Ärger bei Gütersloher Bauherren über feste Zahl von Parkplätzen pro Wohnung

Gütersloh. An der Gütersloher Stellplatzsatzung entzündet sich Kritik. Bauherren, Architekten und der Maklerverein bezeichnen die erst unlängst in Kraft getretene Satzung als rückständig. Sie fördere den Individualverkehr und verteuere das Bauen. Andere Städte wie Bielefeld, Köln oder Berlin gingen in die genau entgegen gesetzte Richtung. Die Satzung legt fest, wie viele Stellplätze pro Wohnung vorgeschrieben sind. Richteten sich die Kommunen früher nach der Landesbauordnung und deren Faustformel: Pro Wohnung (egal wie groß) ein Parkplatz, so können sie seit deren Wegfall Ende 2018 die Zahlen selber festsetzen. Die Stadt tat das im Herbst vergangenen Jahres. Am 8. Oktober verabschiedeten die Ratsfraktionen mit 49 Ja- und 3 Nein-Stimmen die Gütersloher Satzung. "Es geht wertvoller Platz verloren" &bdquo;Man muss leider sagen: Was da beschlossen wurde, passt nicht mehr in unsere Zeit“, sagt Peter Oesterhelweg, Vorsitzender des Maklervereins und einer der großen heimischen Bauherren. Statt den Baugrund zu nutzen, um dringend benötigte Wohnungen zu errichten, hätten die Bauherren nun Mühe, die vielen vorgeschriebenen Stellplätze nachzuweisen. Bleibe man oberirdisch, gehe wertvoller Platz verloren, baue man Tiefgaragen, verteuere sich das Bauen und damit auch die Mieten. Beides sei verkehrt. &bdquo;Diese Stellplatzsatzung setzt ein falsches Signal, ich halte wenig davon“, sagt Architekt Reinhard Michel. Statt den motorisierten Individualverkehr zurückzudrängen, rolle Gütersloh ihm den Teppich aus. &bdquo;Wir verschwenden Fläche für Parkplätze und holen uns die Autos in die Stadt. Das kann es nicht sein“, sagt Michel. Wohin die Gütersloher Satzung führe, sehe man zum Beispiel bei den Planungen für das Mansergh-Quartier. Als modernes, verkehrsarmes Quartier angekündigt, stelle sich nun heraus, dass vier Parkhäuser geplant seien, mit tausend Parkplätzen. Michel: &bdquo;Kein Wunder, dass die Umweltverbände perplex und verärgert sind.“ Die Vorgaben sind schärfer als vorherGemäß der Satzung ist in Gütersloh nun vorgeschrieben, dass für eine Wohnung bis 50 Quadratmeter ein Auto-Parkplatz und ein Fahrrad-Stellplatz auszuweisen ist. Bei Wohnungen von 51 bis 90 Quadratmetern steigt der Schlüssel auf 1,3 Parkplätze für Autos und 1,5 für Räder. Wohnungen zwischen 91 und 130 Quadratmetern brauchen 1,5 Auto- und zwei Fahrradplätze, Wohnungen ab 131 Quadratmetern zwei Auto- und 2,5 Fahrradplätze. Für Pflegeeinrichtungen, Wohnheime, Boardinghäuser und andere Unterkünfte gelten andere Schlüssel, und auch für Versammlungsstätten, Sportplätze, Verkaufsläden, Kindergärten, Arztpraxen, Schulen, etc. gibt es Vorgaben. Kritisiert wird, dass Gütersloh seine Satzung im Vergleich zur Landesbauordnung verschärft hat: Bauherren müssen nun mehr Parkplätze ausweisen als früher. &bdquo;Das ist doch das Gegenteil von dem, was heutzutage nötig wäre“, sagt Christoph Borchard, Investor bei Gleis 13 und Post-Areal. &bdquo;Wir haben Klimasorgen und Tatsache ist, dass unsere Städte oft verstopft sind. Warum Gütersloh trotzdem meint, noch mehr Autos in die City locken zu müssen, ist mir ein Rätsel.“ "Bielefeld und andere Städte machen es besser" Bielefeld, wo Borchard zu den größten Bauherren zählt, mache es besser. Es habe die Gelegenheit genutzt und die Stellplatzvorgabe gelockert, in manchen Neubaugebieten sogar fast komplett davon abgerückt. Ähnliches beobachte er in anderen Städten. &bdquo;Ich habe den Verdacht, dass sich Gütersloh noch immer nicht als Großstadt versteht, sondern hinter dem Motto 'ländlich geprägt' versteckt“, sagt Borchard. Bauherr und Architekt Werner Kordtomeikel sagt, mit der Gütersloher Stellplatzsatzung sei es auf manchen Grundstücken schwer, die geforderte Zahl an Parkplätzen überhaupt unterzubringen. Bei dem Neubauvorhaben an der Kökerstraße hinter dem &bdquo;Fasan“ dürfe er Gottseidank noch nach alter Verordnung bauen, sonst hätte er wegen der Parkplätze auf eine Erdgeschosswohnung verzichten müssen. Der strenge Gütersloher Schlüssel führt laut Kordtomeikel dazu, dass er innerstädtisch ohne Tiefgarage kaum noch klarkomme. Ein Tiefgaragenplatz koste aktuell jedoch um die 25.000 Euro, fast viermal so viel wie oberirdisch. &bdquo;Wenn man beim Bauen dann noch die anderen Vorgaben zu berücksichtigen hat – Dämmung, Photovoltaik, 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer, undsoweiter -, ist klar, warum Bauen immer teurer wird.“ Doppelstöckiges Parken unter der Erde geplant Peter Oesterhelweg prüft bei seinem aktuellen Projekt an der Carl-Bertelsmann-/Gartenstraße gerade, unter der Erde Doppel-Parken zu ermöglichen: Eine hydraulische Hebebühne hebt ein Auto über das untere, Vergleichbares habe er schon in der Max-Reinhardt-Straße realisiert. &bdquo;Das ist für die Autofahrer ein bisschen tricky, aber es ist platzsparend“, sagt Oesterhelweg. Anders sei den strengen Vorgaben kaum Genüge zu leisten. Die öffentliche Fläche schrumpfe nicht nur wegen der vielen Parkplätze, sondern auch wegen der Zufahrten, sagt Reinhard Michel. &bdquo;Wenn wir die Autos mit Stellplatzvorgaben anlocken, versiegeln wir weitere Flächen.“ Zwar sei es erlaubt, einen Stellplatz abzulösen – die Gütersloher Satzung verlangt 9.200 Euro pro Auto- und 2.300 Euro pro Fahrradstellplatz, vorher waren es circa 6.500 Euro -, aber nur im innerstädtischen Bezirk. Mancher Bauträger, so Oesterhelweg, entscheide sich eher für den Bau größerer Wohnungen, bevor er für viele kleine Einheiten jeweils Ablöse zahlen müsse – mit der unerfreulichen Folge, dass es zu wenige kleine Wohnungen gibt. "Vernünftige Ansätze, aber die Stadt geht nicht weit genug"Dass die Satzung erlaube, einen Teil der Auto- durch Fahrradstellplätze zu ersetzen, gehe gedanklich immerhin in die richtige Richtung, so Michel. Allerdings sei das nur bis zu maximal 25 Prozent der Autoparkplätze gestattet, und das sei zu wenig. Die Zahl der Stellplätze bei einer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr reduzieren zu dürfen, sei ebenfalls vernünftigt, aber auch hier gehe die Stadt nicht weit genug. Schwierig finde er auch die Regelung, wonach man weniger Stellplätze brauche, sofern deren Richtzahl in einem "offensichtlichen Missverhältnis zum tatsächlichen Bedarf" stehe. Dafür müsse sich der Bauherr von den Bewohnern versichern lassen, dass sie weder jetzt noch künftig einen Parkplatz brauchten, und das sei unrealistisch.

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