Gütersloher Straßen sollen nach prägenden Frauen benannt werden

Gütersloh. Vor genau 70 Jahren war Schluss mit der &bdquo;Männerbastion Stadtrat“. Mit den Kommunalwahlen am 9. November 1952 ziehen erstmals Frauen in den Rat der Stadt Gütersloh ein. Fünf von 36 waren es damals. Heute sind es 21 von 56. &bdquo;Unser Stadtrat hat einen Frauenanteil von 39 Prozent“, erklärt Inge Trame, städtische Gleichstellungsbeauftragte. Gütersloh liegt damit zwar über dem Bundesdurchschnitt (27,7 Prozent), &bdquo;aber der Frauenanteil ist immer noch unterrepräsentiert.“ Deshalb beteiligt sich die Stadt jetzt an einer interkommunalen Initiative, um die Kommunalpolitik weiblicher zu machen. Außerdem wurde eine Umfrage bei ehemaligen und amtierenden Lokalpolitikerinnen vorgenommen, um herauszufinden, wie genau sich Politik verändern sollte und müsste, damit sich Frauen dort engagieren. &bdquo;Der Rücklauf ist sehr gut, in wenigen Wochen können wir die Ergebnisse präsentieren“, so Trame. 2025 sind die nächsten Kommunalwahlen und bis dahin möchte Inge Trame alles tun, um interessierte Frauen zu Kandidatinnen zu machen, die sich zur Wahl stellen. &bdquo;Gerade mit Blick auf das Stadtjubiläum 2025 sollten wir die Verdienste von Frauen um die Stadtgesellschaft mehr ins Bewusstsein rücken.“ Das waren die ersten fünf Frauen im Stadtrat Da hilft zunächst ein Blick zurück. Wer waren die ersten fünf Frauen im Stadtrat? Die eine war fest im städtischen Großbürgertum verankert und verfügte über ein illustres politisches Netzwerk. Die andere kam nach dem Zweiten Weltkrieg alleinerziehend nach Gütersloh und engagierte sich fortan für Vertriebene und Kriegsopfer. Am 9. November 1952 zogen je zwei Ratsfrauen – offizielle Anrede damals noch &bdquo;Frau Ratsherrin“ – von CDU und SPD sowie eine FDP-Politikerin in das Stadtparlament ein: Elfriede Güth (FDP), Elisabeth Jäger (CDU), Margot Johnsen (SPD), Rosa Struck (SPD) und Ida Schulze (CDU). Dabei war die Gütersloher Lokalpolitik durchaus spät dran. Denn ab 1919 durften Frauen nicht nur auf allen politischen Ebenen wählen, sondern auch für Ämter und Mandate kandidieren. &bdquo;Ob auch bei den Wahlen 1948 Frauen kandidierten, wissen wir nicht“, es fehlt schlicht an Protokollen, erklärt Franz Jungbluth von der Geschichtswerkstatt. Es wurde nur wenig dokumentiert Überhaupt sei wenig über die Politikerinnen dokumentiert. &bdquo;Aus 1952 gibt es kein Foto vom Gesamtrat und auch keines von den fünf neuen Frauen.“ Bezeichnend findet Jungbluth, &bdquo;dass Margot Johnsen insgesamt 16 Jahre ihm Kreistag engagiert war, es aber kein gescheites Foto von ihr gibt.“ Es sind ihre Gesichter und auch ihre Namen, die in Vergessenheit geraten. Inge Trame bedauert das sehr. Wie aber kann man Namen dauerhaft in einer Stadt verankern? Mit Straßennamen. Julia Kuklik (Leiterin Stadtarchiv) und Franz Jungbluth (Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Straßennamen in der Gütersloher Geschichtswerkstatt) förderten nicht nur neue Akten und Daten zu den Politikerinnen der ersten Stunde zutage, sondern wollen sich weiter auf Spurensuche machen. &bdquo;Wir kennen schon die Namen der ersten Ärztinnen in der Provinzheilanstalt und im St.-Elisabeth-Hospital“, so Historiker Jungbluth. &bdquo;Vielleicht können wir der Stadt bald ein Medizinerinnen-Viertel schenken, mit lauter verdienten Frauen, die als Ärztinnen oder in der Pflege in Gütersloh aktiv waren.“ Und vielleicht auch ein Ratsfrauen-Viertel. &bdquo;Dafür würde sich zum Beispiel ein Neubaugebiet eignen“, meint Archivarin Julia Kuklik. Es fehlt eine Johnsen-Straße in Gütersloh Eine Güthstraße gibt es schon, wenngleich daraus nicht hervorgeht, ob sie Elfriede oder ihrem Mann Werner (Güth & Wolf) zuzuschreiben ist. Die Ida-Schulze Straße gibt es auch schon nahe der LWL-Klinik. Und so verweisen Jungbluth, Kuklik und Trame einhellig auf Margot Johnsen, die bei den neuen Straßennamen ganz oben auf der Liste stehen sollte. Aus dem Rat musste Johnsen zwar schon nach wenigen Monaten wegen eines Formfehlers bei der Wahl ausscheiden. 1956 wurde sie aber – wiederum als erste Frau – in den Wiedenbrücker Kreistag gewählt. Sie engagierte sich ehrenamtlich am Bundessozialgericht und erhielt das Bundesverdienstkreuz am Bande. Mehr Vorbild geht kaum.

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