Krankenhausreif geprügeltem Gütersloher wurde Geld geboten, um Anzeige zurückzuziehen

Bielefeld/Gütersloh. Mit einem siebenstündigen Verhandlungstag hat am Mittwoch am Landgericht in Bielefeld der Prozess um die Gewaltattacke auf den Fußballtorhüter Rene Z. aus Gütersloh begonnen. Sechs Männer müssen sich wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung verantworten, ihnen drohen bei einer Verurteilung Haftstrafen. Bei ihnen handelt es sich um fünf Spieler des Vereins FC Inter Gütersloh sowie einen Zuschauer. Sie sollen den heute 29-jährigen Torhüter nach dem Kreisliga-C-Spiel gegen den SC Eintracht Gütersloh (4:0) am 19. September 2021 während einer konzertierten Blitzaktion in der Umkleidekabine krankenhausreif geprügelt haben. Zu Prozessbeginn sagte das Opfer am Mittwoch als Zeuge aus. Zuvor hatten zwei Angeklagte (alle Namen geändert), Erdin Z. (32) und Mustafa G. (32), über ihre Verteidiger erklären lassen, nicht an der Körperverletzung beteiligt gewesen zu sein. Die vier weiteren Männer – Dimitrios H. (27), Efthari J. (28), Berkant C. (19) und Yusuf G. (21) ließen sich nicht zur Sache ein. Um 10.06 Uhr betritt Rene Z. den Saal 1 des Bielefelder Landgerichts, wo der Fall vom Jugendschöffengericht Gütersloh unter dem Vorsitz der Richterin Gerber aus Platzgründen verhandelt wird. Der Mann mit dem blauen Sakko, grauer Stoffhose und Brille wirkt zunächst verschüchtert. In den folgenden 110 Minuten erklärt Z. dann aber ausführlich, wie sich für ihn &bdquo;ein ganz normaler Sonntagnachmittag“ zum Albtraum entwickelte. Er habe eigentlich nur als Keeper aushelfen sollen, dann ein hitziges Spiel erlebt, in dem er persönliche Beleidigungen und Tritte habe hinnehmen müssen. Die Beschimpfungen habe er irgendwann erwidert. Rene Z. erinnert sich an Rufe: &bdquo;Wir haben ihn umgebracht“ Nach Abpfiff sei es daraufhin zum Eklat gekommen. &bdquo;Eine Horde von Leuten kam in die Kabine. Einer hat mir in die Wange gekniffen und dann einen Faustschlag gegeben“, schildert der Gütersloher, das etwa acht bis zehn Personen in die Kabine eingedrungen seien. Vier bis fünf der Männer hätten zugeschlagen. In der Folge sei er schlichtweg &bdquo;bis in die Mitte der Kabine geprügelt“ worden, habe Fausthiebe auf den Kopf und am Boden liegend Tritte in den Rücken erlitten, ehe er für einige Sekunden das Bewusstsein verlor. &bdquo;Ich habe noch mitbekommen, wie jemand rief: ’Scheiße, wir müssen weg. Wir haben ihn umgebracht’. Dann sind sie alle rausgerannt“, erzählt der Duale Student, der im Krankenhaus drei Tage auf der Intensivstation lag. Generell könne er sich aber nur noch an Bruchteile erinnern. &bdquo;Durch die Schläge auf den Kopf ist vieles nicht mehr vorhanden.“ Konkret nennt der Torwart nur Dimitrios H. namentlich als Tatbeteiligten, nachdem er sich im Saal umguckt. &bdquo;Die anderen Anwesenden haben sich sehr verändert.“ Wie Rene Z. gegenüber der &bdquo;NW“ ausführlich geäußert hatte, habe die Attacke körperliche wie seelische Spuren hinterlassen. &bdquo;Ich habe ein Dreivierteljahr die Gütersloher Innenstadt gemieden, aus Angst, auf sie zu treffen.“ Der 29-Jährige erzählt von schlaflosen Nächten, Angstzuständen, Depressionen. Nach wie vor werde er in der Trauma-Ambulanz Bielefeld behandelt. Begleitet wird der junge Mann am Mittwoch vom früheren Gütersloher Kriminalhauptkommissar Gerald Klekamp. Der seit vier Jahren pensionierte Ex-Polizist ist für die Opferschutz-Organisation &bdquo;Weißer Ring“ tätig. &bdquo;Wenn Betroffene es wünschen, begleiten wir sie“, schildert Klekamp: &bdquo;In diesem Fall war unklar, ob es eventuell eine Störung gibt.“ Das droht den Angeklagten bei einer Verurteilung Zu Zwischenfällen kommt es im Gerichtssaal nicht. Gleichwohl, so erzählt Torwart Rene Z. auf Nachfrage der Richterin, hätte es im Vorfeld der Verhandlung Versuche einer Beeinflussung gegeben. &bdquo;Jemand, der sich als Cousin, Schwager oder Chef eines der Beteiligten ausgab, hat mich angerufen und gebeten, die Anzeige zurückzuziehen.“ Auch sein Bruder sei kontaktiert worden. Ihm habe man dafür eine Summe von 2.000 Euro angeboten, schildert Rene Z. Doch der Gütersloher, der das Fußballspielen aufgegeben hat, will Gerechtigkeit und hofft auf &bdquo;eine ordentliche Strafe“ für die Täter. Bei einer Verurteilung droht den sechs Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im schweren Fall eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. &bdquo;In einem minderschweren Fall sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren vor“, erklärt Guiskard Eisenberg, Sprecher des Landgerichts Bielefeld. Eine Geldstrafe sei nicht vorgesehen. Allerdings können Bewährungsstrafen verhängt werden. Zwei Zeugen, damalige Mitspieler von Rene Z., schildern am Mittwoch ihre Sicht der Dinge. Doch auch bei ihnen gibt es trotz überwiegend deckungsgleicher Aussagen mit dem Torhüter Erinnerungslücken. Max G. (24, Name geändert) etwa, der sich nach der Tat Notizen auf dem Handy machte, will einen der mutmaßlichen Täter an einem Tattoo im Halsbereich erkannt haben. Der betroffene Angeklagte, Berkant C. (19), präsentiert vor der Richterin jedoch unbemalte Haut. Den Wortführer der Gewalttäter, der als erstes zugeschlagen habe (&bdquo;Ein Typ mit Schiebermütze“) kann Max G. nicht identifizieren. Weiterer Verhandlungstag angesetzt Zeuge Frank H. (34, Name geändert), der direkt nach der Gewalttat in der Schiedsrichterkabine Namen, Nummern und Gesichter der Täter abgeglichen hatte, beruft sich auf seine Angaben gegenüber der Polizei und benennt am Ende einige Beteiligte. &bdquo;Ich will aber niemanden falsch verdächtigen.“ Eingeschritten sei er damals nicht, weil er &bdquo;geschockt und überfordert“ gewesen sei. Die Bilder habe er heute noch immer wieder vor Augen. Nach siebeneinhalb Stunden ist die Verhandlung am Mittwoch vertagt worden. Weiter geht es am Donnerstag, 4. Mai, 9 Uhr. Dann soll die Beweisaufnahme mit der Zeugenvernehmung von Frank H. und vier weiteren Zeugen fortgesetzt werden.

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