Makler in Sorge: Hauskäufern im Kreis Gütersloh bricht die Finanzierung weg

Kreis Gütersloh. Normalerweise berät Sebastian Kraatz im Besprechungsraum seiner Makleragentur SMK-Immobilien Kunden. An dem langen weißen Tisch, der quer im Zimmer steht, haben bis zu acht Personen Platz. Hier wird üblicherweise darüber diskutiert, wie der Hauskauf oder -verkauf für Klienten am besten gelingen kann. Heute aber fährt der Verler den Computer hoch, wirft den Monitor an der Wand an und startet die sogenannte Maklersprechstunde. Die Maklersprechstunde ist eine Community für Immobilienmakler im deutschsprachigen Raum. Hier erhalten Makler an jedem Dienstag um 11 Uhr kostenlose Webinare zu spezifischen Themen aus der Immobilienbranche. Es wird diskutiert. Dieses Mal geht es in dem Meeting um Zinsen, Nachfrage und Kaufpreise. 270 Makler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nehmen teil. "Mehr als üblich", sagt Sebastian Kraatz. Schließlich brenne das Thema derzeit vielen Maklern und auch Bänkern unter den Fingernägeln. Hausverkauf scheitert dreimal an der Finanzierung Der Verler Immobilienmakler erklärt das Problem, mit dem er sowie auch viele seiner Kollegen derzeit konfrontiert sind: "Kürzlich hatten wir einen interessanten Verkaufsauftrag hier in der Region. Dreimal scheiterte der Verkauf an einer neuerlichen Berechnung der Finanzierung. Kunden kommen mit einer Finanzierungsbestätigung aus dem vergangenen Jahr zur Besichtigung. Mittlerweile sind die Zinsen aber deutlich gestiegen." Beim erneuten Gang zur Bank stellen sie dann fest, dass das Haus nicht mehr in ihrem Budget liegt und sagen den Kauf ab. "Das sind alles Leute gewesen, die sich das vor einem halben Jahr noch hätten leisten können", erklärt der Verler Makler. Lesen Sie auch: Gütersloher Makler: "Wer vor Jahren nicht gekauft hat, ärgert sich heute" Dass es gleich dreimal ein und dasselbe Haus getroffen hat, sei eher ein Zufall, so Kraatz. Mittlerweile sei es auch verkauft. Das Problem aber liege auf der Hand. Bei steigenden Zinsen werde der Hauskauf bei noch immer stabilen Verkaufspreisen für Interessenten nicht zwingend einfacher. Im Gegenteil. Das bei vielen Käufern ohnehin schon eng gezurrte Finanzierungspaket werde noch weiter ausgereizt, beginne gegebenenfalls sogar zu bröckeln. Zinsen steigen um rund 150 Prozent an Zahlen, veröffentlicht in der Maklersprechstunde, verdeutlichen die Problematik. Während die Sollzinsbindung zum Jahresende 2021 noch bei etwa einem Prozent lag, ist sie heute bereits auf etwa 2,5 Prozent angestiegen. Das entspricht einer Erhöhung von rund 150 Prozent. "Bei einer monatlich zu zahlenden Rate kann das viel Geld ausmachen", sagt Sebastian Kraatz. Eine Beispielrechnung, ebenfalls in der Sprechstunde präsentiert, untermauert die Annahme des Verler Maklers. Bei einem Kaufpreis von 717.000 Euro und einem Zins von 1,69 Prozent beläuft sich die monatlich fällige Rate auf 2.175 Euro. Bei einem Zins von 3,42 Prozent sind gleich 3.245 Euro zu zahlen. Das ist ein Anstieg der Rate um 50 Prozent. Für viele ist das dann nicht mehr zu stemmen. Das sind die Folgen für den Immobilienmarkt Welche genauen Folgen das für den Immobilienmarkt in naher Zukunft haben wird, ist noch unklar. Der Tenor in dem Webinar: Verkäufer von Immobilien werden es künftig schwerer haben, da potenzielle Abnehmer durch höher werdende Zinsen aus dem Raster fallen. Nichtsdestotrotz sei die Nachfrage auf dem Markt weiter enorm hoch. Käufer gebe es trotzdem. Vielmehr laufe es darauf hinaus, dass Wohlhabende beim Hauskauf bessere Chancen haben werden als Normalverdiener, deren Finanzierung ohnehin bereits eng geschnürt war. Für Menschen, die sich ihre Wunschimmobilie trotz steigender Zinsen weiter leisten können, entstehe vor allem Druck. Das erklärt ein Referent sinngemäß im Webinar. Vor wenigen Monaten hätten Immobilienkäufer vor allem Druck gespürt, weil sie sich schnell für oder gegen einen Kauf hätten entscheiden müssen. Ließ sich ein Käufer zu lange Zeit, schnappte ihm ein anderer das Haus vor der Nase weg. Jetzt komme aber noch mehr Entscheidungsdruck hinzu, weil der Zinssatz ansonsten noch höher wird und damit dann auch die monatlich zu zahlende Rate. Interessenten überdenken den Kauf einer Immobilie Elmar Kaup, gemeinsam mit seinem Bruder Johannes Inhaber von Kaup-Immobilien in Gütersloh, hat ähnliche Erfahrungen wie Sebastian Kraatz gemacht. Vom Wegbruch einer Finanzierung will der Makler nicht reden. Stattdessen aber würden potenzielle Käufer den Erwerb einer Immobilie bei höheren Zinsen neu überdenken. Lesen Sie auch: Makler über Kriegsfolgen: "Ein Neubau wird in jedem Fall teuerer werden" Die neu ausgerechnete Monatsrate sei zwar für viele noch immer finanziell machbar, das ohnehin schon eng geschnürte Korsett der Finanzierung werde aber noch enger. "Das sind heute andere Konditionen. Viele sagen sich, dass sie es unter diesen Voraussetzungen im Moment lieber mit dem Immobilienkauf lassen wollen", so Kaup. Banken sind zum "Nein" gezwungen Auch die Sparkasse Gütersloh-Rietberg sowie die Volksbank Bielefeld-Gütersloh bestätigen das Problem gegenüber dieser Zeitung. "Wobei bei uns keine Finanzierungen platzen, sondern wir als Sparkasse dann, wenn es knapp ist, lieber einmal mehr im Vorfeld 'Nein' sagen, um die Kundin oder Kunden vor einem möglichen Schaden zu bewahren", sagt Pressesprecher Matthias Trepper. Und auch Dennis Will, Sprecher der Volksbank, erklärt: "Es gab in der jüngsten Vergangenheit vereinzelte Kunden, die durch die aktuelle Entwicklung einen Bau oder einen Kauf zunächst zurück gestellt haben." Schon seit Herbst vergangenen Jahres steigen die Zinsen für Immobilienkredite, sagt Trepper. "Insbesondere wegen der zunehmenden Inflation und des damit einhergehenden steigenden Zinsniveaus an den Finanzmärkten." Seit einigen Wochen habe der Zinsanstieg weiter an Fahrt aufgenommen. Auch Beeinflusst durch den Krieg in der Ukraine. Ohne Eigenkapital ist der Kauf nicht möglich Was ist die Folge? 100-Prozent-Finanzierungen sind mittlerweile nicht mehr gängig. Matthias Trepper erklärt: "Ein Kunde sollte mindestens das Eigenkapital für die Nebenkosten (6,5 Prozent Grunderwerbsteuer, 3,57 Prozent Maklercourtage, 2,0 Prozent Notar/Amtsgericht) mitbringen, besser noch weitere zehn Prozent und mehr." Wichtig sei darüber hinaus, einen entsprechend hohen Tilgungssatz zu vereinbaren und eine Zinsabsicherung für die Zeit nach Ablauf der Zinsfestschreibung (zum Beispiel über einen Bausparvertrag) vorzunehmen. "Dadurch kann man sich bereits jetzt auch das niedrige Zinsniveau für die Zukunft sichern", so Trepper. Auch Dennis Will berichtet: "Wir raten wieder stärker dazu, die Zeit zu nutzen, um zusätzliches Geld anzusparen." Dass Wohnungen und Häuser wegen des Finanzierungsproblems in naher Zukunft womöglich günstiger zu erwerben sind, davon gehen die Pressesprecher nicht aus. "Experten erwarten eher eine Seitwärtsentwicklung", sagt Trepper. Nur noch leichte Preissteigerungen seien am Immobilienmarkt möglich. "Die Nachfrage ist weiterhin hoch und das Angebot nach wie vor begrenzt", so Will.

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