Barbara Hagedorn aus Gütersloh über umstrittene Ranch: "Habe nichts falsch gemacht"

Frau Hagedorn, haben Sie noch den Überblick über die gerichtlichen Verfahren zu Ihrer geplanten SL Riding Ranch? Barbara Hagedorn: Wir befinden uns seit mehr als 15 Monaten nach wie vor im Eilverfahren hinsichtlich des verhängten Baustopps am Verwaltungsgericht Minden. Jetzt ist das Gericht dran. Zwei weitere Klagen haben sich erledigt. Seit mehr als einem Jahr ruht der Bau und damit das gesamte Projekt. Ärgert Sie das? Ja natürlich ärgert mich das. Ich wollte eigentlich letztes Jahr im Mai einziehen. Hat es in all der Zeit mal eine richterliche Begehung vor Ort gegeben? Oder gab es die Idee, dass sich alle Parteien an einen Tisch setzen? Wir haben das Gericht um einen Erörterungstermin gebeten, die Entscheidung steht aus. Wir haben auch dem BUND ein Gesprächsangebot gemacht. Das wurde bislang leider abgelehnt. Deshalb sind uns die Hände gebunden, wir können nichts tun, außer abzuwarten. Haben Sie noch Lust auf die Ranch oder würden Sie am liebsten aufgeben? Es gibt solche und solche Tage. Ich arbeite an diesem Projekt seit fünf Jahren und es steckt unheimlich viel Energie und Herzblut drin. Es handelt sich nicht um private Reitsportinteressen, sondern um ein sinnvolles Angebot für die Region. Wir möchten hier eine Menge Ideen umsetzen, wie zum Beispiel, dass wir den Pferden des Vereins Hippokrene, die therapeutisches Reiten für Kinder anbieten, ein Zuhause geben. Ich muss viele interessierte Eltern vertrösten, das tut mir sehr leid. Ich probiere stark zu bleiben, damit alles ein gutes Ende und einen guten Anfang findet. Gibt es Dinge, die wegen der Bauverzögerung geplatzt sind? Ich habe 35 unterschriebene Verträge von Einstellern, die seit einem Jahr auf ihre Pferdebox warten. Das ist auch für die Pferdebesitzer nicht leicht. Versuchen Sie mal, ihr Pferd gut unterzustellen. Das ist schwierig, es gibt überall Wartelisten. Mir selbst ist es schließlich auch passiert, dass ich mit meinen Pferden jetzt noch einmal umziehen musste. Das mag für viele ein Randaspekt sein, für andere ist es wichtig, weil ihnen die Tiere viel bedeuten. Um den allgemeinen Streit um den Bau verstehen zu können, muss man den Blick nicht auf die Pferde, sondern nach unten auf den Boden richten. Wie war Ihr Eindruck von dem Baugrundstück? Es handelte sich um einen alten landwirtschaftlichen Betrieb. Er wurde uns angeboten und für uns passte es. Aber alles war karg, es gab dort kein Habitat. Nur eine durchdüngte Kuhwiese, die nicht unbedingt viele Biopunkte hatte. Das Grundstück liegt zwischen zwei Hauptstraßen und man hatte nicht das Gefühl, in einem typischen Landschaftsschutzgebiet zu sein. Hätten Sie eine Alternative gehabt? Nein, wenn Sie ein Grundstück von so großer Fläche suchen, gibt es nicht so viele Auswahlmöglichkeiten. Wir hatten zu dem Zeitpunkt schon seit mehreren Jahren gesucht. Die Website für die SL Riding Ranch war schon vor zwei Jahren fertig, ist aber nie online gegangen. Hatten Sie Angst vor Anfeindungen? Ja, das sage ich auch ganz deutlich. Nach den ersten Berichterstattungen habe ich die Website gestoppt. Gleichwohl können Sie hier nachlesen, dass wir schon seit 2019 in zahlreichen Naturprojekten aktiv sind. Ich muss die Riding Ranch nicht grün waschen. Sie haben sieben Hektar Land in einem ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet gekauft. Dass das nicht einfach bebaut werden darf, muss Ihnen klar gewesen sein. Ich habe eine Baugenehmigung von der Stadt Bielefeld bekommen. Alles ist inzwischen zwei mal geprüft und zwei mal abgesegnet worden. Ich habe also nichts falsch gemacht. Der BUND hat die Stadt Bielefeld als zu genehmigende Behörde verklagt. Nicht Barbara Hagedorn als Investorin. Haben Sie trotzdem die Welle der Empörung abbekommen? Ja, und zwar die volle Breitseite. Ich glaube nicht, dass die Stadtverwaltung Bielefeld in dieser Sache etwas aushalten musste. Ich mache der Öffentlichkeit keinen Vorwurf. Der Fall ist komplex und wie soll man als Bürger durchdringen, wer hier für was Verantwortung trägt? Haben Sie ein Worst-Case-Szenario für den Fall, dass das Gericht Ihnen den Weiterbau nicht mehr erlaubt? Es kann sein, dass es noch dauert, das liegt nicht in meiner Macht, aber ich sehe keinen Punkt, warum der Bau nicht fertiggestellt werden sollte. Gemäß dem Fall, Sie dürften morgen die Ranch fertigstellen, wie lange benötigen Sie dafür? Tatsächlich verrottet gerade viel auf der Baustelle, ein ganzes Dach musste bereits entsorgt werden. Es hat zu lange gelegen. Vorausgesetzt die Handwerker stehen alle zur Verfügung, würde ich rund ein Jahr Bauzeit kalkulieren. Dreiviertel des Projektes steht ja bereits. Werden Sie in das angrenzende Wohnhaus ziehen? Nein. Was reizt Sie konkret, einen so großen Pferdepensionsbetrieb zu errichten? Es geht um die nächste Generation. Das Projekt habe ich mit meiner Familie gemeinsam geplant. Wir haben zwei Töchter, die hier ganz viele Ideen eingebracht haben. Nun haben Sie sich im Zuge der Auseinandersetzung öffentlich als Landwirtin bezeichnet. Das hat viele &bdquo;echte“ Bauern auf die Palme gebracht. Das kann ich nachvollziehen. Ich persönlich meine einen solchen Satz nie gesagt zu haben, aber aus dem Kontext ergibt es sich. Ich bin bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gemeldet. Um den Pferdepensionsbetrieb zu führen, braucht es Voraussetzungen bei der Landwirtschaftskammer – die ich erfülle. Sonst hätten Sie keine Baugenehmigung erhalten. Genau. Und es ist ja schlicht Fakt, dass wir mit der Ranch Landwirtschaft betreiben. Wir haben jetzt insgesamt 70 Hektar, die wir bewirtschaften mit zusätzlichen Flächen in Beelen und Steinhagen. Ziel ist es, die eigene Produktion für den Hof hinzubekommen – mittelfristig sogar in Bioqualität. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das macht mir aber auch total viel Spaß. Ich kann morgens Absatz tragen und abends im Mist stehen. Ist das verboten? Das mache ich jeden Tag. Ich habe mir gerade vier alte Trecker gekauft, die wir jetzt wieder ans Laufen kriegen wollen. Ich komme aus dem Emsland und bin in der Natur aufgewachsen. Und große landwirtschaftliche Maschinen sind jetzt nicht so befremdlich für mich. Ich weiß schon wovon ich rede, auch wenn ich für die Bewirtschaftung der Felder natürlich professionelle landwirtschaftliche Unterstützung bekomme. Heu und Stroh mache ich seit fast drei Jahren. Ich kann es nur leider auf dem Hof nicht gebrauchen. Zwei Ernten habe ich inzwischen an nahe gelegene Gnadenhöfe wie Four Seasons in Rheda-Wiedenbrück gegeben. Es gibt ja immer wieder mal Anwesen, die zum Verkauf stehen. Vor etwa einem Jahr hat eine Unternehmerin in Avenwedde ihren Landsitz samt Reitanlage und -halle zum Verkauf angeboten. Wäre es nicht eine Überlegung wert, die Riding Ranch in Holtkamp aufzugeben? Das Anwesen in Avenwedde wurde mir auch angeboten, aber das ist nicht unsere Philosophie. Nur weil es schwierig wird, werfe ich das Projekt nicht über Bord und kaufe etwas anderes. Wie viele Pferde besitzen Sie? Einige Wo stehen die? In ganz Deutschland. Und da bleiben sie auch. Wir werden die Ranch nicht nur mit unseren eigenen Pferden ausfüllen. Das ist nicht unser Ansatz. Wir haben an anderen Orten bessere Möglichkeiten, um leistungsbezogen optimal zu trainieren, die wir in Bielefeld nicht erfüllen können und wollen. Seit dem Streit um die Ranch kennt man den Namen Adalbert Niemeyer-Lüllwitz. Er hat im Namen des BUND die Gerichtsklage angestrengt. Haben Sie mit ihm mal einen Kaffee getrunken? Wir haben es versucht. Er hat es abgelehnt. Leider. Ich kenne ihn nicht persönlich, außer dass ich ihn immer wieder mal am Grundstück gesehen habe. Haben Sie noch Wachschutz am Gelände? Ja. Es waren viele Menschen dort, das war nicht lustig, auch nicht für die Bauarbeiter. Kranführer wurden angesprochen, 24 Stunden wurde fotografiert. Das kann ich niemandem antun. Der BUND hat gegen die Baugenehmigung geklagt und Recht bekommen. In der Folge haben Sie nachgebessert. Können Sie die Kritik der Naturschützer im Rückblick verstehen? Im Nachhinein ist man immer schlauer. Ich mache das ja nicht jeden Tag. Damit hat einfach keiner gerechnet. Wir haben alle Unterlagen eingereicht, die von der Stadt Bielefeld gefordert wurden. Mehr kann man meines Erachtens nicht machen. Vermutlich wäre vieles anders gelaufen, wenn nicht der Name Hagedorn auf dem Projekt stehen würde. Sie glauben, die Naturschützer arbeiten sich an Ihnen ab? Es gibt ein Verbandsklagerecht. Das hat mit Sicherheit seinen Sinn. Aber ich behaupte, dass die Naturschützer das Projekt Riding Ranch anders eingeordnet hätten, wenn sie nur das Projekt, nicht den Investor gesehen hätten. Es gibt den landschaftspflegerischen Begleitplan, erstellt von einem professionellen Landschaftsarchitekturbüro, der auf über 32 Seiten alle Maßnahmen und ihre ökologischen Auswirkungen beschreibt. Wir machen so viel in Sachen Natur- und Artenschutz, übrigens auch einen Lehrpfad und Informationsangebote für Kinder und Schulklassen. Und deshalb weiß ich nicht, ob die Verbandsklage hier richtig angesetzt ist. Sie bauen im Landschaftsschutzgebiet, erhalten einen Baustopp und errichten schließlich einen Zaun drumherum mit Bienen, blühenden Bäumen, Storchennestern und Vögeln drauf. Wundert Sie das nicht, dass das als Provokation aufgefasst wird? Ich habe im Traum nicht daran gedacht, dass es jemand als Provokation auffassen könnte. Es sind die Bilder aus der Bauakte. Damit möchten wir verdeutlichen, was wir genau vorhaben. Das hätte ich nicht machen müssen, der ganze Baustopp kostet mich eh schon ein Vermögen. Viele andere könnten das Buch zuklappen, das sage ich ganz ehrlich. Sie bleiben bei Ihrer Behauptung, dass das gesamte Areal nach Fertigstellung der Ranch ökologisch aufgewertet ist? Ja, gegenüber dem vorherigen Stand sogar deutlich Unser Ziel ist es, auf der Anlage ein einzigartiges neues Biotop entstehen zu lassen, das ökologisch vielfältig ist und zahlreichen, auch bedrohten Arten einen Lebensraum bietet. Wir werden ein großes Insektenhotel, Streuobstwiesen, Bienenstöcke, Nistkästen und eine Ansiedlungsmöglichkeit für Störche schaffen. Wir kümmern uns um Kompensationsmaßnahmen für versiegelte Flächen – die übrigens gerade einmal 0,7 Hektar von dem Gesamtprojekt umfassen. Wir lassen uns bei der Erstellung der gesamten Anlage professionell ökologisch beraten, pflanzen nur heimische und ökologisch wertvolle Hölzer, erstellen einen naturnahen Teich und vieles mehr. Mindestens 46 neue Bäume stehen übrigens schon, sowie komplett neu angelegte Wildhecken Mit Beginn der Bauarbeiten haben Sie den Riding Club Gütersloh gegründet. Wie entwickelt der sich? Sämtliche Ideen hierzu ruhen. Ich möchte erst das eine Problem lösen, bevor ich weitermache. Mir fehlt der Elan, den Club zu pushen, solange nicht klar ist, wann das Projekt starten darf. Wir wollen Reiter bundesweit miteinander verknüpfen, ein modernes Netzwerk bilden als Gegengewicht zu den vorherrschenden Vereinsstrukturen, die vielfach nicht mehr funktionieren. Unser Konzept kann auch ohne Riding Ranch weitergehen, denn es hat grundsätzlich nichts mit der Pensionstierhaltung zu tun. Dann bleibt die vorhandene Adresse in Gütersloh bestehen. Sie sind in der heimischen Turnierszene sehr präsent. Werden Sie häufig auf die Riding Ranch angesprochen? Natürlich, alle wollen wissen, wie der Stand der Dinge ist. Sie wissen die Gemeinschaft der Reiter hinter sich? Ich würde sagen ja, auch wenn sich immer jemand finden wird, der das ablehnt. Aber am Ende muss auch jeder der ein Pferd besitzt, einen Platz dafür finden. Der Vorsitzende des Kreisreiterverbandes, Werner Knöbel, hat im Dezember seinen 80. Geburtstag gefeiert. Ist es für Sie eine Überlegung wert, einen solchen Posten anzustreben oder sich mehr zu engagieren? Was Ihr Mann für den Fußball in Gütersloh ist, könnten Sie für den Reitsport sein. Nein. Ich bringe gerne meine Ideen und Erfahrungen ein, aber man muss wissen, was man in der Lage ist zu leisten. Wenn ich etwas anfange, dann möchte ich es gut machen. Mein Tag hat eben auch nur 24 Stunden. Vorrangig ist Familie und Job. An unserer Firma hängen 1.700 Familien. Rufen eigentlich auch interessierte Investoren bei Ihnen persönlich an, um sich Rat zu holen, weil sie etwas ähnliches wie die Riding Ranch planen? Glauben Sie mir, das Projekt hat Wellen geschlagen. Es sind viele zurückgetreten von ihren Ideen und Aufträgen, sie haben die Suche nach einem passenden Areal bewusst aufgegeben. Das finde ich jammerschade. Aber mal ehrlich: wer tut sich das denn freiwillig an? 134 Zeitungsartikel braucht man nicht. Jetzt sind es 135. (lacht) Und es werden weitere folgen.

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