Sie ist Güterslohs Bürgermeisterin der Herzen – besondere Auszeichnung für 71-Jährige

Gütersloh. Sehr geehrte Herren, sehr geehrte Damen! Oh, da war sie wieder, ihre typische Anrede, ihr Markenzeichen, ihre Maria-Unger-Anrede. Erst die Herren, dann die Damen. Nicht dass das etwas am Inhalt ändern würde (bzw. sollte), aber es ist ein feiner Kniff, um im Nu jene Aufmerksamkeit zu gewinnen, die ihr gebührt. Hier spricht die Bürgermeisterin! Pardon, Altbürgermeisterin. Seit Donnerstagabend. Da hat ihr der Rat diesen Ehrentitel verliehen. Einstimmig, niemand scherte aus. Die stellvertretende Bürgermeisterin Ingrid Hollenhorst und der Erste Beigeordnete Henning Matthes überreichten der 71-Jährigen Urkunde und Blumenstrauß. Was folgte, waren stehender Applaus, Umarmungen, Küsschen. Meine Herren, meine Damen. Lange hatten wir diese Anrede nicht gehört. Neun Jahre. So lange ist es her, seit sie zuletzt als Stadtoberhaupt im Ratssaal sprach. Seither hatten sich zwei andere als Oberhaupt versucht, der eine mit Erfolg, aber ohne Fortune beim Wähler, der andere nun ja Als Unger am Donnerstag das Wort ergriff, ihre typische Anrede voraus, spürte man die Freude bei allen oder fast allen, nicht übertreiben, die jüngeren Ratsmitglieder kennen sie ja kaum. Viele Weggefährten waren gekommen - unter anderem Karin Miele Der Ratsaal und die Zuschauerempore, sie waren voll. Viele Weggefährten waren gekommen. Die Stadtältesten jeglicher politischer Couleur waren vertreten (Gerhard Feldhans, CDU, Siegfried Bethlehem, SPD, Hans-Peter Rosenthal, Grüne, und einige andere), ihre engen Freundinnen Karin Miele, Karin Zinkann und Martina Schwartz-Gehring, ihr Mann Manfred samt weiterer Familie und den Enkeln Anna und Anton, ihre langjährige Chefsekretärin Cäcilia Naber, ihr Chauffeur Anton Witt und viele weitere Gäste. Auch Vorgänger Henning Schulz und ihr früherer Büroleiter Markus Kremer freuten sich mit ihr. Wer würde die Laudatio halten? Maria Unger wusste es nicht. Karin Delbrügge, Organisatorin des Verleihungsaktes, durfte ihre einstige Chefin damit überraschen: Auch das ein Zeichen des Vertrauens, dessen zu schenken Unger stets in der Lage war. Als sie registrierte, dass Susanne Zimmermann, die langjährige Pressesprecherin der Stadt, zum Mikro schritt, registrierte sie es mit Freude. Zimmermann fand treffende Worte. Altbürgermeisterin? Sie fremdele ein wenig mit dem Begriff. Er weise für ihr Empfinden zu weit in die Vergangenheit, sie verbinde ihn bislang eher mit verdienstvollen, sehr viel älteren Herren. &bdquo;Und für mich bleibst du halt die Frau mitten im Leben, der Zukunft zugewandt, bestens vernetzt mit deiner Generation deiner Kinder und Enkelkinder." Lesen Sie auch: Was macht eigentlich die frühere Bürgermeisterin Maria Unger heute? Besondere Grüße aus Frankreich Die Franzosen – Grüße aus der Partnerstadt Chateauroux – hätten die griffigere Bezeichnung gefunden: &bdquo;Maire d’honneur", Ehrenbürgermeister*in. Denn genau darum gehe es ja: um einen Ehrentitel. Um einen Menschen, der sich besonders um die Stadt verdient gemacht habe. Sie selbst jedoch, so Zimmermann, würde einen dritten Titel bevorzugen: &bdquo;Bürgermeisterin der Herzen" – der treffe es am besten. Unger sei herzlich und tue Gütersloh heute noch gut, &bdquo;in ihren Ehrenämtern, mit ihrer Erfahrung und ihrem Verantwortungsbewusstsein". Sie tauge als Vorbild für alle, die dieses Amt anstreben. Zu den Entwicklungen an der Stadtspitze in den vergangenen Monaten hat sich die 71-jährige Sozialdemokratin nicht geäußert. Gelegentlich drängte es sie wohl, aber ihr Bauchgefühl hielt sie zurück. Susanne Zimmermann sage, sie wisse, dass Unger die Situation zutiefst betroffen gemacht habe, all die Veröffentlichungen, Spekulationen, Meinungsäußerungen. &bdquo;Sie haben am Grundverständnis dieses Amtes gerüttelt, das du 21 Jahre lang bekleidet hast. ’Suchet der Stadt Bestes’ – das war dir mehr als ein Wahlspruch. ’Suchet der Stadt Bestes’ war dir Verpflichtung, Motor für deine Arbeit. Und das gilt für dich bis heute, denn dieser Anspruch ist für dich nicht an das Amt gebunden." Typisch für Unger, dass sie für die Verleihung keinen eigenen, teuren Festakt organisiert sehen wollte - zu teuer, ein Empfang nach einer regulären Ratssitzung reiche doch aus. Sie lebt seit 47 Jahren in Gütersloh Unger, daraus machte sie nie einen Hehl, hat ihr Herz an Gütersloh verloren. 1952 in Trier geboren, in der kleinen Eifelstadt Dudeldorf aufgewachsen, der moselfränkischen Sprache immer noch mächtig, lebt sie seit 47 Jahren in Gütersloh. Ihr Wohnhaus in Spexard, so hört man, ist voller Devotionalien. Von 1994 bis 2015 war sie Bürgermeisterin, seit 2004 hauptamtlich. &bdquo;Gerd Wixforth war mein Lehrmeister, ich verdanke ihm viel", erinnerte sie an den verstorbenen Stadtdirektor. Ins Amt wuchs sie rasch hinein, gewann an Profil und Beliebtheit. Sie leitete eine Verwaltung mit 2.000 Mitarbeitern (anfangs lagen auch Klinikum und Stadtwerke in ihrer Verwantwortung), sie hinterließ Wegmarken: die Neugestaltung des Kolbeplatzes, die Renaturierung der Dalke, die Ansiedlung der Fachhochschule, der Neubau von Sporthallen, die Niederlassung von Porta, das neue Theater etc.. An ihrer Kompetenz und Beliebtheit bissen sich die Bürgermeister-Gegenkandidaten die Zähne aus, erst ihr freiwilliger Rückzug ebnete den Weg für eine neue Stadtspitze. Unger, nicht nur die Älteren wissen das, entwickelte sich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit im Laufe ihrer Amtszeit zum &bdquo;Mensch Maria". Irgendwann war dieser Begriff verankert. Er stand als Synomym für die Bürgermeisterin. Trotz des Prefix’ &bdquo;Alt-" hat er an Gültigkeit nichts verloren.

Meistgelesen