Wichtige Gütersloher Straße wird ein Jahr umgebaut – scharfe Kritik an Plänen der Stadt

Gütersloh. Die Stadt hat vor, demnächst die Brockhäger Straße samt der Kanäle zu sanieren. Erneuert wird der Abschnitt zwischen Nordring (B61) und Haege-/Körnerstraße. Der Eingriff ist derart massiv, dass die Arbeiten mehr als ein Jahr dauern und nur vorübergehend fürs Weihnachtsgeschäft unterbrochen werden. Stadteinwärts wird die Straße gesperrt und der Verkehr über Umleitungen geführt. Der Startschuss soll Mitte Oktober fallen. Die Stadt kündigt an, zuvor zu einer Anliegerversammlung einzuladen. Sie kalkuliert mit einem Volumen von 2,55 Millionen Euro, hofft aber auf einen Zuschuss des Landes. Der Antrag sei gestellt. Die Stadt verfolge mit dem Umbau das Ziel, die Verkehrsführung für Radfahrer und Fußgänger zu verändern und die Sicherheit zu erhöhen, so Baudezernent Albrecht Pförtner. Querungshilfen sollen verbessert, weitere gebaut werden. Aufgrund von Unfällen sei Handlungsbedarf gegeben. Außerdem sei erforderlich, die Regen- und Schmutzwasserkanäle zu erneuern. Unfallkommission wirkte an der Planung mit Der Fahrrad-Club ADFC kritisiert die Planung. Sie weise &bdquo;erhebliche Mängel“ auf und müsse von &bdquo;Grund auf überarbeitet“ werden, heißt es. Unter anderem sei der vorgesehene Radweg viel zu schmal. Die Stadt hingegen berichtet, die Bezirksregierung als Zuschussgeberin sei von Beginn an in die Planung einbezogen worden, ebenso wie die Unfallkommission, die sich aus Vertretern von Polizei, Stadt und Kreis zusammensetzt. Der ADFC-Kreisverband hat auf vier Seiten eine Stellungnahme an die Stadt verfasst, die er in Kopie an den Kreis, die Bezirksregierung und das Verkehrsministerium schickte. Darin listet der Vorsitzende Daniel Neuhaus eine Reihe von Mängeln auf. Er kritisiert, dass der geplante Radweg nicht dem Stand der Technik entspreche. Er wäre zu schmal, wäre gepflastert statt asphaltiert, würde als Hochbord statt auf der Fahrbahn geführt. Eine solche Planung, so Neuhaus, sei nicht fahrradfreundlich. Sie widerspreche dem Regelwerk ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen), deren Einhalten die Voraussetzung sei, dass das Land den Umbau fördere. Insofern halte der ADFC die Maßnahme für &bdquo;nicht förderfähig“. Der Fahrrad-Verein listet drei Kritikpunkte auf Erstens: die Breite. In den Planunterlagen der Stadt sei der neue Radweg nur 1,60 bis 1,80 Meter inklusive Sicherheits-Trennstreifen breit. Das sei viel zu wenig. Das ERA-Regelwerk schreibe ein Mindestmaß von zwei Metern vor, plus Trennstreifen. Da der Radweg obendrein entlang einer wichtigen Straße verlaufe, mit &bdquo;mittleren bis hohen Nutzungsintensitäten“ auch an den Seiten, seien sogar 2,15 Meter vonnöten. Zweitens: der Belag. Laut Planung sei Betonpflaster vorgesehen. Der jedoch sei unkomfortabel (&bdquo;Erschütterungen“) und erzeuge Rollwiderstand. Die ERA empfehle Asphalt, und das schon lange. Diese Erkenntnis sei auch in die Qualitätsstandards für das Alltagsradwegenetz Kreis Gütersloh und des Radnetzes OWL eingeflossen. Leider habe die Stadt schon beim Umbau der Verler Straße dagegen verstoßen. Ein Belag in hochwertiger Qualität lasse sich auch mit durchgefärbtem Asphalt herstellen, in den Niederlanden sei das seit Jahrzehnten Standard. Dadurch spare man auch kostspielige Markierungsfarbe. Drittens: die Ausführung als Hochbord-Radweg. Dieser sei wegen der vielen hochfrequentierten Ein- und Ausfahrten ungeeignet, so Daniel Neuhaus. Radfahrer auf Hochbordwegen seien viel gefährdeter; laut einer Studie sei ihr Unfallrisiko dreimal höher als beim Fahren auf der Straße. Der klassische Unfall sei, dass Rechtsabbieger die Radfahrer auf dem Hochbord übersehen. Hinzu komme der mangelnde Komfort; wegen der Ausfahrten gehe es oft rauf und runter. Einer als fahrradfreundlich zertifizierten Stadt &bdquo;unwürdig“ Die Stellungnahme des ADFC liegt der Stadt und den anderen Behörden seit dem 6. Juli vor. Neuhaus kritisiert, dass der ADFC nicht an der Planung beteiligt gewesen sei, obwohl man bei der Stadt angeregt habe, projektbezogen eingebunden zu werden. Die Stadt habe sich als fußgänger- und fahrradfreundliche Kommune zertifizieren lassen. Nehme sie das ernst, müsse sie das auch baulich Stück für Stück im Stadtbild verankern. &bdquo;Das ist leider nur in wenigen Ansätzen erkennbar“, so Neuhaus. Was nun an der Brockhäger Straße geplant sei, sei einer zertifizierten Stadt unwürdig. Der ADFC regt stattdessen an, die Chance zu nutzen und erstmals in Gütersloh eine &bdquo;Protected Bike Lane“ (geschützte Fahrradspur) anzulegen. Die Brockhäger Straße gebe das her, sofern man auf die Mittelspur verzichte und den Platz des jetzigen Hochbordweges mitnutze. Ein Vorteil wäre, dass sich diese geschützte Spur stadtauswärts unter Nutzung der Mehrzweckstreifen fortsetzen ließe. In seine Stellungnahmen gibt der Fahrrad-Club zudem den Hinweis, dass die Brockhäger Straße eine von sieben Straßen in Gütersloh sei, für die modellhaft der Verkehrslärm ermittelt wurde. Es seien Werte von mehr als 75 Dezibel ermittelt worden, der Auslösewert für Maßnahmen. Weniger Autos und weniger Tempo würden beitragen, dass es leiser werde. Fürs Weihnachtsgeschäft der Einzelhändler wird eine Pause eingelegt Pförtner hingegen verweist darauf, dass Bezirksregierung und Unfallkommission an der Planung beteiligt waren. Das gelte insbesondere für das Führen des Radweges als Hochbord, ferner für die Ein- und Ausfahrten bei den Geschäften sowie für die Querungshilfen. Die Planung orientiere sich an der Breite des Straßenraumes, der Verkehrsmenge und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. &bdquo;Der Verkehrsfluss muss sichergestellt werden“, so Pförtner. &bdquo;Aufgrund dessen wurde diese Lösung mit allen Beteiligten durch ein externes Büro erarbeitet.“ Lesen Sie auch: Kurioses Schild in Gütersloh überall im Netz zu sehen - Stadt reagiert auf Kritik Im ersten Bauabschnitt ab voraussichtlich Mitte Oktober sollen an der Kreuzung mit der Haege-/Körnerstraße Kanalarbeiten erledigt werden. Ende November werde das unterbrochen, um den Verkehr fürs Weihnachtsgeschäft nicht zu beeinträchtigen. Sofern das Wetter es zulasse, werde dann direkt Anfang 2025 weitergemacht. Stadtauswärts könne der Verkehr während der gesamten Bauzeit fließen, auch der Kunden- und Anliegerverkehr sei gewährleistet. Radfahrer und Fußgänger sollen stadteinwärts weiter die Brockhäger Straße nutzen können, den Radfahrern werde aber eine Umleitung angeboten.

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