Nachhaltige Mode boomt auf Fashion Week Berlin – was bietet Gütersloh?

Gütersloh. Die Fashion Week Berlin zelebrierte in den vergangenen Tagen alles, was der menschliche Körper an Kleidung tragen kann. Und diesmal sogar wieder mit Publikum. Ein großes Thema ist in diesem Jahr erneut nachhaltige Mode - auf englisch im Fachjargon Substainable Fashion genannt. Wer vor Ort in Gütersloh nachhaltig Klamotten shoppen möchte, der hat eine überschaubare Auswahl, weiß Reinhard Maas, Geschäftsführer von Maas Natur.Den Pionier nachhaltiger Mode in der Dalkestadt gibt es bereits seit den 1980er-Jahren und ist der Öko-Bewegung entsprungen. Aus der Wickelkiste in Verl, die Stoffwindeln anbot, ist heute ein Modegeschäft mit elf Läden in verschiedenen Städten geworden. In dem reinen Familienbetrieb gibt es nach eigenen Angaben ausschließlich fair produzierte Naturtextilien zu kaufen. Maas habe eigene Designer und Strickereien in Gütersloh und Verl, produziert werde in der Türkei.Der Wunsch nach einem bewussteren Umgang mit Kleidung mache sich bei Maas deutlich bemerkbar. &bdquo;Die Nachfrage hat sich erhöht, das Thema ist im Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher angekommen und nicht nur ein Trend“, weiß Reinhard Maas aus seinem Verkaufsalltag zu berichten. Besonders seit den vergangenen drei Jahren sei der Zuspruch gut, 2020 konnte Maas Natur ein Umsatzplus von 30 Prozent verzeichnen. Gründe sieht Maas darin, dass das Thema Nachhaltigkeit gesteigerte Aufmerksamkeit in den Medien hat, der Klimawandel und das damit verbundene Umweltbewusstsein."Es geht um einen Kreislauf“ Aber auch der dramatische Vorfall in Bangladesh, wo 2013 beim Einsturz einer Textilfirma für Billigproduktion mehr als 1.000 Menschen starben und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie ans Tageslicht kamen. Unter anderem bezog der große Textilanbieter C&A mit Ursprung im Kreis Steinfurt im Münsterland aus der Produktion in Bangladesh seine Waren, informiert die Bundeszentrale für Politische Aufklärung auf ihrer Homepage. Dass das Unternehmen nun in Deutschland produzieren will, begrüßt Reinhard Maas. Er weiß aber auch, dass der Betrieb wohl nicht sofort komplett von heute auf morgen umgestellt werden könne. Noch relativ jung am Gütersloher Modemarkt ist der zweite reine Anbieter von nachhaltiger Kleidung. Der Laden Treehopper möchte Veränderung in den modischen Einzelhandel bringen. Organische Materialien und vor allem recycelte Stoffe wie Plastik zeichne die Kleidung im Shop in der Königstraße aus. Hier gibt es zum Beispiel Rucksäcke, die aus aufbereitetem Plastikabfall aus dem Meer bestehen. Oder alte Wolle werde mit Bio-Wolle gemischt und zu einem neuen Pulli. Denn: &bdquo;Es geht ja nicht nur um Bio-Materialien, es geht um einen Kreislauf“, betont Andrea Waterstrat vom Treehopper."Tierquälerei wollen wir nicht" Wichtig sei zudem eine Produktion ohne Tierquälerei wie Mulesing. Dabei werde Schafen brutal aus der After- und Genitalregion Fleischstücke geschnitten, damit sich auf der vernarbten glatten Hautfläche keine Parasiten ansiedeln können und die Schafe so optimal Wolle liefern. Bei der Gewinnung von Angorawolle werde diese den Kaninchen bei lebendigem Leib herausgerissen, informiert die Tierrechtsorganisation Peta auf ihrer Homepage. &bdquo;Tierquälerei wollen wir nicht, daher haben wir zum Beispiel auch keine Daunen in den Jacken, stattdessen Kunststofffüllungen“, erklärt Waterstrat.Zum Trend der nachhaltigen Mode zähle zudem, dass Sachen aus Holz gemacht werden wie die Tencel-Faser. Und: &bdquo;Wir haben Schuhe aus Cornwaste, die sind aus Abfallprodukten von Getreide", ebenso dienten Bananenblätter oder alte Korkschredder aus der Weinkorkenproduktion als Materialien für die Kleidungsstücke, führt die Treehopper-Mitarbeiterin das weite Feld der Wiederverwertungsmöglichkeiten aus. Die Hersteller ließen sich bewusst in die Karten schauen, im Internet können Interessierte die Lieferwege verfolgen, zuschauen wie die Menschen arbeiten. Der Schuh-Anbieter Genesis verschiffe die Waren nicht, sondern transportiere sie mit dem Zug. Die ausgedienten Treter können Schuhbesitzer an den Hersteller zurückschicken und bekommen einen Vergünstigungs-Gutschein für neue. Der Hersteller Flamingos biete vegane Schuhe. &bdquo;Die pflanzen dann einen Baum für jedes verkaufte Paar“, so die Treehopper-Mitarbeiterin."Nicht so viel kaufen, dafür vernünftige Qualität" Dass die großen Ketten wie H&M und Co. auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen, weil es angesagt ist, sieht Waterstrat kritisch. &bdquo;Da gibt es alle paar Wochen eine neue Kollektion, das ist ja nicht Sinn und Zweck der Sache, die nachhaltigen Stücke sind ja dafür gedacht, dass man sie länger trägt.“ Das sieht auch Reinhard Maas so. Seine Shopping-Tipps, um bewusst und nachhaltig mit Kleidung umzugehen: &bdquo;Nicht so viel kaufen, dafür vernünftige, statt schlechte, billige Qualität.“ Ein gutes T-Shirt beispielsweise könne man 50 mal waschen und bleibe in Form, Billigsachen seien schnell kaputt.Online hilft die Homepage "Der Nachhaltige Warenkorb" bei einem klima- und umweltfreundlichen Alltag weiter. In puncto Textilien ist 26 die Zahl des Monats. Denn 26 Kilo Textilien verbrauchten die Deutschen im Schnitt, in anderen Ländern seien es nur acht. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten auf Siegel wie den Grünen Knopf achten und eine gute Alternative zum Neukauf seien der Kleidertausch oder der Second Hand-Laden. Auch Änderungsschneidereien helfen, alte Sachen neu aufzupeppen.

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