. Ein Bilderrahmen mit gesprengtem Glas ragt aus einem Stapel angesenkter Dokumente hervor. Das Haus ist unbewohnbar. Seit dem Unglückstag leben die Schmälings in zwei Monteurwohnungen auf dem benachbarten Hof des befreundeten Landwirts Thomas Fislake. &bdquo;Solche eine Unterstützung kann man mit nichts wieder gutmachen“, sagt Kristin Schmäling. Sie seien unendlich dankbar für den Einsatz der Feuerwehrleute, die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft von Freunden, Nachbarn, der Familie und anderen Menschen. &bdquo;Wir wurden emotional aufgefangen und hatten das Gefühl, in unserer Situation nicht allein zu sein“, erzählt die Gütersloherin, die aufwühlende Wochen hinter sich hat. An ihrem Geburtstag, vier Tage vor dem Brand, musste sie ihr Pferd einschläfern lassen. Dann kam das Feuer. Die Polizei vermutet einen technischen Defekt als Ursache für den Brand, der Schätzungen zufolge einen Schaden im hohen sechsstelligen bis siebenstelligen Bereich verursacht hat. Seit zwei Wochen ist wieder Strom da Die Versicherung hat die Ruine am vergangenen Mittwoch, 25. September, inspiziert. Ebenso eine Architektin. &bdquo;Sie waren alle sehr mitfühlend. Aber der Gutachter hat sich noch nicht abschließend geäußert“, weiß Nebenerwerbslandwirt Marc Schmäling derzeit nicht, ob das Anwesen komplett abgerissen und wieder aufgebaut wird. Er habe aber ein gutes Gefühl. &bdquo;Man muss versuchen, aus allem etwas Positives zu machen. Irgendwie wird es weitergehen.“ Schritt für Schritt eben. Seit gut zwei Wochen ist wieder Strom verfügbar. Damit konnten auch die familieneigenen Pferde Silence, Nevinio und Buddy auf den Hof zurückkehren, die zwischenzeitlich auf dem in der Nähe gelegenen Birkenhof untergebracht waren. Die Tage nach der Feuersbrunst erlebt das Ehepaar wie in einer Art Trance. &bdquo;Dienstag war der Brand, Donnerstag haben Dachdecker die Schornsteine gesichert und eine Plane über den Rest vom Dach gezogen. Am Freitag konnten wir die wichtigsten Dinge rausholen – ein paar Unterlagen oder noch heile Kleidung aus der Waschküche“, erzählt Kristin Schmäling, die als Assistenz der Geschäftsführung bei einem Gütersloher Unternehmen für Haustechnik arbeitet. Persönliche Erinnerungsstücke sind in Flammen aufgegangen Ehemann Marc ist als hauptberuflich als Landmaschinen-Verkäufer tätig. Im Nebenberuf bewirtschaftet er rund 20 Hektar Ackerfläche und erzeugt Weihnachtsbäume. Die soll es auch in diesem Jahr geben. &bdquo;Denn das normale Leben muss ja irgendwie weitergehen.“ Die Schmälings wirken gefasst, meistern die prekäre Situation mit ihrer lebensbejahenden Grundhaltung und dank der Unterstützung vieler Personen. Mit rund 15 Freunden und Familienmitgliedern holen sie an einem Wochenende alle noch nutzbaren Gegenstände aus den Überresten ihres Hauses raus – darunter eine Holztruhe, alte Eichenschränke. Viele persönliche Erinnerungsstücke sind allerdings in Flammen aufgegangen – Fotoalben, Briefe, Bücher, die ersten Schuhe und Lieblingskleidung der Kinder. &bdquo;Aber diese Menschen sind jetzt da und geben einem etwas, was das Leben ausmacht – Herzlichkeit“, schreibt Kristin Schmäling in einem Beitrag auf Instagram und Facebook. 43 Quadratmeter großes Haus auf Rädern wird vorübergehend zum Zuhause Seit dem Unglück schaut die Familie täglich auf dem Areal vorbei. &bdquo;Man hat fast ein schlechtes Gewissen, hier alles allein zu lassen“, sagt Marc Schmäling. Deshalb haben sich der Nebenerwerbs-Landwirt und seine Frau dazu entschieden, den nächsten Schritt auf dem Weg zum Neuanfang zu gehen. In der Nacht zu Freitag, 27. September, hat ein Schwerlasttransport wertvolle Fracht mit Überlänge aus dem niederländischen Cuijk nach Gütersloh transportiert. Das Mobilheim, ein Haus auf Rädern, haben die Schmälings gekauft und auf einer Ackerfläche im Garten, direkt neben dem abgebrannten Bauernhaus, aufstellen lassen. Hier werden sie fortan zu viert leben. Lesen Sie auch: Polizei äußert sich zu verheerendem Großbrand auf Gütersloher Hof &bdquo;Hat man einen Wohlfühlort, dann will man dahin schließlich auch schnell dorthin zurück“, begründet Kristin Schmäling die Entscheidung. Der Mittelpunkt ihres Lebens und ihrer Familie wird sich in nächster Zeit auf 43 Quadratmetern Fläche abspielen. Das Mobilheim, voll möbliert mit Schlafzimmern, Küche und Wohnbereich, wird zumindest so lange ihr neues Zuhause, bis das alte wieder aufgebaut ist. &bdquo;Ich kann mit dem Gedanken leben“, sagt Kristin Schmäling, &bdquo;weil ich eines weiß: Wenn ich die Tür öffne, dann bin ich zu Hause.“

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