Gütersloh will Teile dieser Immobilie in der Innenstadt mieten - das steckt dahinter

Gütersloh. Wer als einzigen verfügbaren Arbeitsplatz einen Tisch in der Teeküche zugewiesen bekommt, findet das nur kurzzeitig amüsant. Diese Erfahrung macht derzeit die Stadt. Denn: Ihr laufen im Fachbereich Jugend und Familie immer wieder Mitarbeiter davon. Weil die Beschäftigten keine vernünftigen Arbeitsbedingungen vorfinden, der verfügbare Platz im Rathaus längst ausgereizt ist, wechseln sie zur Konkurrenz, sprich: zu anderen Kommunen. Nun ziehen Stadt und Politik die Reißleine. Kurzfristig, an diesem Freitag (10. November), wollen die Ratsfraktionen, einen Beschluss fassen. In der Ratssitzung am Abend wollen sie grünes Licht dafür erteilen, dass die Verwaltung zusätzliche Büros in der Strengerstraße anmieten kann. Die Räume, zwei Etagen in dem Gebäude gegenüber vom &bdquo;Alex“, stehen leer. Sie wären groß genug, um zwei Dutzend Arbeitsplätze einzurichten und dem Fachbereich aus seiner größten Bedrängnis zu helfen. Den Mietvertrag will die Stadt zunächst für drei Jahre abschließen. Gerne hätte sie ihn bereits unterschrieben, doch hatten sich die Ratsfraktionen zunächst überraschend quer gestellt. In der Sitzung des Fachausschusses vor ein paar Tagen lehnten die Politiker das Anmieten aus Kostengründen mehrheilich ab und realisierten erst hinterher, als ihnen die Verwaltung eindringlich die Konsequenzen dieses Beschlusses vor Augen führte, dass das womöglich ein Fehler war. Die Ratsfraktionen wollen dafür sogar kurzfristig einen Beschluss revidieren Da es jedoch rechtlich nicht ohne weiteres geht, einen Beschluss direkt wieder zu kassieren, behelfen sich die Ratsfraktionen nun mit einem Trick. Sie lassen von der Verwaltung für die Ratssitzung am Freitag eine neue Vorlage schreiben, die bisherige Missverständnisse ausräumt und den Sachverhalt ein wenig verändert darstellt. Diese – davon ist auszugehen – wird dann mehrheitsfähig sein. Der Fachbereich Jugend und Familie war zuletzt personell stark gewachsen. In nur zwei Jahren gründete er rund 20 zusätzliche Stellen, was aufgrund der hohen Teilzeitquote 30 Arbeitsplätzen entspricht. Zwar gliederte er provisorisch einige Arbeitsplätze in ein Gebäude an der Hohenzollernstraße aus und drängte verstärkt auf mobiles Arbeiten – doch verhinderte das nicht, dass für manche Mitarbeiter nur noch der Platz in der Teeküche und anderen Behelfsräumen blieb; angesichts des Fachkräftemangels in den Sozial- und Verwaltungsberufen alles andere als ideal. &bdquo;Die Grenze des Zumutbaren ist erreicht, wenn nicht überschritten“, sagt der Beigeordnete Carsten Schlepphorst. Die Anmietung der zusätzlich Räume sei sinnvoll, das Geld für die Miete gut angelegt. Unterkommen sollen dort die Mitarbeiter des Fachbereiches Kindertagesstätten. Mittelfristig will die Stadt eigentlich mit weniger Büros auskommen Mittelfristig setzt Schlepphorst freilich auf eine gegenteilige Entwicklung: Er will weg von Fremdanmietungen, weil er perspektivisch davon ausgeht, dass die Verwaltung weniger Bürofläche benötigt. Homeoffice, der Trend zum mobilen Arbeiten, die Ausstattung mit Laptops: All das führe dazu, dass viele Mitarbeiter im Rathaus nicht mehr auf einen festen Schreibtisch angewiesen sind. Die Verwaltung hat eine Arbeitsgruppe &bdquo;Arbeiten 4.0“ gegründet, deren Aufgabe es ist, den perspektivischen Bürobedarf zu ergründen. Wo schlummern Raumreserven? Wie sieht eine moderne Bürostruktur aus? Wer kann was mobil erledigen? Schon bald, so Schlepphorst, werde dazu eine Machbarkeitsstudie vorliegen. Perspektivisch könnte auch das Gebäude an der Kaiserstraße genutzt werden Diese Studie werde vermutlich auch aufzeigen, dass es ohne Umbauten im Rathaus nicht gehe, so Schlepphorst. In welchem Umfang, sei abzuwarten. Die Idee sei, etagenweise vorzugehen, sowohl für Rathaus I als auch für Rathaus II. Um die davon betroffenen Mitarbeiter auslagern zu können, einen räumlichen Puffer zu haben, will die Stadt ihr Gebäude an der Kaiserstraße nutzen, jenes neben ZOB und Filmwerk, in dem derzeit noch das Jobcenter des Kreises sitzt. Es zieht (ebenso wie die anderen Jobcenter-Stellen im Stadtgebiet) im Laufe des nächsten Jahres in den Neubau neben dem Kreishaus an der Straße Auf dem Stempel um. Ob die Stadtverwaltung das Kaiserstraße-Gebäude dauerhaft nutzen wird oder nur während der Umbauphase von Rathaus I und II, sei derzeit absolut nicht zu prognostizieren, so Schlepphorst. Der Charme: Es koste keine Miete. Bei den angemieteten Außenstellen verfolge die Verwaltung das Ziel, mit so wenig wie möglich auszukommen, sie vielleicht sogar gänzlich aufzulösen.

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