
Gütersloh. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Kreativität das von der Liz-Mohn-Stiftung angestoßene und finanzierte Projekt „Kulturbrücke Cantara“ mit heimischen Kindern Jahr für Jahr Gesang, Tanz und Darstellung in spannenden Geschichten auf die Bühne des Theaters bringt.
Im aktuellen Stück, „Der Dachbodenzauber“, wurde das ureigene Anliegen des Projekts zum Thema. Nämlich zu zeigen, wie durch Kultur der einzelne Mensch wie auch die in Freundschaft verbundene Gemeinschaft stark gemacht wird gegen das Dunkle in uns und das Böse in der Welt.
In drei ausverkauften Vorstellungen wurde das gemeinsam mit 150 teilnehmenden Kindern aus Gütersloh und Bielefeld entwickelte Musical aufgeführt und euphorisch bejubelt.
Stück löst tosendes Geschrei und Beifall aus
Bei der dritten Aufführung war auch Stifterin Liz Mohn in Begleitung ihrer Tochter Brigitte anwesend. Und am Ende nicht weniger begeistert als die knapp 500 Grundschulkinder im Saal, die das Stück mit tosendem Geschrei und Beifall feierten.
Zur Geschichte: Auf dem Dachboden ihrer Schule treffen zufällig einige vor einem Regenschauer geflohene Schülerinnen und Schüler aufeinander. Darunter ist auch eine ganz neue Schülerin, die ein Geheimnis bergende Illusionistin Cara (Juli Smode). Sie sorgt dafür, das ihre Klassenkameradinnen und -kameraden neugierig den eigentlich für sie verbotenen Raum erkunden und dabei geheimnisvoll leuchtende Bücher entdecken.
In jedem Buch erfährt je eines der Kinder etwas über den eigenen Charakter, die eigenen Stärken und Schwächen, Ängste und Hoffnungen. Am Ende gehen alle Kinder gestärkt aus dieser Begegnung hervor.
Teils sind pittoreske Choreographien auf der Bühne zu sehen
Regisseur Canip Gündogdu setzte die einzelnen „Buch-Begegnungen“ actionreich und effektvoll beleuchtet (Chris Umney) in Szene. Die gelungenen Videoprojektionen und Animationen (Joshua Götz) verliehen dem Bühnenraum eine zusätzliche Dimension.
Beispielsweise als die kreativ-sensible Emily (Annie Kröger) von ihrem eigenen Atelier träumte, in diesen Videoprojektionen aber Bilder von Umweltzerstörung und Krieg sehen musste. Plötzlich kam eine bunt gewandete Gruppe tanzender Kinder auf die Bühne, Farbkleckse auf die Videoleinwand zaubernd.
Auch zu den hellseherischen Qualitäten von Chris (Elias Benazzouz) hat Andreas Wegwerth als Tanz-Coach vom Verein „GiB! – Gesellschaft in Bewegung“ für eine pittoreskte Choreographie gesorgt.
So viel Lebendigkeit war selten im Gütersloher Theater
Die lautstärkste Reaktion lösten allerdings Polina Ryzlikova als starke Marie und Rosa Streitbörger (in der 9-Uhr-Vorstellung Flora Krössin) als unberechenbare Hailey aus: In Form von zwei Bällen gaben die Mädchen zunächst Traurigkeit, dann Heiterkeit ins Publikum.
Die beiden Emotions-Bälle baggerte das junge Publikum unter großem Geschrei durchs Parkett. So viel Lebendigkeit war selten im Theater. Auch die anderen jungen Hauptdarsteller Rayan Ahmad (Nora) und David Kreutzer (Tom) konnten mit ihrer Spiellust vollkommen überzeugen.
Aus Gütersloh nahmen Kinder der Geschwister-Scholl-Realschule und die Grundschulen Blankenhagen, Kattenstroth und Sundern, aus Bielefeld von der Grundschule Ummeln und der Martinschule für die Ensembleszenen mit Tanz, Musik und Gesang teil. Die Einstudierung des Chores hatte Projektleiterin Leila Benazzouz übernommen.
Liz Mohn: „Jedes Kind besitzt eine Begabung, die es zu fördern gilt“
Dezent im Bühnenhintergrund platziert, aber akustisch jederzeit präsent, sorgten Florian Stubenvoll (Klarinette), Claudia Quakernack (Akkordeon)und Zena Christopoulou (Percussion) vom Ensemble Vinorosso für einen geografisch und stilistisch weit gespannten musikalischen Bogen. Auch das Trio konnte sich über einen Extrabeifall freuen.
Dass dieses Projekt weiter in die Welt getragen und noch in vielen Städten realisiert werden könnte, das hat sich Liz Mohn fest vorgenommen. In den Projektverantwortlichen Leila Benazzouz und Annika Frank hat sie engagierte Mitstreiter.
An die Kinder gewandt sagte die Stifterin: „Was ihr hier erlebt, ist eine große Gemeinschaft, in der sich jede Begabung entfalten kann. Jedes Kind besitzt eine Begabung, die es zu fördern gilt.“ Musik sei ein Talent, um Brücken zwischen Nationen, Sprachen und Grenzen zu bauen.