Urteilsspruch nach Tod von Mega-Star Saulic: Es bleiben Fragen offen

Gütersloh. Der serbische Sänger Saban Saulic (67) und sein Keyboarder Mirsad Keric (42) sterben vor knapp drei Jahren bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A2 bei Gütersloh. Angeklagt ist ein 37-jähriger Lagerarbeiter, der unter Alkohol- und Drogeneinfluss in den Wagen von Saulic gerast ist. Am Donnerstag ist das Urteil vor dem Amtsgericht Gütersloh gefallen: Der Beschuldigte muss für drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis, wobei drei Monate wegen Verbüßung einer Untersuchungshaft als bereits vollstreckt gelten. Zuvor war es zu einer Verzögerung des Prozesses gekommen. Strafverteidiger Jerrit Schöll aus Bielefeld bemängelte, dass sein Mandant am Morgen zuhause von unbekannten Personen bedroht worden sei. In den vergangenen Monaten hatte er zudem mehrere Morddrohungen erhalten. Daraufhin forderte er Polizeischutz an. Die Beamten einer Streifenwagenbesatzung brachte den Angeklagten zum Gericht. Lesen Sie auch: Saban SaulicSaban war in Serbien ein Mega-Star "29 Menschen befinden sich in diesem kleinen Saal" Außerdem beanstandete Schöll die Umstände der Verhandlung. Er beantragte entweder die Hauptverhandlung auszusetzen, oder kurzfristig in einen größeren Verhandlungsraum ins Landgericht Bielefeld zu verlegen. Schöll: &bdquo;29 Menschen befinden sich in diesem kleinen Saal. Aufgrund der hohen Corona-Inzidenzwerte für den Kreis Gütersloh ist das keinem Verfahrensbeteiligten zuzumuten. Die Abstandsregeln können hier nicht eingehalten werden.“Staatsanwalt Christoph Mackel konterte: &bdquo;Das ist reine Verzögerungstaktik und nicht nachzuvollziehen.“ Schließlich lehnte das Gericht den Antrag ab. Mehrere Nebenkläger, darunter auch die Witwe, die Tochter und der Sohn von Saulic, waren für den Prozess aus Belgrad und dem Rhein-Main-Gebiet angereist. Angeklagter hatte Alkohol konsumiert Der Bielefelder Staatsanwalt warf dem gebürtigen Gütersloher Levent A., Vater einer Tochter, fahrlässige Tötung in zwei Fällen, fahrlässige Körperverletzung in einem Fall, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis vor. So soll der Angeklagte am Abend des 16. Februar 2019 in der Wohnung eines Bekannten in Gütersloh Alkohol konsumiert haben.Gegen Mitternacht soll er dann den Autoschlüssel eines Mazda 6, der dem Freund gehörte, einfach an sich genommen haben und in Richtung Bielefeld gefahren sein. Gegen 6.50 Uhr ist es dann auf der A2 bei Gütersloh in einer Baustelle, wo nur 80 Stundenkilometer erlaubt sind, zu dem tödlichen Zusammenstoß mit dem Auto von Saban Saulic gekommen. Dieser war nach einem Konzert am Vorabend in Bielefeld auf dem Weg zum Flughafen Dortmund unterwegs. Saban Saulic verblutete am Unfallort A. soll in der Baustelle mit einer Geschwindigkeit zwischen 156 und 193 Stundenkilometer in den Seat von Saulic und deren drei Mitfahrern gerast sein. Das bestätigte auch ein Sachverständiger. Der bekannte Sänger hatte einen Abriss der Hauptschlagader erlitten und verblutete am Unfallort. Mirsad Keric musste von der Feuerwehr aus dem Wrack geschnitten werden. Er erlag einen Tag später infolge eines Schädel-Hirn-Traumas im Krankenhaus seinen Verletzungen.Ein weiterer Mitfahrer (56) wurde schwer verletzt. Zum Unfallzeitpunkt war der 37-jährige Arbeiter nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis. In seinem Blut wurden außerdem 0,8 Promille Alkohol und 2,4 Mikrogramm THC gemessen. Der Beschuldigte wurde damals sofort festgenommen und saß mehr als acht Wochen lang in Untersuchungshaft. Angeklagter nehme seit dem Unfall keine Drogen mehr Jerrit Schöll gab am Donnerstag eine Einlassung seines Mandanten ab: &bdquo;Alle Vorwürfe sind zutreffend. Levent A. ist geständig und übernimmt die volle Verantwortung des tragischen Unfalls. An den Unfall und die Stunden davor habe er aber keine Erinnerung. Seit dem verhängnisvollen Tag nehme er keine Drogen und trinke keinen Alkohol mehr.“Der Angeklagte habe einen Job als Lagerist und einen festen Wohnsitz in Minden. Er bereue sein Vergehen zutiefst. Er wisse genau, dass er viel Leid verursacht habe. Der Strafverteidiger erklärte, dass A. im Internet angefeindet worden sei. &bdquo;Auf ihn wurde sogar ein Kopfgeld ausgesetzt. Er hat Angst, sich frei zu bewegen.“Verfahren wegen Corona mehrfach verschoben Christoph Mackel sprach in seinem Plädoyer von einem &bdquo;fatalen Geschehen“. Das Verfahren, das wegen Corona mehrmals verschoben worden war, habe darunter gelitten. Nun sei es an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.&bdquo;Menschlich kann man das aber nicht. Saban Saulic und Mirsad Keric haben keine Chance gehabt. Trotz Gurten und Airbags. Der Angeklagte hat unter Alkohol- und Drogeneinfluss, ohne Fahrerlaubnis als auch mit hoher Geschwindigkeit einen schlimmen Unfall mit zwei Toten und einem Schwerverletzten verursacht.“ A. habe zwei Leben vernichtet. Mackel forderte drei Jahre und zwei Monate Haft sowie zwei Jahre lang keine Fahrerlaubnis zu erteilen.Rechtsanwalt Alois Kovac aus Offenbach, der die Nebenkläger vertrat, fand ergreifende Worte zum Abschluss. &bdquo;Auch die große Reue des Angeklagten und 1.000 Entschuldigungen werden die beiden Freunde nicht zurückbringen. Die Familien leiden seit drei Jahren und viele Fragen nach dem 'Warum' bleiben offen.“ "Er muss mit der Schuld leben" Saban Saulic sei eine Legende gewesen, ein Künstler, der ein großes Herz hatte und Millionen von Fans mit seiner Musik glücklich gemacht habe. Vier Jahre Haft seien angemessen. Verteidiger Jerrit Schöll konnte die Ausführungen des Staatsanwaltes und der Nebenkläger nachvollziehen. &bdquo;Der Beschuldigte hat versucht, Erklärungen für sein damaliges Handeln zu finden. Es gibt aber keine. Er wird seine Tat niemals rückgängig machen können. Er muss mit der Schuld leben.“Trotzdem plädierte er für eine mildere Strafe von einem Jahr und acht Monate, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. Danach beschimpfte ein Nebenkläger den Angeklagten lautstark als &bdquo;du Hund, hau ab.“ Das Gericht stellte in der Urteilsbegründung klar, dass dem 37-Jährigen kein Tötungsvorsatz nachzuweisen sei. &bdquo;Kein Urteil dieser Welt kann das Leid der Familien wieder gut machen“, sagte der Richter abschließend. Schöll sagte, dass man über eine Berufung nachdenke.

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