Anstieg wäre beispiellos: Deutliche Steuererhöhungen lösen in Gütersloh Widerstand aus

Gütersloh. Gegen ein deutliches Anheben der Steuern in Gütersloh regt sich Widerstand. Sprecher mehrerer Fraktionen sagten gestern, sie hielten die vom Kämmerer vorgeschlagenen Hebesätze für überzogen. Sie trügen das nicht mit. Auch der Unternehmerverband für den Kreis Gütersloh und die Industrie- und Handelskammer äußerten Kritik. IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker sagte, die Kommunen müssten &bdquo;bei allem Verständnis für die angespannte Situation ihrer Haushalte aufpassen, dass die Steuerschraube nicht überdreht wird.“ Kämmerer Thomas Könnecker hatte vorgeschlagen, die Gewerbesteuer von 414 auf 470 zu erhöhen - ein solcher Sprung wäre nahezu beispiellos in der Gütersloher Geschichte. Noch eklatanter der Sprung bei der Grundsteuer B, die die Immobilieneigentümer und in der Folge die Mieter trifft: Hier soll der Satz von 490 auf 720 steigen. Gütersloh würde damit neuer Spitzenreiter in Ostwestfalen-Lippe: Bislang ist Bielefeld mit seinen 660 Punkten die Stadt, die ihren Bürgern die höchste Grundsteuer abknöpft; und von einer Erhöhung ist dort nicht die Rede. Die immense Erhöhung der Steuern ist eine der Maßnahmen, mit denen Könnecker das Haushaltsloch stopfen will. Über die Gewerbesteuer nähme die Stadt knapp neun Millionen Euro zusätzlich ein, über die Grundsteuer B 9,4 Millionen Euro. Außerdem will Könnecker bei den Personalkosten und den Ausgaben sparen. Die CDU spricht von einem &bdquo;Giftcocktail“ Auf Kritik stößt vor allem der Vorschlag zur Gewerbesteuer. CDU-Fraktionschef Heiner Kollmeyer sprach von einem &bdquo;Giftcocktail“. Obwohl die wirtschaftliche Lage derzeit viele Firmen in Bedrängnis bringe, wären sie gezwungen, höhere Steuern zu zahlen. &bdquo;Das halten wir für schwierig“, so Kollmeyer. Die CDU sei besorgt, dass Betriebe bei einem derartigen Anstieg überfordert wären und mit dem Gedanken spielen könnten, Gütersloh zu verlassen. Seine Fraktion plädiere dafür, in erster Linie bei den Ausgaben zu kürzen. Es sei höhere Haushaltsdisziplin vonnöten, manche Ratsfraktion müsse sich die Frage gefallen lassen, ob sie in der Vergangenheit allzu leichtfertig mit dem städtischen Steuergeld umgegangen sei. Wenn überhaupt, trage die CDU maximal eine Erhöhung auf die fiktiven Hebesätze des Landes mit: Das wären (laut Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes) im kommenden Jahr bei der Gewerbesteuer 416 Punkte, bei der Grundsteuer 501. Der Geschäftsführer des Unternehmerverbandes, Burkhard Marcinkowski, nannte die vom Kämmerer vorgeschlagene Erhöhung &bdquo;deftig“. Bislang seien im Kreis Gütersloh die Steuersätze stets nachhaltig und vernünftig angesetzt worden. Im Normalfall werde dadurch kein Unternehmen vertrieben, auch wenn in Nachbarregionen, etwa im Osnabrücker Land, die Sätze niedriger seien. Es sei zu wünschen, dass das so bleibe. So oder so geht die Stadt nächstes Jahr von schwindenden Einnahmen aus Der Unternehmerverband erkenne durchaus, dass die Kommunen Mehrkosten zu bewältigen hätten, allerdings erwarteten die Firmen, dass eine Steuererhöhung stets das letzte Mittel bleibe, die Ultima ratio. Wie ernst die Lage in Gütersloh ist, zeigt sich auch daran, dass der Kämmerer nächstes Jahr von einem massiven Einbruch bei den Gewerbesteuern ausgeht. Hatte er bislang mit einer Einnahme von 95,5 Millionen Euro kalkuliert, setzt er nun nur noch 70,8 Millionen Euro an, trotz des höheren Hebesatzes. IHK-Präsident Wahl-Schwentker kommentierte, die Wirtschaft habe noch immer mit den Auswirkungen von Corona und den hohen Energiepreisen zu kämpfen. &bdquo;Die Prognosen für die Zukunft sehen nicht rosig aus. Daher darf die Wirtschaft nun nicht auch von kommunaler Seite über Gebühr belastet werden.“ Die IHK betrachte die grundsätzliche Entwicklung immer weiter steigender kommunaler Steuern mit Sorge; sie gehe zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen. Zu beobachten ist, dass derzeit etliche OWL-Kommunen über höhere Steuern nachdenken, jedoch nirgends in einem Ausmaß wie in Gütersloh. Die FDP-Fraktion hatte schon am Dienstag mitgeteilt, sie trage eine derartige Steuererhöhung auf keinen Fall mit. Auch die Grünen machen deutlich, dass ihnen der Sprung zu hoch sei. &bdquo;Rauf ja, aber nicht in dieser Höhe“, sagte Sprecherin Gitte Trostmann. Die Grünen sähen vor allem den Vorschlag bei der Gewerbesteuer kritisch. &bdquo;Wir wollen nicht, dass unsere Firmen abwandern.“ Beispielrechnungen, von Könnecker vorgelegt, hätten gezeigt, dass die zusätzliche Belastung für manche Unternehmen eklatant wäre. Über die höheren Gewerbe- und Grundsteuern seien die Firmen doppelt gekniffen. Bürger und Firmen sollten nicht zu stark belastet werden Auch die SPD-Fraktion riet, sorgsam vorzugehen. &bdquo;Wir sollten aufpassen, unsere Bürger und Firmen nicht über Gebühr zu belasten.“ Natürlich sei es erstrebenswert, den Haushalt zu konsolidieren, aber für die Firmen sei es derzeit nicht leicht, und die Bürger hätten schon sehr mit der Inflation zu kämpfen. Für die BfGT sagte deren Sprecher Jürgen Behnke, das Thema sei in der Fraktion bislang nicht beraten worden.

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