Wohnen wird teuer

Steuer steigt erneut: Vielen Güterslohern droht hohe finanzielle Belastung

Auf die Gütersloher Hausbesitzer und Mieter kommen nächstes Jahr höhere Kosten zu. Die Stadt kann dafür nichts, rechnet aber mit reichlich Ärger.

Wohnen wird teuer: In Gütersloh wird die Grundsteuer 2025 deutlich angehoben. | © dpa

Ludger Osterkamp
27.09.2024 | 27.09.2024, 12:43

Gütersloh. Das Wohnen in Gütersloh wird nächstes Jahr für viele Menschen erneut teurer. Das ergibt sich aus den Folgen der Grundsteuerreform. Nach einer nun vorliegenden Berechnung führt sie in Gütersloh dazu, dass die Grundsteuern A und B erheblich steigen werden. Betroffen sind alle Grundstückseigentümer und in der Folge auch die Mieter.

Die Stadt hatte erst dieses Jahr die Grundsteuer beträchtlich angehoben – von 493 auf 606 Punkte. Sie hatte das getan, um ihre Einnahmen zu erhöhen. Nun folgt der nächste Sprung, diesmal veranlasst durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und die daraus resultierende Gesetzesreform.

Wie wirkt sich das aus?

Demnach wird in Gütersloh die Grundsteuer B von 606 auf 695 Punkte klettern. Für den Besitzer eines typischen Einfamilienhauses, Baujahr 2020, führt das zu Mehrkosten von 147 Euro pro Jahr - dabei hatte er schon dieses Jahr einen Anstieg um 187 Euro verkraften müssen. Für den Besitzer eines älteren Einfamilienhauses, Baujahr 1986, bedeutet das Umsetzen der Reform einen Anstieg von 59 Euro – zusätzlich zu den 75 Euro, die ihm schon dieses Jahr zusätzlich aufgebürdet wurden.

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Von den 36.950 Grundstücken in Gütersloh entfällt nur ein kleiner Teil auf land- und forstwirtschaftliche Parzellen. Doch deren Besitzer werden die Folgen der Grundsteuerreform besonders deutlich spüren: Ihre Grundsteuer A wird sich annähernd verdoppeln, von 360 auf 672 Punkte.

Wie gesichert ist das?

Dass es so kommt, ist so gut wie gewiss. Denn: Die Kommunen sind gehalten, die Reform „aufkommensneutral“ umzusetzen. Damit ist gemeint, dass unterm Strich die Einnahme für die Kommune unverändert bleibt. Anders ausgedrückt: Das Steueraufkommen darf sich nicht verändern, zumindest nicht durch die Reform. Da die Stadt Gütersloh im Haushaltsjahr 2024 über die Grundsteuern 26,6 Millionen Euro einnimmt, muss sie die Hebesätze für 2025 so gestalten, dass dadurch ebenfalls wieder 26,6 Millionen ins Säckel fließen. Exakt dadurch ergeben sich die oben genannten Sätze.

Warum steigen die Hebesätze?

Das liegt an deren Berechnungsmethode. Zugrunde liegt eine Neubewertung des Grundbesitzes – diesen Wert hat das Finanzamt ermittelt. Bekanntlich wurden die Bürger dafür aufgefordert, eine Grundsteuererklärung abzugeben. Nahezu alle haben das mittlerweile getan. Aus deren Angaben leitet das Finanzamt die Steuermessbeträge ab. Da in Gütersloh das Finanzamt zu dem Ergebnis gelangt ist, das Volumen der Messbeträge insgesamt niedriger anzusetzen und die Stadt an diese Vorgabe gebunden ist, bleibt ihr umgekehrt nichts anderes übrig, als ihre Hebesätze zu erhöhen, ob sie will oder nicht.

Führt das zu Ärger?

Ziemlich sicher sogar. Es sei – auch öffentlich - mit Missfallensäußerungen zu rechnen, schreibt die Stadt. Warum? Weil es keine Einheitswerte mehr gibt. Zwei nebeneinander stehende, ursprüngliche baugleiche Siedlungshäuser können einen unterschiedlichen Messbetrag und ergo eine andere Steuerlast haben, weil das eine saniert ist, das andere nicht. Manche Hausbesitzer mögen sich darüber still freuen, andere laut beschweren. „Schon vorbeugend“ weist die Stadt daher darauf hin, dass die Veränderungen die Steuerzahler in unterschiedlicher Intensität treffen, sie aber nichts dafür kann. Die insgesamt aufkommensneutrale Umsetzung, zu der die Stadt verpflichtet ist, bedeute nicht, dass die individuelle Grundsteuer gleich bleibt.

Ist mit Widersprüchen zu rechnen?

Womöglich. Schon jetzt gebe es nach Auskunft des Finanzamtes Gütersloh eine große Zahl an Widersprüchen, da viele Bürger mit den Festsetzungen ihrer Grundsteuerwerte nicht einverstanden seien. „Bereits bekannte Falschbewertungen“ müssten korrigiert werden, heißt es. Das werde noch eine lange Zeit in Anspruch nehmen. „Plausibilitätsprüfungen“ ließen außerdem vermuten, dass es weitere Fehlerquellen gebe. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Grundbesitzwerte zum 1. Januar 2022 festgestellt wurden. Das Finanzamt sei erst seit wenigen Wochen technisch in der Lage, Fortschreibungen durchzuführen. Mit den höheren Hebesätzen ist anzunehmen, dass die Widerspruchsbereitschaft steigt.

Wird unterschieden zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken?

Wohl erst ab 2026. Der städtische Finanzbereich Finanzen rät jedenfalls dringend davon ab, schon 2025 zu differenzieren und unterschiedliche Hebesätze zu verlangen. Rechtlich zu riskant, sagt er, zudem könne der IT-Dienstleister nicht garantieren, es technisch rechtzeitig zum Jahreswechsel zu schaffen. Die Verwaltung legt den Ratsfraktionen daher den Beschluss nahe, von differenzierten Hebesätzen schon 2025 abzusehen.

Wie wirken sich unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Geschäftsgrundstücke ab 2026 aus?

Zum Nachteil der Besitzer von Wohnhäusern. Nach Angaben der Stadt müssen sie davon ausgehen, dass sie dann höhere Steuern zahlen müssen. Weil die Geschäftsgrundstücke nach neuem Recht überproportional an Wert verlieren, das Steueraufkommen insgesamt aber neutral bleiben muss, werden die Privatleute umso stärker belangt.

Wie geht die Stadt nun vor?

Zunächst sollen sich die Ratsfraktionen einverstanden erklären, differenzierte Hebesätze in Gütersloh erst 2026 einzuführen. Dann, voraussichtlich im November, haben sie die Satzung mit den neuen, gewissermaßen vorgegebenen Hebesätzen zu verabschieden, damit die Stadt Anfang 2025 die Steuerbescheide verschicken kann.

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Offen steht den Fraktionen natürlich, bei der Gelegenheit ohnehin über die Hebesätze nachzudenken. Dass sie sie freiwillig unter die verlangten 695 Punkte senken und damit das städtische Steueraufkommen verringern, ist angesichts des tiefen Haushaltslochs allerdings nur schwer vorstellbar.