Polizei kommt an Belastungsgrenze: Mehr Waffenbesitzer im Kreis Gütersloh

Gütersloh. Die Kreispolizei muss ihr Personal für das Waffenrecht aufstocken. Aktuell hat die Behörde dort zu wenig Leute verfügbar, was dazu führt, dass sich die Arbeit auf den Schreibtischen türmt. In der Praxis zeigt sich das an langen Bearbeitungszeiten für die Anliegen der Waffenbesitzer. Das Innenministerium des Landes und der Kreis Gütersloh sind bestrebt, den Engpass zu beheben. Bei einer Inspektion im vergangenen Jahr hat das Landeskriminalamt festgestellt, dass die Waffenbehörde der Gütersloher Polizei stark unterbesetzt ist. 7.500 Menschen haben im Kreisgebiet die Erlaubnis, eine Waffe besitzen zu dürfen, 550 mehr als zuletzt. Um sie verwaltungsmäßig gut begleiten zu können, wären, so das LKA, 6,9 Stellen erforderlich. Tatsächlich ist die Abteilung aber nur mit 4,45 Stellen besetzt (inklusive Leitung). &bdquo;Unsere Mitarbeiter kommen tatsächlich kaum hinterher“, sagt Werner Timm. Er ist Verwaltungsleiter der Gütersloher Kreispolizei, genannt: Direktionsleiter Zentrale Aufgaben (ZA). Die Arbeitsbelastung sei hoch. Zwei Hauptgründe seien dafür ursächlich: das 2020 geänderte Waffenrecht und die gestiegene Nachfrage nach Schreckschusswaffen. Liegt es an der gestiegenen Zahl der Straftaten? Im vergangenen Jahr haben im Kreisgebiet mehrere hundert Menschen den Kleinen Waffenschein beantragt, berichtet Timm. Dieser Schein ist derjenige, den man braucht, um eine sogenannte PTB-Waffe (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) führen zu dürfen: Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Schießen darf man mit ihnen nur bei Notwehr und Notstand; wann eine solche Situation vorliegt, ist pauschal allerdings kaum einzugrenzen. Oft seien es junge Menschen, Tankstellen- und Ladenbesitzer, die sich eine solche Waffe besorgen. &bdquo;Im Grunde geht das quer durch alle Bevölkerungsgruppen“, sagt Werner Timm. Möglicherweise liege die höhere Nachfrage an einem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis, aber genau wisse man das nicht. Hintergrund: Die Polizei prüft bei PTB-Waffen nur das Alter (mindestens 18) und die Zuverlässigkeit des Besitzers, nicht aber, ob das Bedürfnis nach einer solchen Waffe berechtigt ist. Eine Bedürfnisprüfung erfolgt nur bei scharfen Waffen – in der Regel bei Jägern und Sportschützen. Ob die Kriminalitätsentwicklung im Kreisgebiet Anlass bietet, sich eine Schreckschusswaffe zuzulegen? Polizeichef Holger Meier hatte Ende Oktober aktuelle Zahlen (bis einschließlich drittes Quartal) vorgelegt. Demnach ist die Zahl der registrierten Straftaten im Kreisgebiet um 1.350 auf 14.292 gestiegen, also um circa zehn Prozent. Allerdings ist für diesen Anstieg fast ausschließlich das Stadtgebiet Gütersloh verantwortlich; allein dort verzeichnete die Polizei ein Plus von 1.200 Straftaten. In den anderen zwölf Kommunen blieb die Zahl annähernd stabil. Ministerin Faeser hat vor, das Waffenrecht weiter zu verschärfen Ob begründet oder nicht: Immer mehr Menschen im Kreisgebiet legen sich Schreckschusswaffen zu - und stellen damit die Waffenbehörde vor administratorischen Herausforderungen. Dort den Personalengpass zu beheben, ist nun Aufgabe der Fraktionen im Kreistag. Denn: In den ZA-Abteilungen der Polizei arbeiten nicht nur Regierungsbeschäftigte des Landes, sondern auch Mitarbeiter der Kreisverwaltung. Den Fraktionen liegt ein Antrag vor, zu Lasten des Kreisetats 1,45 zusätzliche Stellen zu genehmigen. Anfang Februar, in der Sitzung des Kreisausschusses, werden sie darüber entscheiden. Eine weitere Stelle bezahlt das Land; das Innenministerium hat ausnahmsweise allen 29 Landrats- (Kreispolizei-)behörden in NRW eine solche unbefristete Stelle bewilligt und ihnen selbst die Entscheidung überlassen, ob sie diese in der Waffenbehörde oder in der Personalentwicklung einrichten. Timm: &bdquo;Für uns war die Priorität schnell klar.“ Das Personal für das Waffenrecht aufzustocken, findet die Gütersloher Polizei auch perspektivisch angebracht: Sie geht davon aus, dass das Recht bald verschärft wird. Das sei in der politischen Diskussion. Bundesinnenministerin Nancy Faeser habe bereits einen Entwurf dazu vorgelegt, eine Reaktion auch auf die Silvesternacht 2022 in Köln oder Vorfälle in Berlin. &bdquo;Grundsätzlich muss jeder damit rechnen, dass wir mal um die Ecke gucken“ Zudem fordert das Landeskriminalamt regelmäßig, den Standard zu erhöhen - es hält die Kreispolizeibehörden an, öfter anlasslos zu kontrollieren. &bdquo;Grundsätzlich muss bei uns jeder Waffenbesitzer damit rechnen, dass wir mal um die Ecke gucken. Das wird künftig häufiger vorkommen“, sagt Timm. Zu rechnen sei außerdem damit, dass für Jäger ein Waffenkontingent eingeführt wird – sie werden nicht mehr mehr beliebig viele Langwaffen in ihren Schrank stellen dürfen. Der tatsächliche Bedürfnisgrund bekäme ein höheres Gewicht – wie bei Sportschützen, die genau nachweisen müssen, worauf sie schießen. Geregelt ist bei Waffen ohnehin so einiges, etwa die Kapazität von Magazinen oder die Anforderungen für die Schlösser an Aufbewahrungsschränken. Für die Polizei bedeutet das viel Bearbeitungsaufwand, sowohl im Front- als auch im Backoffice. Dass die Zahl der Waffenbesitzer zurück geht, davon gehen Timm und der Abteilungsleiter für das Waffenwesen, Karsten Linke, nicht aus. Zwar geben immer wieder Menschen ihre Waffe samt Besitzkarte ab, weil sie sich dafür zu alt fühlen oder das Interesse an der Jagd verloren haben. Auch kommt es gelegenlich zu Widerrufen, etwa wegen Alkohol und Trunkenheitsfahrten, also nachgewiesener Unzuverlässigkeit: 23 Mal war das im vergangenen Jahr der Fall. Doch insgesamt weise der Trend nach oben.

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