"Das hat mich fast ruiniert": Gütersloher Getränkemarkt geht gegen Falschparker vor

Gütersloh. Die Dauerparker konnte er sich auf Dauer nicht mehr leisten: Immer wieder blockierten fremde Autos zum Teil über Stunden die Parkplätze des Top-Getränkemarktes an der Neuenkirchener Straße in Gütersloh. Das Problem sei soweit gegangen, dass er eine ganze Reihe an Stammkunden verloren habe, da man zu Stoßzeiten kontinuierlich keine freien Parkplätze anbieten konnte, sagt Inhaber Oliver Voß. Der 50-Jährige formuliert es noch drastischer: &bdquo;Das Ganze hat mich fast ruiniert. Ich war über Jahre hinweg dermaßen frustriert über die Situation, dass ich zum Handeln gezwungen war.“ Das Resultat: Seit Februar lässt er die Stellplätze von dem Unternehmen &bdquo;Parkdepot“ aus München digital per Videokamera überwachen. Wer dort nun länger als 45 Minuten parkt, für den wird es teuer – und zwar auch an Sonn- und Feiertagen, wenn es dort völlig leer ist. Mit 30 Euro werden Pkw-Fahrer in der Regel zur Kasse gebeten, wenn sie die zulässige Höchst-Verweildauer überschreiten. &bdquo;Eines vorweg: Ich kann gut verstehen, dass einige Leute sauer sind. Denn wer zahlt schon gerne einen Strafzettel“, sagt Oliver Voß. Aber sein Verständnis ist über Monate der Enttäuschung und Wut über das rücksichtslose Verhalten einzelner Autofahrer gewichen. Die Parksünder stellten sich fortlaufend auf die freien Plätze, manchmal über Stunden. Voß tolerierte das Problem. Bis es Überhand nahm. &bdquo;Wenn freitagnachmittags der Parkplatz rappelvoll mit Autos steht, sich drinnen im Markt aber kein einziger Mensch befindet, dann läuft doch etwas verkehrt.“ Für den Friseurtermin vier Stunden den Parkplatz blockiert Der aus Rheda-Wiedenbrück stammende Oliver Voß, Inhaber zweier Getränkemärkte, ist Hauptmieter des Gebäudes an der Neuenkirchener Straße 45-49 in Gütersloh. Mit dem Eigentümer ist vertraglich vereinbart, dass ihm somit auch die Nutzung der 21 vorderseitig liegenden Parkplätze vorbehalten ist. Im Haus selber sind weitere Mieter ansässig. Die Volksbank etwa liegt im Erdgeschoss, eine Praxis für Ergotherapie und eine für Physiotherapie befinden sich im ersten Stock. Beide haben separate Parkplätze seitlich und hinter dem Gebäude. &bdquo;Die nutzt nur kaum jemand. Es ist ja bequemer, wenn man direkt vor dem Eingang parkt.“ Grundsätzlich hat Voß auch kein Problem damit, wenn seine Fläche mal für wenige Minuten genutzt wird. Ein weitaus größeres Problem ist jedoch, dass sich in direkter Nachbarschaft des Top-Getränkemarktes etliche Geschäfte und Einrichtungen befinden. Ein Café, ein griechischer und ein asiatischer Imbiss auf der anderen Straßenseite. Dazu ein Lottoladen. Eine Steuerkanzlei. Ein Friseur. &bdquo;Für die Dauerwelle nebenan parkt man mal eben bei uns. Das dauert mal eben drei, vier Stunden“, berichtet Oliver Voß von extremen Fällen. Auch andere Kunden oder sogar Geschäftsinhaber hätten seinen Parkplatz genutzt. &bdquo;Täglich, über viele Stunden.“ Die Kosten für Miete, Winterräumdienst und dergleichen trage jedoch er. Und seine Kunden gingen ihm &bdquo;flöten“. Wieso plötzlich die Kunden nicht mehr kamen &bdquo;Findet man einmal keinen Parkplatz, ist das vielleicht noch okay. Passiert es zwei oder drei Mal, fährt man zum Mitbewerber. Die Kunden haben sich beschwert“, erklärt der Unternehmer. Wenn die Parksünder von ihm oder Marktleiterin Lilli Berg (37) auf das Problem angesprochen worden seien oder darum gebeten wurden, woanders zu parken, hätte es Ignoranz oder Pöbeleien zur Folge gehabt, berichtet der Marktinhaber. Für ihn war es an der Zeit zu Handeln, weshalb er nach Absprache mit dem Immobilieneigentümer seit einigen Monaten die Dienste eines Fachunternehmens aus Süddeutschland in Anspruch nimmt, das sich mit Parkproblemen bestens auskennt. Die Parkdepot GmbH mit Hauptsitz in München bewirtschaftet mit mehr als 230 Mitarbeitern rund 1.000 Parkflächen in mehreren europäischen Ländern. Das im Juli 2019 gegründete Start-up digitalisiert mit videobasierten Kennzeichenscannern und einer Software die Parkflächen seiner Kunden. Im Fall des Gütersloher Getränkemarktes sind es drei Kameras, die nun an Ein- und Ausfahrt genau kontrollieren, welches Fahrzeug wie lange wo steht. &bdquo;Eine faire und gut funktionierende Lösung für mein Problem“, findet Oliver Voß. Seine Meinung teilt jedoch längst nicht jeder. Nach wie vor gibt es auch immer wieder wütende Kommentare, jetzt jedoch hauptsächlich im Internet. &bdquo;Wir sind auch mehrfach bedroht worden oder wurden von Anwälten angeschrieben.“ Expertin äußert sich: Ist die Videoüberwachung überhaupt erlaubt? Rein rechtlich betrachtet hat Oliver Voß jedoch nichts zu befürchten. Die Videoüberwachung ist konform mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Maßnahme selbst wird über etliche Schilder auf dem Gelände angezeigt und bis ins Detail erklärt. &bdquo;Falschparken auf Privatgrund gilt rechtlich als eine Besitzstörung. Dagegen darf der Grundstückseigentümer oder eben der jeweilige Berechtigte entsprechend vorgehen“, erklärt Julia Meier (35), Sprecherin des ADAC Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld. Tatsächlich würden mittlerweile viele Firmen die Parkraumbewirtschafter wie &bdquo;Parkdepot“ beauftragen. Diese holen eine Halterauskunft ein und stellen die Knöllchen aus. Da das Ganze auf Privatgrund stattfindet, handelt es sich nicht um ein Bußgeld, sondern um eine sogenannte Vertragsstrafe. Im Fall des Gütersloher Getränkemarktes zeigt die Maßnahme durchaus Wirkung. &bdquo;Die Lage auf unserem Parkplatz hat sich verbessert und selbst die bösen Kommentare werden weniger. Die Leute haben es verstanden“, bilanziert Oliver Voß. Auch jetzt noch kann man vor seiner Ladentür kostenlos parken. &bdquo;45 Minuten sind für jedermann frei. Ich finde das durchaus großzügig für einen innerstädtischen Parkplatz.“ Zumal die durchschnittliche Einkaufszeit in seinem Getränkemarkt ohnehin nur bei acht Minuten liege. Das Münchner Start-up &bdquo;Parkdepot“ schätzt er als fairen und kompromissbereiten Partner. Bei berechtigten Reklamationen werden Rechnungen storniert Selbst wenn es mal Reklamationen gebe, etwa durch Probleme bei der Erfassung eines Kennzeichens, sei es seiner Firma freigestellt, einzelne Vertragsstrafen zu stornieren. Heißt konkret: &bdquo;Sollte es einmal passieren, dass einer unserer Kunden zu Unrecht eine Rechnung von Parkdepot bekommt oder die zulässige Parkzeit wegen eines Notfalls überschritten wurde, werden wir ohne zu zögern kulant handeln und diese stornieren lassen“, verspricht der Getränkemarkt-Inhaber. Er setzt weiter auf das Verständnis für sein Vorgehen, denn die Stellflächen seien für sein Unternehmen existenziell: &bdquo;Keine Parkplätze, keine Kunden.“

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