Kaum Plätze für "Problemkinder" in Gütersloh - teilweise über 100 Ablehnungen

Gütersloh. Die Situation in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die aus der Bahn geraten sind, spitzt sich immer mehr zu. Schon seit einiger Zeit klagen die städtischen Sozialarbeiter und -pädagogen darüber, dass sie mit ambulanten Standardrezepten wie Gesprächen in den Familien, Gruppenarbeit, Beratung oder speziellen Trainings häufig an ihre Grenzen stoßen. Jetzt wird darüber hinaus sogar von Fällen berichtet, in denen Kinder und Jugendliche auch nicht mehr stationär in einem betreuten Wohnen untergebracht werden können. Für diese Fälle werde teilweise bei über 100 Einrichtungen angefragt, bevor ein Platz gefunden werden kann. Die Suche nach geeigneten Wohngruppen nehme einen erheblichen Teil der Arbeitszeit der Fachkräfte in Anspruch, heißt es in dem jetzt vorgelegten Jahresbericht Hilfen zur Erziehung für 2022. Auch Anfragen zu ambulanten Jugendhilfeleistungen wie der Sozialpädagogischen Familienhilfe könnten von den Anbietern häufig nicht direkt bedient werden. Zuletzt hat die Stadt mit einem außergewöhnlichen Projekt versucht, auf- und teils straffällige Kinder und Jugendliche, darunter auch Intensivtäter, zu erreichen und zurück in die Spur zu bringen. Es handelte sich um das sogenannte Impulszentrum im ehemaligen Jugendhaus an der Verler Straße. Dort trafen sich die Jugendlichen, um gemeinsam zu arbeiten, zu renovieren und zu gestalten. Betreut und angeleitet wurden sie von Pädagogen, Coaches des Gütersloher Vereins für Rehabilitation (Haus Nordhorn) sowie einem professionellen Handwerker. Gebäude verrammelt: Was wird aus dem Gütersloher Impulszentrum? Doch inzwischen sind Türen und Fenster des 1912 errichteten Gebäudes mit Spanplatten verrammelt und gegen Vandalismus gesichert. Wie es mit dem Impulszentrum weitergeht, steht in den Sternen. Demnächst soll das Thema auf die Tagesordnung des Jugendhilfeausschusses kommen. Auf Anfrage teilte Stadtsprecherin Annette Blumenstein unlängst mit: &bdquo;Der Fachbereich Jugend und Familie befindet sich derzeit noch in der Bedarfsklärung und geht davon aus, diese in Kürze abzuschließen.“ Auch generell wird es laut Jugendamt immer schwieriger, geeignete Unterbringungsmöglichkeiten zu finden, insbesondere für jüngere Kinder. Einrichtungen mit einem passenden Angebot stünden oft nicht zur Verfügung, da sich die Wohngruppen ihre Jugendlichen/Kinder selbst aussuchen könnten. &bdquo;Einige Wohngruppen haben zwar freie Plätze, aber nicht genügend Personal.“ Aufgrund der großen Nachfrage auch aus anderen Jugendämtern führten viele Einrichtungen inzwischen Wartelisten. Wie aus dem Jahresbericht weiter hervorgeht, hat sich die Tendenz zu mehr innerfamiliären Konflikten, die bereits im Jahr zuvor beobachtet wurde, im Jahr 2022 fortgesetzt. Dabei habe es sich entweder um Partnerschaftskonflikte oder Konflikte zwischen Eltern und Kindern gehandelt. Immer schwieriger, Personal in Gütersloh zu finden Seit Inkrafttreten den Landeskinderschutzgesetzes gebe es zwar höhere Standards zum Schutzauftrag für Kindeswohlgefährdung. Allerdings fehlt es laut Bericht in fast allen Bereichen der Abteilungen Soziale Hilfen an Personal. Ein Warnruf, der inzwischen fast an der Tagesordnung ist, wenn es um die Themen Soziales und Kitas geht. Es werde eine Herausforderung sein, in den kommenden Jahren geeignetes Personal für die neu geschaffenen Stellen zu finden, einzuarbeiten und zu binden. Vor große Probleme sieht sich die Stadt auch bei der Unterbringung unbegleiteter, minderjähriger Ausländer gestellt. Der Fachbereich habe sich gar gezwungen gesehen, eine eigene Wohngruppe als sogenannte &bdquo;Brückenlösung“ einzurichten – ohne Betriebserlaubnis. Was das möglicherweise für Folgen nach sich zieht, dazu steht nichts im Bericht. Dafür werden Angaben zur Anzahl der Meldungen in Sachen Kindeswohlgefährdung gemacht. Sie ist demnach gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken, liegt aber immer noch höher als in den Jahren 2019 und 2020. In 21 Prozent der Fälle sei tatsächlich eine Gefährdung festgestellt und in weiteren 40 Prozent zumindest ein Bedarf an Hilfen für Erziehung gesehen worden, heißt es. Ausgaben für Hilfen bei 15 Millionen Euro Die Gesamtausgaben für Hilfen sind im Jahr 2022 um 7,5 Prozent auf 14,8 Millionen Euro gestiegen. Davon entfielen fast 11 Millionen Euro auf stationäre Hilfen wie Heimerziehung, Vater/Mutter-Kind-Betreuungen oder Inobhutnahmen. Es sei davon auszugehen, dass die Ausgaben in der Jugendhilfen in den nächsten Jahren weiter steigen werden. Denn zum einen würden von den Leistungserbringern hohe fachliche Qualitätsstandards erwartet. Und zum anderen würden die freien Träger ihre Entgelte aufgrund von Inflation und der Tarifabschlüsse anpassen, sprich erhöhen.

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