Freie Grundstücke in Gütersloh plötzlich nicht mehr gefragt

Gütersloh. In Gütersloh ist der Markt für Bauland und Neubauten eingebrochen. Das geht aus dem aktuellen Bericht des städtischen Gutachterausschusses hervor, der sämtliche Kaufgeschäfte auswertet. Demnach ist die Zahl der Immobilienverkäufe in der Stadt im ersten Halbjahr um 25 Prozent gesunken. Bei unbebauten Grundstücken verzeichneten die Gutachter einen Rückgang von mehr als 50 Prozent, bei Neubauten war die Anzahl der Käufe sogar derart gering, dass sie auf eine Angabe der Preisentwicklung verzichteten. &bdquo;Der Markt hat sich innerhalb kurzer Zeit stark beruhigt“, sagt Bernhard Tegelkämper, Vorsitzender des Gutachterausschusses. 394 Immobilienverkäufe gab es in Gütersloh im ersten Halbjahr – deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum. Tegelkämper schreibt das vor allem den höheren Zinsen, den stark gestiegenen Baukosten und der Inflation zu: Vielen Interessenten gehe die Puste aus, ihnen platze die Finanzierung. "Viele machen Kassensturz und stellen fest: Es reicht nicht" &bdquo;Es sieht so aus, als holt der Immobilienmarkt mal Luft“, sagt Axel Kirschberger, Bereichsleiter Immobilien bei der Volksbank Bielefeld-Gütersloh. Die aufgeheizte Stimmung der vorigen Jahre, der hohe Nachfrage-Überhang, der zu Preissprüngen geführt habe: All das habe sich binnen weniger Monate beruhigt. &bdquo;Vor allem auf dem Neubau-Markt tut sich derzeit wenig. Viele, die vor kurzem noch unbedingt bauen oder kaufen wollten, machen jetzt Kassensturz, kalkulieren Zinsen, Inflation, Energiepreise neu und stellen fest: Es reicht leider doch nicht. Sie treten von ihrem Vorhaben zurück.“ Dass die Nachfrage bei den unbebauten Grundstücken mit 52 Prozent derart einbreche, habe er noch nie erlebt, sagt Tegelkämper. Auch bei den anderen Immobiliengeschäften in Gütersloh verzeichnet der Gutachterausschuss einen Rückgang der Kauffälle: bei den bebauten Grundstücken um zwölf Prozent, beim Wohnungs- und Teileigentum um 20 Prozent. An der Preisentwicklung allerdings, so Tegelkämper, habe das wenig geändert: Wohnbauland wurde im ersten Halbjahr um sechs Prozent teurer, die Gebrauchtimmobilie um elf Prozent. Deutet sich auch bei den Gebrauchthäusern eine Trendumkehr an? Doch auch diese Entwicklung kommt in Gütersloh offenbar zum Halt. Tegelkämper berichtet, dass die Preise für Gebrauchthäuser im Juli und August erstmals seit etlichen Jahren stagnieren. &bdquo;Das ist nur eine Momentaufnahme“, warnt er vor voreiligen Schlussfolgerungen. Möglicherweise stabilisiere sich der Preis auf hohem Niveau, möglicherweise falle er aber auch. &bdquo;Vieles hängt von der gesamtwirtschaftlichen Lage ab.“ Der stellvertretende Vorsitzende des Gütersloher Maklervereins, Elmar Kaup, sieht die Lage bei den Gebrauchtimmobilien indes zuversichtlich. &bdquo;Ich glaube nicht an einen Preissturz. Bei den Gebrauchthäusern weiß man, was man hat. Eine Sanierung lässt sich leichter kalkulieren als ein Neubau, deswegen bleiben sie gefragt.“ Die finanzielle Ungewissheit beim Kauf von Bauland oder geplanten Neubauten sei derzeit viel höher als beim Kauf einer Gebrauchtimmobilie. "Unter 750.000 Euro kriegt man kaum ein neues Haus gebaut" Dass vor allem beim Bauland die Zurückhaltung so hoch ist, dafür hat Kaup eine Erklärung: &bdquo;Niemand weiß, wie teuer am Ende der Neubau auf diesen Grundstücken wird. Der Privatmann weiß es nicht und die Bauunternehmer und Projektentwickler auch nicht.“ Ein Unternehmer werde sich hüten, viel Geld zu investieren, wenn unklar sei, ob er es je wieder reinbekomme. &bdquo;Das ist vielen im Moment zu heiß“, sagt Kaup. Ansgar Stahl, Geschäftsführer SKW Haus & Grund, findet das Bauen inzwischen enorm teuer. &bdquo;Unter 750.000 Euro kriegt man in Gütersloh kaum ein neues Einfamilienhaus gebaut.“ Folgende Kalkulation macht Stahl auf: 550 Quadratmeter mal 400 Euro pro Quadratmeter ergeben 220.000 Euro allein fürs Grundstück. 140 Quadratmeter Wohnfläche mal 3.500 Euro Baukosten pro Quadratmeter ergeben 490.000 Euro Baukosten. In Summe sind das 710.000 Euro plus annähernd zehn Prozent für Grunderwerbssteuer, Notar-, Gerichts- und andere Nebenkosten: Macht unterm Stich 780.000 Euro. &bdquo;Und das“, so Stahl, &bdquo;sind alles realistische Werte für ein normales Gütersloher Haus.“ Inzwischen fehlt ja auch die KfW-Förderung Wie der Bund unter solchen Umständen immer noch behaupte, in Deutschland 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, sei ihm ein Rätsel, so Stahl. Zumal der Bund, so Axel Kirschberger von der Volksbank, die Hürden für eine KfW-Förderung höher gelegt hat. Das mache die Finanzierung für eine Normalfamilie ebenfalls schwieriger. Kirschberger: &bdquo;Wir stellen fest, dass viele Gütersloher sich unverändert ein Eigenheim wünschen, aber dass sie ihren Wunsch zurückstellen.“ Wer es dennoch versuche, brauche einen gesicherten Finanzierungsnachweis, sonst sei er chancenlos.

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