Gütersloh Die Wahl-Sieger machen ihre Prioritäten klar - was sie jetzt planen

Gütersloh. So richtig krachen lassen hat es Raphael Tigges nicht. Den Abend seines Wahlsieges hat der Gütersloher CDU-Triumphator zwar mitsamt Gefolge nett in einem Billard-Lokal ausklingen lassen, aber dann ist er aller Sinne mächtig nach Hause gefahren. &bdquo;Die Wahl ist gewonnen, nun gibt es einiges zu tun“, sagt der wiedergewählte Landtagsabgeordnete. Dass er das in der Regierungspartei tut, mit einem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, davon geht er sowieso aus. &bdquo;Wir haben klar gewonnen, also führen wir auch die nächste Regierung“, sagt Tigges. Seinen Wahlkreis hat er mit 40 Prozent und üppigem Vorsprung geholt, nun steht die erste Sitzung der neuen Landtagsfraktion an. Tigges hat vor, auch künftig eine gewichtige Rolle in Düsseldorf zu spielen, gerne möchte er wieder Sprecher im Wissenschaftsausschuss werden, dem er von Anfang angehörte und den er seit November führt. Auch in den Haushalts- und Finanzausschuss zieht es ihn wieder. André Kuper lässt keinen Zweifel: "Ich möchte Landtagspräsident bleiben" Sein Parteifreund André Kuper, mit 53 Prozent haushoher Gewinner im Süden des Kreises, formuliert ebenfalls ein klares Ziel: &bdquo;Ich möchte die Interessen der Bürger in meinem Wahlkreis vertreten und ich möchte Landtagspräsident bleiben.“ Er habe die Aufgaben dieses Amtes gerne wahrgenommen, er wolle das fortführen. Entscheiden könnte sich das Dienstag nächster Woche: Dann dürfte die CDU als stärkste Landtagsfraktion so weit sein, ihr Vorschlagsrecht für den Präsidenten-Posten auszuüben. Gewählt würde Kuper in der konstituierenden Sitzung des Landtages am 1. Juni. Am Sonntag, dem Wahltag, hatte es Kuper nicht mehr in die Wahllobby des Kreishauses geschafft – er war in Düsseldorf gebunden, hatte Sitzungs- und Medientermine, hatte einen Empfang für Ehrenamtliche ausgerichtet. &bdquo;Ich konnte meinem Wahlteam aber noch abends in einem Lokal in Verl danken“, sagt Kuper. Auch Thorsten Klute (SPD), mit 34 Prozent Gewinner des Wahlbezirkes im Norden, entschied sich für ein örtliches Lokal, eine Taverne in Halle. Sein hervorragendes Ergebnis – mit sieben Prozent über den SPD-Zweitstimmen schaffte er eines der größten Abweichungen landesweit – helfe ihm über das schwache landesweite Abschneiden hinweg. &bdquo;Wir müssen in den nächsten Tagen genau analysieren, was zu unserem Absturz geführt hat“, so Klute, Kreisvorsitzender seiner Partei. Wibke Brems startet direkt mit Vollgas Wunden lecken muss Wibke Brems nicht. Die Grüne, auf Platz sieben der NRW-Landesliste bestens abgesichert, freute sich über den Stimmenzuwachs ihrer Partei und ihre eigenen 22 Prozent. Diesen Erfolg in Ruhe auszukosten, dazu fehlte ihr am Montag die Zeit: Als Geschäftsführerin ihrer Landtagsfraktion hatte sie in Düsseldorf direkt alle Hände voll zu tun. Für fünf Jahre sind die Abgeordneten gewählt. Was sind ihre wichtigsten Vorhaben? Tigges: Ihm liege viel an der Weiterentwicklung der Hochschullandschaft. Nachdem es in der vergangenen Legislaturperiode gelungen sei, den Standort Gütersloh der Fachhochschule Bielefeld gesetzlich zu verankern, gehe es nun um Aufbau und die Perspektive Mansergh-Kaserne. Weiteres Ziel: Schaffung vernetzter Mobilität, besserer ÖPNV, bessere Radwege, sanierte Straßen. Außerdem: &bdquo;Ich will helfen, unsere Krankenhäuser gut aufzustellen, etwa über Investitionsmittel vom Land.“ Kuper: Erstens die Gedenkstätte Stalag 326 (siehe Extra-Text). Zweitens: Weiterentwicklung der medizinischen Fakultät in Bielefeld. &bdquo;Die Fakultät möchten wir um den Bereich Pharmazie ergänzen, denn in der Region fehlen nicht nur Hausärzte, sondern auch Apotheker.“ Drittens: Vereins- und Heimatförderung. Mit 300 Millionen Euro hatte das Land den ersten Topf gefüllt - Geld, mit dem Vereine ihre Sportplätze, Anlagen und Vereinsheime modernisieren konnten. Kuper: &bdquo;Ich wünsche mir eine Neuauflage dieses Programmes sowie des Programmes für Heimatförderungen.“ Viertens: Stärkung der dualen Ausbildung durch den Bau des Campus Handwerk OWL neben dem Bielefelder Hauptbahnhof. &bdquo;Die Handwerkskammer hat einen ersten Förderbescheid über elf Millionen Euro erhalten, es werden insgesamt rund 70 Millionen Euro benötigt.“ Der Campus sei wichtig, um mehr jungen Leuten attraktive Ausbildungsbedingungen im Handwerk zu ermöglichen, so Kuper. In Kürze fusionieren die Kreishandwerkerschaften Gütersloh und Bielefeld. Klute: &bdquo;Wenn wir an die Regierung kommen, würde ich eine Fachkräfte-Initiative für erzieherische und für Pflegeberufe starten. Wir müssen junge Leute für diese Berufe begeistern, das Land könnte einen Fonds dafür auflegen.“ Außerdem: Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs - "wir alle sehen, wie teuer Energie gerade wird.“ Weiteres Ziel: Transformation der Wirtschaft - &bdquo;die Unternehmen müssen grüner werden.“ Brems: &bdquo;An erster Stelle muss jetzt der Ausbau der Erneuerbaren Energien stehen. In Gütersloh würde sich der ehemalige Flugplatz hervorragend eignen, um Solar- und Windenergie mit wirtschaftlicher Entwicklung und Naturschutz zu vereinbaren. Selbst bei einer Zwischennutzung durch das britische Militär gehe ich stark davon aus, dass nicht die gesamte Fläche genutzt werden wird. Ganz konkret spürbar wird grüne Politik durch Verbesserungen in der Mobilität, denn der Umstieg vom Auto auf Bus, Bahn und Rad muss einfacher werden.“ Die Grünen, so Brems, würden nun sondieren, mit welcher Partei man am meisten grüne Inhalte umsetzen könne. &bdquo;Dabei werde ich natürlich auch meinen Wahlkreis fest im Blick haben.“ Gedenkstätte in Stukenbrock soll nationale Bedeutung erhalten Landtagspräsident André Kuper strebt an, Stalag 326 in Stukenbrock zu einer Gedenkstätte von nationaler Bedeutung zu machen. Im Jahre 2025, so ist aktueller Stand, soll Baubeginn des von Bund, Land und Landschaftsverband finanzierten Projektes sein. Kuper führt einen Lenkungskreis, dessen nächstes Ziel es sei, im zweiten Halbjahr 2022 mit Landschaftsverband, Stadt Schloß Holte-Stukenbrock, den Kreisen in OWL, Bielefeld, dem Land "und möglichst auch dem Bund" eine Stiftung zu gründen, die die Trägerschaft übernimmt. Ihm liege das Projekt auch deshalb so am Herzen, weil Demokratie und Frieden keinesfalls selbstverständlich seien. &bdquo;Der aktuell fürchterliche Krieg in der Ukraine belegt einmal mehr, dass Autokratien und Diktaturen immer wieder zu Gewalt und Krieg führen“, so Kuper. In den Jahren 1941 bis 1945 durchliefen etwa 300.000 sowjetische Gefangene das Lager, viele von ihnen starben unter katastrophalen Bedingungen; zu den Hauptopfergruppen zählten seinerzeit auch die Ukrainer.

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